30 Jahre Botox

Biokampfstoff als Faltenkiller

Gesund
16.04.2008 16:13
Richard Lugner geht ohne Auffrischung nicht mehr zum Opernball, Nicole Kidman soll darauf schwören, und so mancher Endvierziger holt sich seine regelmäßige Dosis alle sechs Monate. Was Ende der siebziger Jahre als Mittel gegen Schielaugen erfunden wurde, ist inzwischen ein Lifestyle-Medikament, das nicht mehr nur bei Promis und Stars voll im Trend liegt: Botox. Das Nervengift glättet Falten, wie es keine noch so teure Creme vermag.

1978 injizierte der US-Augenarzt Alan C. Scott das Nervengift Botulinumtoxin erstmals einem Patienten als Maßnahme gegen Schielen. 

Willkommene „Nebenwirkung“
Nachdem es zur Behandlung von Blepharospasmus (Lidkrampf) und anderen Muskelerkrankungen erprobt worden war, ist Botulinumtoxin vom Typ A 1989 in den USA als Medikament zugelassen worden. Schon früh wurde das Verschwinden von Gesichtsfalten als "Nebenwirkung" beobachtet. Scotts Mitarbeiterin Jean Carruthers und ihr Mann Alistair erforschten ab 1988 als erste Mediziner die Möglichkeiten der Faltenkorrektur. Ab 1995 trat das Mittel, dann vor allem unter dem Präparatnamen "Botox" bekannt, zur Behandlung von Mimikfalten endgültig seinen Siegeszug an.

Muskelentspannung führt zur Faltenglättung
"In der ästhetischen Chirurgie wird Botulinumtoxin vom Typ A zur Muskelentspannung in speziellen Regionen des Gesichts, wie bei Krähenfüßen, Stirnfalten und Zornesfalten angewandt", erläuterte Josef Thurner, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Salzburg. "Es wird mit einer feinen Nadel in die zu behandelnde Region injiziert und führt nach 24 bis 72 Stunden zu einer Entspannung des Muskels und zum Verschwinden der Falten."

Tödlicher Stoff  mit Heilwirkung
Die Medizin macht sich den tödlichen Stoff auch zu Heilzwecken zunutze: durch die Injektion in Muskeln mit unerwünschter Überaktivität, um eine Blockade bzw. Schwächung des Muskels zu erzielen. Spastiken können so gemildert werden. 

Mini-Mengen des Toxins werden gegen Tremorerkrankungen, Bewegungsstörungen (Dystonien), einseitige Gesichtslähmungen, Schielaugen und Schiefhälse, krankhaftes Zähneknirschen, Lid- und Schreibkrämpfe gespritzt. Erfolgreich angewendet wird Botox auch bei Spannungskopfschmerzen und übermäßiger Schweißbildung (Hyperhidrosis) im Hand-, Fuß- und Achselbereich.

Botox gegen Oscar-Schweiß
Kurz vor der Oscar-Verleihung herrscht in Hollywood regelmäßig Botox-Notstand, obwohl Riesenmengen für diesen Tag eingelagert werden, weil die Schauspieler sich das Nervengift in die Handflächen spritzen lassen, damit der männliche Händedruck nicht glitschig wird.  Ihre weiblichen Kolleginnen benutzen das Gift auch für die Achselhöhlen: So gibt es mitten im Scheinwerferlicht garantiert keine Schweißflecken auf den teuren Designer-Kleidern. 

Männer brauchen höhere Dosis
Schönheitseingriffe mit Botox sind längst nicht mehr nur der Damenwelt vorbehalten - auch unter Männern zeigt sich ein zunehmendes Interesse an dieser Art der kosmetischen Verjüngungsmaßnahme. Damit das Gift bei Männern wirkt, muss aber eine höhere Dosis als bei Frauen verabreicht werden, das haben Wissenschaftler kürzlich herausgefunden. Verantwortlich dafür ist die größere Muskelmasse von Männern. 

„Fettgift“ in verdorbenen Würsteln
Das Gift des weltweit vorkommenden Bodenbakteriums Clostridium botulinum ist, bezogen auf sein Molekulargewicht, das stärkste bekannte Bakteriengift. In seiner natürlichen Form ist der Stoff Auslöser für meist tödlich verlaufende Formen von Lebensmittelvergiftungen nach dem Genuss von verdorbenem Fleisch. 

In der Medizin ist der Wirkstoff seit fast 200 Jahren bekannt. Anfang des 19. Jahrhunderts beschrieb der Arzt Justinus Kerner aus Thüringen die Wirkung des "Fettgiftes", das er in verdorbenen Würsten gefunden hatte: Dessen "Genuss" führe zur Erschlaffung aller Muskeln und bringe die Drüsenfunktionen zum Erliegen.

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