Er übernimmt Twitter

Elon Musk: Vom Tech-Pionier zum Social-Media-König

Web
26.04.2022 09:38

Elon Musk hat den Bezahldienst Paypal mitgegründet und mit Tesla die Autobranche revolutioniert. Er hat mit SpaceX den Weltraum erobert und will mit seiner Firma Neuralink Hightech-Hirnimplantate entwickeln. Und er wird jetzt zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten in der Welt der sozialen Netzwerke. Mit der Übernahme des Kurzbotschaftendienstes Twitter für 41 Milliarden Euro wird sich der reichste Mensch der Welt eines der wichtigsten digitalen Sprachrohre überhaupt einverleiben.

Doch es bestehen erhebliche Zweifel, in welche Richtung sich die Online-Plattform unter Führung des ebenso visionären wie umstrittenen High-Tech-Pioniers entwickeln wird.

Musk ist selbst besonders eifriger Twitter-Nutzer
Der eifrige Twitter-Nutzer Musk, dem auf der Plattform mehr als 83 Millionen Menschen folgen, hat dem Netzwerk wiederholt eine Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgeworfen. Der 50-jährige Gründer des Elektroautobauers Tesla und des Raumfahrtunternehmens SpaceX schlägt dabei einen ähnlichen Tonfall an wie rechte Politiker, die eine angebliche „Zensur“ durch die Online-Plattformen aus dem liberal gesinnten Silicon Valley anprangern.

Twitter hatte in den vergangenen Jahren versucht, gegen die Verbreitung von Hassbotschaften und Falschinformationen vorzugehen - und nach der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Jänner 2021 den damaligen US-Präsidenten Donald Trump verbannt. Musk, der selbst auf Twitter immer wieder ausfallend über Kritiker herzieht, könnte einer solchen Form der Moderation von Inhalten ein Ende bereiten.

Zitat Icon

Musk ist im Grunde genommen ein Autokrat.

Roger Kay, Endpoint Technologies

„Musk ist im Grunde genommen ein Autokrat“, sagt der Analyst Roger Kay von Endpoint Technologies. „Seine Form des Libertarismus hat einen Einschlag von Rechtsaußen-Politik.“ Kay verweist dabei auch auf die Freundschaft von Musk zu dem in Deutschland geborenen Technologie-Investor Peter Thiel, der als Unterstützer von Trump und anderen rechten Politikern sowie nunmehriger Arbeitgeber von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekannt ist.

Zitat Icon

Schlechte Impulskontrolle und zu viel Geld sind keine gute Mischung.

Rob Enderle, Analyst

Der Analyst Rob Enderle warnt außerdem vor dem kapriziösen Auftreten und Führungsstil, mit dem Musk immer wieder für Schlagzeilen sorgt. „Es ist, als würde er mit einer Schere in der Hand herumrennen. Schlechte Impulskontrolle und zu viel Geld sind keine gute Mischung.“ Eine Politik des Laisser-faire beim Moderieren von Inhalten könnte zudem letztlich Twitter schaden: „Die Trolle übernehmen, sie werden zu feindselig und vertreiben Menschen von der Plattform.“

Musk verspricht, Twitters Potenzial freizusetzen
Dabei hat Musk versprochen, er wolle das „außergewöhnliche Potenzial“ von Twitter freisetzen. Tatsächlich hat die Plattform bei ihrem Geschäftsmodell Probleme und enttäuscht immer wieder bei Nutzerzahlen und Einnahmen. Deswegen gibt es auch Experten, die davon ausgehen, dass der in Südafrika geborene Multimilliardär - derzeit geschätztes Vermögen: rund 268 Milliarden Dollar - den Kurzbotschaftendienst zurück auf die Erfolgsspur bringen kann.

„Niemand kann leugnen, was Musk erreicht hat“, sagt der Analyst Richard Smith. „Ich denke, er könnte Twitter transformieren.“

Musk selbst erklärte am Montag, er wolle Twitter „besser machen als jemals zuvor“ und dazu nicht nur neue Funktionen anbieten, sondern auch die Algorithmen der Plattform öffentlich machen. „Die freie Meinungsäußerung ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie. Und Twitter ist der digitale Ort, an dem Themen debattiert werden, die von grundlegender Bedeutung für die Zukunft der Menschheit sind.“

Trump: „Gehe nicht zu Twitter, ich bleibe bei Truth“
Derweil äußerte sich auch Ex-Präsident Trump, den Kritiker eher nicht als Garanten für eine funktionierende Demokratie ansehen, über die Übernahme. Musk sei ein „guter Mann“, der Twitter „Verbesserungen“ bringen könne, sagte der Rechtspopulist dem Nachrichtensender Fox News. Er selbst wolle aber nicht zu Twitter zurückkehren - sondern nur noch die von ihm selbst lancierte Plattform Truth Social nutzen: „Ich gehe nicht zu Twitter, ich bleibe bei Truth.“

Die Twitter-Übernahme durch Elon Musk beschäftigt auch das „Wall Street Journal“. Die Wirtschaftszeitung schreibt: "Was für ein Wagnis für Musk, der sagt, er könne in Twitter Wert freisetzen, den die derzeitige Führung nicht (freisetzen) kann. (...) Wenn Musk ein zufriedenstellenderes Gleichgewicht bei der Moderation von Inhalten finden kann, hat er vielleicht recht mit dem versteckten Wert von Twitter. (...) Das Zurückdrehen des Moderationsreglers um einige Stufen könnte ein breiteres Engagement fördern, aber stellen Sie sich darauf ein, dass Progressive aufschreien werden."

"Ein Anfang könnte sein, mit dem zu brechen, was wie eine Monokultur in der Twitter-Zentrale in San Francisco aussieht. Vielleicht wird Musk das Unternehmen nach Texas verlegen, wie er es mit Tesla getan hat. Wie viele Twitter-Programmierer waren schon einmal bei einem Rodeo? Musk könnte auch funktionale Änderungen im Sinn haben, wie zum Beispiel längere Tweets. (...) Merkt Musk, dass er in ein Wespennest sticht? Wird seine Vision funktionieren? Wer weiß. Aber es wird faszinierend sein zu beobachten, wie Musk versucht, die Kultur der progressiven Konformität im Silicon Valley zu durchbrechen.“

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele