Überstunden-Ultimatum

Twitter-Personal ergreift scharenweise die Flucht

Web
18.11.2022 13:02

Mit seiner ultimativen Forderung nach Überstunden stößt der neue Twitter-Eigentümer Elon Musk offenbar zahlreichen Beschäftigte des Kurznachrichten-Dienstes vor den Kopf. In einer am Freitag veröffentlichten Umfrage der App Blind wollten 42 Prozent der 180 Teilnehmer das Social-Media-Unternehmen verlassen. Ein weiteres Viertel bleibe nur widerwillig. Außerdem wollte Blind wissen, wie hoch sie die Kündigungsquote einschätzten.

Die Befragten gingen davon aus, dass mehr als die Hälfte der Twitter-Mitarbeiter ihren Hut nehmen werden. Über Blind können sich Arbeitnehmer über ihre Firmen-E-Mail registrieren und anschließend anonym untereinander austauschen.

„Lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität“
Musk, der unter anderem auch den Elektroautobauer Tesla leitet, hatte Twitter-Mitarbeiter vor einigen Tagen vor die Wahl gestellt, „lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität“ zu akzeptieren oder mit einer Abfindung zu gehen. Außerdem forderte er sie auf, den „Ja“-Button in der Mail anzuklicken, wenn sie bleiben wollten. Alle, die dies bis zum Donnerstagabend nicht getan hätten, erhielten die Abfindung und ihre Papiere. Insidern zufolge kündigte das Unternehmen an, ab Montag Büros zu schließen und Zugangskarten zu deaktivieren. Bereits am Donnerstag hätten Sicherheitskräfte Mitarbeiter aus den Räumen gescheucht.

Es ist unklar, wie viele der aktuell rund 3000 Beschäftigten tatsächlich bleiben wollen. Die Umfrage verdeutlicht allerdings das Befremden über das Vorgehen Musks, der das Unternehmen seit der Übernahme vor drei Wochen auf links dreht. In einem internen Messaging-Dienst hätten am Donnerstag mehr als 500 Beschäftigte Abschiedsnachrichten geschrieben, sagte ein Insider. Ein anderer berichtete von Teams, die geschlossen ihren Hut genommen hätten.

Erste Amtshandlung: Massenentlassungen
Unmittelbar nach der Twitter-Übernahme Anfang November feuerte Musk zunächst etwa 3700 Personen, etwa die Hälfte der damaligen Belegschaft, um anschließend einige von ihnen um eine Rückkehr zu bitten. Kurz darauf schaffte er die Möglichkeit zum Arbeiten im Homeoffice ab. Außerdem will der selbst ernannte „Absolutist der Meinungsfreiheit“ die Verhaltensregeln auf dem Kurznachrichtendienst lockern und Twitter zur „genauesten Informationsquelle“ machen. Kritiker befürchten, dass sich der Dienst dadurch zum Tummelplatz für Falschmeldungen und Verschwörungstheorien entwickelt.

Zahlreiche Konzerne wie der Autobauer Volkswagen oder die Fluggesellschaft United Airline gehen daher auf Distanz und schalten vorerst keine Anzeigen mehr. Werbung ist bisher die Haupteinnahmequelle der Plattform. Gleichzeitig häufen sich die technischen Probleme. Der Webseite Downdetector zufolge stieg die Zahl der Meldungen über Ausfälle der Twitter-App am Donnerstag von weniger als 50 auf etwa 350. „Wenn sie kaputtgeht, ist keiner mehr übrig, um sie zu reparieren“, sagte ein Insider.

Politik ruft zu Prüfung der Vorgänge auf
Die Umwälzungen haben auch die Politik alarmiert. So riefen US-Senatoren die Verbraucherschutzbehörde FTC dazu auf, die Vorgänge zu prüfen. „In den vergangenen Wochen hat der neue Twitter-Chef Elon Musk alarmierende Schritte unternommen, die die Integrität und Sicherheit der Plattform untergraben haben“, schrieben die Politiker.

EU-Kommissarin Vera Jourova kritisierte in einem Interview mit ZDFheute.de den Twitter-Chef ebenfalls scharf. „Ich denke, dass Elon Musk unterschätzt, dass die Menschen in sozialen Netzwerken kommunizieren möchten, die grundlegende Regeln wie Anstand und Vertrauenswürdigkeit beachten. Dass er das unterschätzt, könnte ihm und seinen Geschäften in Europa noch Probleme bereiten.“

Musk äußerte sich am Donnerstag per Twitter gelassen über mögliche Kündigungen. „Die besten Leute bleiben.“ Außerdem scherzte er: „Wie macht man ein kleines Vermögen in Sozialen Medien? Man startet mit einem großen Vermögen.“ Twitter selbst war für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen. Das Unternehmen hat die meisten Mitarbeiter seiner Pressestelle verloren.

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