"Schwarz-Seher"

Massive Probleme mit ORF-Empfang über Satellit

Elektronik
23.08.2007 21:41
Die heile Welt aus der DVB-T-Werbung mit dem lachenden grün-blauen Fernsehern und der niedlichen „Box“ bröckelt: Die Umstellung auf digitalen Fernsehempfang sorgt derzeit in vielen österreichischen Haushalten für massive Probleme - besser gesagt, für schwarze Bildschirme. Betroffen sind dabei aber ausgerechnet jene TV-Konsumenten, die auf digitalen Sat-Empfang umgestiegen sind, also mit DVB-T gar nichts am Hut haben wollen. In rund 30.000 Haushalten gibt es laut ORF derzeit keine oder nur die eingeschränkte Möglichkeit, ORF und ATV zu empfangen. Grund dafür ist fehlerhafte Software in Decoder-Modulen eines Herstellers, die nach einer routinemäßigen Remodellierung des ORF-Satelliten-Signals plötzlich zu Tausenden Störungen aufwiesen.

Der Schaden dürfte größer sein, als bisher angenommen - und als vom ORF bisher zugegeben. Von den Störungen betroffen sind deswegen nur die Programme von ORF und ATV, weil diese aus lizenzrechtlichen Gründen via Digital-Satellit mit der Technologie „Cryptoworks“ verschlüsselt werden müssen. Dazu ist im Receiver ein Einschubmodul notwendig, in das die ORF-Smartcard gesteckt wird. Das Modul hat die Aufgabe, die verschlüsselten Signale wieder zu entschlüsseln und so den Empfang zu ermöglichen.

Nach der Neucodierung des ORF-Satellitensignals – eine Routineumstellung, die verschlüsselte Sender, die ihr Programm über Astra ausstrahlen, in regelmäßigen Abständen machen müssen – haben spezielle Universal-Module eines Herstellers, der am Markt die mit Abstand günstigsten Geräte anbietet, vermehrt Probleme mit der Entschlüsselung des TV-Signals bekommen. Das TV-Bild bekam Aussetzer, stockte oder verschwand in einigen Fällen sogar gänzlich. Einige Betroffene klagten aber schon vor der Neucodierung über derartige Fehler. Die Umstellung dürfte die Software-Fehler jedenfalls erst so richtig zum Vorschein gebracht haben.

ORF schwieg über Probleme
Die Vertretung der Elektrotechniker und Kommunikationselektroniker hatte bereits vor einigen Wochen auf die Fehler hingewiesen und Kontakt zu besagtem Hersteller aufgenommen. Dieser stellte im Juni ein Update zur Verfügung, „das die Sache in ein paar Fällen aber nur noch schlimmer gemacht hat“, berichtet Ing. Kersten Viehmann von der Bundesinnung der Elektrotechniker und Kommunikationselektroniker Krone.at. Von Seiten des ORF und seiner Tochter ORS, die die Distribution der TV-Signale von ORF und ATV abwickelt, gab es trotz der sich häufenden Beschwerden und einiger Medienberichte, die auf das Problem aufmerksam machten, keine kundenfreundliche Aufklärungs-Initiative. Der Grund für die Pannen liege aber nicht beim ORF bzw. der ORS, betont Ing. Viehmann im Krone.at-Gespräch.

Runder Tisch mit Handel und Elektrotechnikern brachte Lösung
Der Hersteller der schadhaften Encoder-Module versprach jetzt nach einem Runden Tisch mit Handel und der Techniker-Innung Abhilfe. Defekte Module – in einigen Fällen ist es passiert, dass die Geräte nach dem Update komplett den Geist aufgaben – werden auf Kulanz gegen funktionierende ausgetauscht. Decoder-Module aus den fehlerhaften Chargen, die noch im Umlauf sind, sollen in den nächsten Tagen aus den Regalen genommen werden.

„Ab Anfang nächster Woche sollte kein Modul, das diesen Fehler aufweist, im Handel erhältlich sein“, versichert Viehmann. Viehmann rät betroffenen Sat-Besitzern den Gang zum Händler nicht zu scheuen. Der Handel habe sich verpflichtet, die Austauschaktion zu unterstützen und er erwarte nicht, „dass ein Händler seine Kunden im Stich lässt“. Entsprechende Aussendungen mit allen Details seien an die Händler sowie den Großhandel ergangen.

Der Hersteller sei „sehr kooperativ“ und bemühe sich, die Software nach dem verpatzten Update so zu optimieren, dass keine Fehler mehr auftreten. Dies sei jedoch nicht unbedingt einfach, da die Module mit den unterschiedlichen Receivern getestet werden müssen. Derzeit nehme der Hersteller die veränderten Module mit etwa 70 Recievern unter die Lupe, so Viehmann. Im September sollen dann wieder SCM-Module ohne die Software-Panne in den Handel kommen. So lange müssen unter Umständen auch die betroffenen Kunden auf ihr Austausch-Gerät warten. Bei Geräten anderer Hersteller seien solche Probleme nicht aufgetreten, betont Viehmann.

Unklarheiten bei Fernsehtechniker-Kosten
Dass der Austausch problemlos funktionieren muss und auch relativ einfach abgewickelt werden kann, leuchtet ein. Wo Kunden allerdings Probleme orten, ist, wenn bereits ein Fernsehtechniker hinzugezogen wurde und schon Kosten entstanden sind. Wie in solchen Fällen vorgegangen wird, und an wen Betroffene Entschädigungsforderungen richten können, ist derzeit Gegenstand hitziger Diskussionen. „Die Konsumenten haben ein Recht, uns zu empfangen“, meint ORF-Unternehmenssprecher Pius Strobl in Richtung Handel und Industrie.

Umstieg auf Digi-Sat seit DVB-T-Einführung rasant gestiegen
Seit der Umstellung von Analog-TV auf DVB-T (als letzte Bundesländer kommen Wien, NÖ und Burgenland im Oktober dran) ist die Zahl der Digi-Sat-Seher rasant gestiegen. Nach aktuellen Zahlen sind bereits 1,5 Millionen Haushalte in Österreich auf digitalen Satellitenempfang eingestellt. Nicht zuletzt auch, weil sich die Sat-Haushalte im Gegensatz zu Kabelfernseh-Empfängern Entgelte sparen. Der Empfang von digitalem Satellitenfernsehen ist - bis auf die obligatorische Rundfunkgebühr - nämlich kostenlos.

Zudem liegt die Bildqualität bei ORF und ATV weit über den im Vergleich zum Analog-TV nicht verbesserten DVB-T-Bildern. Allerdings sind bei mehreren Empfangsgeräten auch mehrere bzw. Triple- oder Twin-Sat-LnBs, mehrere Receiver und für jedes Gerät natürlich auch Smartcard-Module, ORF-Smartcards sowie eine entsprechende Verkabelung notwendig. Wer mehrere Fernseher besitzt, braucht aber auch nach der Umstellung auf DVB-T eine Set-Top-Box pro TV-Gerät.

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