Alles fühlt sich leicht an. Kein Wunder, denn auch wenn man es dem neuen 7er angesichts seiner massiven Chromleisten seitlich und vor allem unten am Heck nicht ansieht: Er ist - gemessen an der Fahrzeugklasse - ein veritables Leichtgewicht. Bis zu 130 kg hat er im Vergleich zum Vorgänger verloren, und so hat mein Testwagen gerade einmal 1.870 kg im Typenschein stehen - die vergleichbare S-Klasse bringt über 100 kg mehr auf die Waage. Hauptdiätfaktor ist, dass die Karosseriestruktur aus einem Verbund von Carbon, hochfestem Stahl und Aluminium besteht - erstmals bei einem Serienauto.
Entspannt ziehe ich wie in der First Class über die istrischen Hinterlandstraßen, behände zieht der große BMW um die Kurven, während der neue "Adaptive Mode" des serienmäßigen Luftfahrwerks (vorausschauend auch über die Navi-Karten) ständig die richtigen Fahrwerkseinstellungen vornimmt.
So sportlich war wohl noch kein 7er zu fahren. Im Sportmodus senkt er sich um 10 mm, wird noch präziser, ohne selbst auf groben Verwerfungen die Contenance zu verlieren. Und dann noch die optional mitlenkende Hinterachse! Die Lenkung gibt generell vor allem im Sportmodus gutes Feedback. Auf Comfort Plus hingegen wird das Fahrwerk weich und sänftig, aber - und das ist das Erstaunliche - in keiner Weise schaukelig. Wer es ganz abgefahren perfekt haben will, bestellt die Option "Executive Drive Pro", deren elektromechanische Dämpfer erstaunliches leisten.
Sogar ein bissl Offroad…
Auf Knopfdruck erhöht sich die Bodenfreiheit um 20 mm auf 15,5 Zentimeter. So traue ich mich locker, auf Feldwegen ins Outback zu stauben, zum Familiensitz der alten Trüffeljagd-Dynastie Karlic. Kein Wunder, dass es so viele gute Lokale gibt, die frische Trüffel anbieten, hier ist die einzige Region weltweit, wo alle drei Sorten Trüffel wachsen: schwarze Sommer-, schwarze Winter- sowie weiße Trüffel. Zur Trüffeljagd (so heißt das in Istrien) braucht geübte Trüffelhunde (übrigens praktisch ausschließlich Weibchen), um sie zu finden, so wie Candy und Betty, mit denen ich auf die Pirsch gehe. Den Duft der Jagdbeute noch in der Nase fahre ich weiter, allerdings wird der bald vom durchaus angenehmen Parfum abgelöst, das die Lüftung des BMW verströmt.
Verfeinerte Bedienung im 7er-BMW
Die Dufttaste ist eine der neuerdings als Touchfelder ausgelegten Tasten der Lüftungsbedienung. Überhaupt ist "Touch" ein großes Thema im neuen 7er. Zwar bleibt das legendäre iDrive-Bediensystem mit dem zentralen Drehdrücksteller und dem integrierten Touchpad (zum Glück!) erhalten, doch ist das große zentrale Display nun als Touchscreen ausgelegt. Man hat also immer die Wahl, ob man eine Funktion per iDrive oder mit einem Fingertipp auswählt. Die Menüführung wurde den neuen Möglichkeiten angepasst; mit ein wenig Eingewöhnungszeit kommt man ganz gut damit zurecht.
Eine echte Neuheit ist, dass man hier erstmals einige Funktionen per Handgeste, also quasi durch Herumfuchteln in der Luft steuern kann. Mit dem Finger im Kreis wedeln dreht die Lautstärke lauter oder leiser, man kann auch die Rundumkamera-Perspektive per Handstreich ändern oder einen ankommenden Anruf ablehnen. Mehr als eine Spielerei ist das allerdings nicht, denn jedes Drücken einer Taste ist effektiver und zuverlässiger. Ich werde auch den Eindruck nicht los, dass die Tasten sowohl auf der Mittelkonsole, als auch am Lenkrad früher geschmeidiger zu bedienen waren. Dazu kommen häufige Fehlbedienungen, weil man versehentlich eine Touchfläche berührt. Ein echter Rückschritt ist definitiv der Blinkerhebel, der eine unangenehme Plastik-Haptik sowie einen sehr kantigen Steg zwischen den zwei Tasten an seinem Ende aufweist.
Aber vielleicht ist das wie der Schönheitsfleck im Gesicht von Marylin Monroe, denn ansonsten stehen die Zeichen auf höchsten Komfort im Innenraum. Alles wirkt edel, top verarbeitet, elegant, einladend. Und sehr "BMW". Auf Wunsch sind Vorder- und Rücksitze nicht nur beheizt und belüftet, sondern beherrschen auch mehrere Massage-Programme. Natürlich sind auch die Rücksitze elektrisch verstellbar. In die hintere Mittelarmlehne ist ein 7-Zoll-Tablet integriert, mit dem man von den Sonnenblenden bis zur Stereoanlage allerhand steuern kann.
Die Sache mit dem autonomen Fahren
Gegen Aufpreis bekommt man für den 7er-BMW einen mächtigen "Schlüssel" mit integriertem Display. Damit soll man den Wagen autonom einparken lassen können - allerdings wird das für den V8 erst nächstes Jahr angeboten. Nur die Dieselversionen haben das bereits seit Auslieferungsstart Anfang November. Ansonsten zeigt das Display unter anderem den Zustand der Türen (geschlossen/versperrt) an - also nichts, was eine Handy-App nicht auch könnte. Dafür will ich nicht so einen dicken Klumpen in der Hosentasche spazieren tragen.
Fast autonom kann der Siebener aber tatsächlich mit dem Fahrer an Bord dahinrauschen. Zumindest theoretisch. Per Stereokamera und Radarsensoren scannt der BMW die Straße samt vorausfahrenden Fahrzeugen und folgt selbstlenkend der Strecke. In der Praxis hätte mich das Auto mehrmals in einen Crash gesteuert, wenn ich nicht eingegriffen hätte. Nicht mitgerechnet die Situationen, in denen sich der Wagen auf der mittleren Autobahnspur unnötig eng an der rechten Linie orientiert und dabei Lkws knapper als angemessen überholt hat.
Der Tempolimit-Assistent funktioniert so unzuverlässig wie eh und je - obwohl er das Tempolimit betreffende Verkehrsschilder, die er erkennt, sogar an einen BMW-Server überträgt, um zur "Aktualisierung des Kartenmaterials" beizutragen. Dennoch zeigt er häufig Blödsinn an.
In Sachen Hightech macht dem neuen Siebener trotzdem so leicht keiner was vor. Für den neuen Siebener lassen sich insgesamt 36 elektronische Assistenzsysteme ordern, aufgeteilt in mehrere Pakete. Ein Highlight ist das Head-up-Display mit seiner vergrößerten Anzeigefläche. Es zeigt bei aktivierter Zielführung nun sogar Kartenausschnitte an, um den Weg zu weisen.
Herrlich seidiger V8
Angetrieben wird der BMW 750i xDrive von einem 4,4 Liter großen Biturbo-V8-Benziner, der 450 PS sowie ab 1.800/min. 650 Nm mobilisiert. Diese Power setzt er so geschmeidig und leise in Vortrieb um, dass mich die Beifahrerin bei der ersten Fahrt gefragt hat, ob wir in einem Elektroauto sitzen. Fußgänger hören mich kaum kommen, als ich im Schritttempo durch die engen Gassen von Rovinj kurve (was bei einem Wendekreis von 12,5 Meter hin und wieder rangieren erfordert).
Auch voller Leistungseinsatz wirkt nie angestrengt oder laut. Nicht einmal das Stopp-Start-System stört, und die Arbeit der Achtgangautomatik bleibt völlig im Hintergrund. Im EcoPro-Modus beherrscht der BMW das Segeln, und zwar so gut, dass man das Ein- und Auskuppeln nicht mitbekommt, wenn man nicht aufs Display schaut.
Der Testverbrauch ist aller Ehren wert: 10,3 l/100 km und damit nur zwei Liter über dem Normverbrauch. Wir sprechen hier wohlgemerkt von einem V8, der diese Luxuslimousine in 4,4 Sekunden auf 100 km/h wuchtet. Auch auf 200 km/h ist man schnell, bei 250 km/h wird abgeregelt.
Unterm Strich
BMW hat eine in mehrerlei Hinsicht innovative Luxuslimousine mit bayerischer Sportlichkeit auf die Räder gestellt. Top sind (mit genannten Abstrichen) Assistenten, Konnektivität, Fahrwerk, Lenkung, Antrieb, Anmutung und Verarbeitung, wegweisend der überdimensionierte Autoschlüssel. Erstaunlich die geringe Bein- und Kopffreiheit auf der Rückbank, aber dafür gibt es ja die 15 Zentimeter gestreckte und eine Spur höhere L-Version.
Noch etwas hat sich auf dieser Testreise gezeigt: Istrien ist ein bisschen so, wie Italien früher war - im positivsten Sinne. Man spricht hier sogar zum großen Teil italienisch, die ältere Bevölkerung sogar praktisch ausschließlich - die Geschichte ist zum Teil venezianisch. Man muss hier also auch nicht auf die Anwendung der in jahrelanger Übung angeeigneten italienischen Sprachkenntnisse verzichten. Sogar die Weine haben teilweise ungeahnte Qualität, wie etwa ein Besuch auf dem über hundert Jahre alten Weingut Kozlovic in Momjan gezeigt hat, wo man mit modernsten, schonenden Methoden liebevoll hervorragende Tropfen keltert. Die Landschaft wirkt mancherorts ebenso toskanisch wie die Bistecca alla fiorentina, die ich in der Konoba Pjero bekommen habe - deren Chef übrigens fast hyperventiliert hat, als er meinen 7er-BMW gesehen hat.
Eine echte Schmankerlreise also - was die Gegend und ihre kulinarischen Köstlichkeiten betrifft ebenso wie das Auto. Einen Unterschied gibt es aber: Der BMW kostet richtig viel Geld: 130.000 Euro die 750i-Basisversion, 170.000 Euro der Testwagen.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… Mercedes S-Klasse, Audi A8
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