Infos am Rande

Der Genfer Autosalon hinter vorgehaltener Hand

Motor
08.03.2014 14:16
Ideen, Gerüchte, Inaugenscheinnahme der Wettbewerbsprodukte – und das alles unter den Augen der Medienvertreter. Der Automobilsalon in Genf ist wie kaum eine andere Messe gut für Tratsch und Klatsch. In den kuscheligen Restaurants der Altstadt, aber auch bei ihren Rundgängen über die Ausstellung sind die Automanager so gesprächig wie kaum sonst wo auf der Welt.
(Bild: kmm)

So blieb die Inaugenscheinnahme der Wettbewerber durch die VW-Konzernoberen zu keiner Minute unkommentiert. Besonders viel Zeit verbrachten VW-Chef Martin Winterkorn und seine Entourage auf den Ständen von BMW und Mercedes-Benz. Bei den Münchnern widmete sich der Grandseigneur der Autobranche ausgiebig dem BMW 2er Active Tourer, dem ersten BMW mit Frontantrieb und einem ernsthaften Konkurrenten des VW Touran. Alle wissen: Es ist eine heikle Aufgabe, der ebenso anspruchsvollen wie eingeschworenen BMW-Kundschaft den Verzicht auf Heckantrieb verständlich zu machen. Schlimmer noch, die Dreizylindermotoren, die ebenfalls unter dem weißblauen Logo Einzug halten, entsprechen nicht dem Anspruchsdenken all jener, die sich schon mit dem Umstieg von sechs auf vier Zylinder schwer getan haben.

Dabei sind schon wieder Umkehrungen der Entwicklung in Gang. "Viele Kunden wünschen sich wieder einen V6, weil der einfach samtener läuft als ein Vierzylinder", sagt ein Anonymus aus dem VW-Konzern. Die Verbrauchsnachteile ließen sich durch Zylinderabschaltung und andere moderne Sparmaßnahmen wieder ausgleichen.

"Pkw-Label auf ein Nutzfahrzeug - schon verdient man mehr"
Bei Mercedes-Benz stand vor allem die V-Klasse in Zentrum des Interesses der Wolfsburger Abordnung. Als Eckhard Scholz, Vorstandsvorsitzender bei VW-Nutzfahrzeuge, einen Moment lang aus dem Blickfeld verschwand, witzelnden einige, der liege bestimmt schon zur Inspektion unter dem Auto. In der Tat ist die V-Klasse ein sehr ernstzunehmender Wettbewerber für den VW T5, der variantenreich wie kein anderer in der Nutzfahrzeugbranche wie auch im Van-Segment überaus erfolgreich und für die Marke ein echter Goldesel ist. Den Weg der neuen Stuttgarter Lesart in der Van-Entwicklung ist den VW-Mannen nicht neu. "Einfach das Pkw-Label auf ein Nutzfahrzeug kleben und schon verdient man erheblich mehr", plaudert einer von ihnen aus dem Nähkästchen.

"In der Krise Autos entwerfen ist Unsinn"
Alfa Romeo punktet mit dem 4C Spider, der noch als Design-Vorschau benannt, aber im Grunde fertig ist. Die Alfisti warten bange darauf, wann die Marke endlich wieder mit mehr Leben erfüllt wird, bevor sie Fiat-Chef Sergio Marchionne, ähnlich wie bereits Lancia, am langen Arm verhungern lässt. Es ist betriebswirtschaftlicher Unsinn, in einer Krise neue Autos zu entwerfen, soll er gesagt haben, als die trägen Entwicklungen im Fiat-Konzern in der Kritik standen. Da brauche man das Kapital für Wichtigeres.

Alfa Romeo für BMW "kein Wettbewerber" mehr
Jetzt, wo sich eine Neubelebung des Marktes abzeichnet, muss Marchionne bis auf Weiteres mit Panda, Cinquecento und 500L sowie deren Varianten leben. Rettung naht bei Alfa in Form der Kooperation mit Mazda, die nächste Generation des MX-5 wird auf der gleichen Basis wie der kommende Alfa Spider stehen. Und sogar von einem SUV mit dem Alfa-Logo ist die Rede. Das könnte als etwas kleinere Version des Kompakt-Geländewagens debütieren, der irgendwann bei Maserati das Portfolio erweitern soll. Neben der gewiss nicht förderlichen Geduld muss Alfa Romeo einen weiteren Rückschlag ganz anderer Art hinnehmen, der sich auf Image und Anspruch bezieht. In Genf war zu hören, dass BMW die italienische Marke bei den internen Bewertungen mit einem schlechteren Rating versehen hat und Alfa Romeo nun nicht mehr als Wettbewerber im Premium-Segment betrachtet.

Opel hält Pkatz für Cadillac frei
Cadillac hat in Genf die sehr gelungene Coupé-Version des Viertürers ATS gezeigt. Mit breiter Spur, stärkerem Motor (400 statt 356 PS) und straffem, kantigem Blechkleid. Die GM-Edelmarke will wieder in Europa wachsen, nachdem die Verkäufe nach der Pleite des einstigen Importeurs Kroymans in den Keller gesackt sind. Die aktuelle Modellpalette wird daher durch die beiden Chevrolet-Überbleibsel Camaro und Corvette verstärkt, die künftig über das Händlernetz vertrieben werden sollen. Im Gegenzug wird es bei Opel kein Angebot oberhalb des Insignia geben, um Cadillac nicht Konkurrenz im eigenen Haus zu machen, sagen Gerüchte. Das trübt die derzeit durchaus fröhliche Stimmung in Rüsselsheim keineswegs. Die Absatzzahlen machen Hoffnung auf weitere Zuwächse und das Ziel der schwarzen Null beim Ergebnis rückt in greifbare Distanz. Nach langer Pause wurde auf dem Messestand wieder zu einem Glas Champagner geladen.

Daimler lässt Franzosen den Vortritt
Selbstbeschränkung auch bei Mercedes. Der Twingo feierte in Genf eine Solo-Premiere. Der neue, viersitzige Smart, der ihm technisch stark ähnelt, muss sich der Absprache zwischen Daimler und Renault gemäß noch ein paar Monate gedulden. Da aber im Sommer keine adäquate Automesse auf dem Plan steht, wird Daimler das Debüt des Viertürers mit einer eigenen Show an passender Stelle begehen. Diesmal gewiss ohne einen großen Airbus wie aus Anlass der S-Klassen-Premiere im vorigen Jahr auf der Flugzeugwerft in Hamburg Finkenwerder. Wohl aber mit Witz und Esprit, heißt es. Oder, wie es Smart-Chefin Annette Winkler auf den Punkt bringt: "Nach 13 Jahren Bauzeit hat sich der Smart eine eigene Präsentation verdient."

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(Bild: kmm)



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