Hirnstudie zeigt:

Darum sind sich Raubkopierer keiner Schuld bewusst

Web
15.05.2016 09:00

Die Musik- und Filmindustrie wird angesichts der anhaltenden Verbreitung illegaler Kopien populärer Filme, Serien und Musikalben nicht müde, den Download urheberrechtlich geschützter Werke als Raub zu betiteln. Doch die Downloader selbst sind sich meist keiner Schuld bewusst. Warum das so ist, hat nun ein australischer Hirnforscher herausgefunden.

Hunderttausende Internetnutzer brechen täglich das Gesetz und saugen urheberrechtlich geschütztes Material aus dem Netz. Einer Schuld sind sich allerdings die wenigsten bewusst. Warum das so ist, hat der australische Neurowissenschaftler Robert Eres herausgefunden, indem er die Hirnreaktionen auf bestimmte Aussagen über den Raub physischer und digitaler Güter analysiert hat.

Die Studie des Australiers zeigt einem Bericht des Filesharing-Nachrichtenportals "TorrentFreak" nun, dass die Downloader ihre Aktivitäten deshalb nicht als illegal wahrnehmen, weil es sich um digitale Güter handelt und nicht um physisch greifbare Dinge.

Immaterielle Dinge sind für viele schwer vorstellbar
"Unser erstes Hirnexperiment hat gezeigt, dass das Gehirn von Menschen weit aktiver ist, wenn sie versuchen, sich nicht greifbare Dinge statt greifbarer Dinge vorzustellen", erklären die Forscher. Digitale Güter sind für viele Menschen also abstrakte Dinge, die sie sich nur schwer vorstellen können.

Bei einem weiteren Test wurde die Hirnreaktion auf die Vorstellung analysiert, physische oder digitale Medien zu stehlen. Das Ergebnis: Jenes Hirnareal, das für moralisches Denken zuständig ist, wird beim Gedanken an den Diebstahl eines physischen Datenträgers aus einem Geschäft wesentlich aktiver als beim Gedanken an einen illegalen Download.

Evolution sorgte für Sensibilität für Physische Güter
Eres: "Die Erkenntnisse der zwei Hirnexperimente zeigen, dass Menschen nicht greifbare und greifbare Objekte innerhalb ihrer Gehirne sehr unterschiedlich verarbeiten." Konkret fühle sich das Hirn beim Gedanken an den Diebstahl eines nicht greifbaren und dadurch schwer vorstellbaren Produkts weniger schuldig als beim Gedanken an einen physischen Diebstahl.

Das sei angesichts der menschlichen Evolution auch logisch. Der Mensch habe immer mehr mit physischen Gütern als mit immateriellen Dingen zu tun gehabt, der Begriff des Besitzes ist eng mit der physischen Existenz eines Dinges verbunden. Die Folge: Menschen haben Schwierigkeiten dabei, sich beim Download physisch nicht existierender Dinge schuldig zu fühlen.

Studie könnte auch andere Online-Unsitten erklären
Die Studie aus Australien könnte auch außerhalb des Themenkomplexes Raubkopien von Belang sein. Die Forscher glauben, dass ihre Erkenntnis über das höhere Schuldbewusstsein beim Gedanken an physische Dinge auch eine Erklärung für andere moralisch fragwürdige Verhaltensweisen im Netz sein könnte.

Jemanden online zu überwachen führe beispielsweise zu geringeren Schuldgefühlen, als in sein Haus einzubrechen. Jemanden in sozialen Medien zu beleidigen, könnte für das Gehirn ein geringeres Tabu sein, als eine Beleidigung im direkten Gespräch.

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