30.000 Freaks

Die Bilder vom Harley-Treffen an der Côte d’Azur

Motor
09.05.2016 10:32

Am Golf von St. Tropez stand mit dem 10. Euro Festival eine Art Polonaise Grimaudaise mit Tausenden Harleys an, die für einen Höllenlärm und begeisterte Gesichter sorgten. Eine tosende Demo teils in karnevaleske Sphären driftender Lebenslust zwischen Port Grimaud und St. Tropez.

(Bild: kmm)

Dass die wilden Kerle auf ihren Schwermetall-Rössern oder ihre weiblichen Pendents dem Alter nicht den gebührenden Respekt erweisen würden, wäre eine höchst ungerechte Behauptung. Nein, der 75-Jährige, der den donnernden Zug praktisch unhörbar anführte, brauchte seinen Spitzenplatz nicht ein einziges Mal zu verteidigen. Es war nämlich nicht nur der Tag der extrovertierten HOG-Members - HOG steht für Harley Owners Group, also Harley-Besitzer -, sondern auch "sein" Tag. Mitten im zweiten Weltkrieg wurde er geboren, sollte mithelfen, die Freiheit zu verteidigen, die Amerika bedroht sah. Er tat’s auch - und fand nach Kriegsende sogar einen Platz in der Zivilgesellschaft. Die Rede ist von einem Jeep, dem Willys MB von 1941. Er, Stammvater von Millionen nachgeborenen Jeeps, war quasi der Ehrengast im 75. Jubiläumsjahr der US-Marke, die so manche Parallele sieht zwischen sich selbst und Harley-Davidson, weshalb man bei 13 großen Harley-Feten in diesem Jahr als Partner auftritt.

"So, wie es hier an der Côte d’Azur nicht eine einzige Harley im Originalzustand gibt, so werden auch die Jeeps gerne gecustomized", sagt Markus Hauf, zuständig fürs öffentliche Reden. Er meint damit vor allem die Wrangler-Modelle, deren Abstammung vom Willys MB noch gut erkennbar ist. So, wie den unüberhörbaren Zweiradfans ihre Freiheit des Tun(en)s und (Weg-)Lassens über fast alles geht, empfinden nach seiner Überzeugung auch viele Jeepfahrer, weshalb die Kooperation eine ziemlich ideale sei.

Die Besatzungen der, so hörte man, 30.000 angemeldeten Motorräder gaben sich Nonkonformisten gegenüber mildtätig: Es wurden diverse Bikes made in Berlin, Tokio oder auch Bologna in der kilometerlangen Parade gesichtet, doch man ließ deren Aufsassen großzügig gewähren, auch wenn sie nicht wirklich ins Bild passten. Die meisten HOGs und ihre Freunde im Geiste waren ohnehin vollauf damit beschäftigt, sich selbst in Szene zu setzen: durch ekstatisches Jubeln, Winken oder Fahnenschwenken. Wer konnte, drehte die Boom-Box voll auf und beschallte - gefühlt - den gesamten Bereich zwischen Marseille und Nizza.

Irgendwie erinnerte diese Polonaise an ein Schaufahren um die beste Maskerade. Gehörnte und Gelackte, Vergoldete und Verrottete, Beflaggte und Bekiffte waren Teilnehmer dieses Grand Prix d’Attraction Maximale. Zwei Stunden dauerte es, um die 40 Kilometer lange Runde zu absolvieren; derweilen kam der "normale" Verkehr total zum Erliegen. Fast ständige Wechsel zwischen den Gängen eins und zwei ermüdeten durch permanentes Kuppeln so manchen Paradefahrers linke Hand. Und wenn gerade nicht gekuppelt werden musste, wurde gewinkt: Tausende von Smartphones waren auf Video-Empfang gestellt, mitunter standen sie beinahe Spalier und fingen Bilder ein von fröhlichen Männern und Frauen aus Finnland und Frankreich, aus Polen und Portugal, aus Italien und Island, die ihre Art von "Freedom" zelebrierten. Geld spielte offenbar keine Rolle für die Pilsener, die Madrider oder auch Frankfurter HOG-Chapter-Members und deren Sympathisanten: Ein Plastikbecher Heineken kostete in Selbstbedienung 7,50 Euro, das Veranstaltungs-T-Shirt war mit 30 Euro ebenfalls auf Côte-d’Azur-Niveau gepreist.

Demnächst trifft man sich wieder. Ende Mai in Rüdesheim und zeitgleich in Rockanje in den Niederlanden, Anfang Juni in Killarney/Irland und Mitte Juni bei der großen HOG-Rally in Portoro/Slowenien. Später folgen u.a. Tampere/Finnland, die Lofoten/Norwegen und St. Petersburg. Im September grollen die Motoren am Faaker See bei der European Bike Week, Saisonschluss ist erst im November mit der 3. HOG Bahrain Rally. Harley-Davidson hat es zweifelsfrei geschafft, eine Markenidentität zu generieren, die ihresgleichen sucht. Wobei Jeep-Insider sagen, bei den Jeepisti sei es kaum anders. Deren JOG soll auch schon 60.000 Köpfe zählen. Egal: der olivgrüne Ur-Jeep begleitet die wilde Harley-Meute dezent durchs Jahr und durch Europa.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele