Report aus Kambodscha

Verschleppt & verkauft: Die Sklaven der Cybermafia

Digital
30.06.2025 12:13

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der kambodschanischen Regierung vor, Verschleppung und Versklavung von Menschen durch Cybercrime-Banden absichtlich zu ignorieren.

Die in London ansässige Organisation gab in einem neuen Bericht an, 53 gefängnisähnliche Siedlungen und Dutzende weitere verdächtige Standorte im ganzen Land entdeckt zu haben, auch in der Hauptstadt Phnom Penh.

Die Betroffenen würden sich als gefangen in einem Albtraum beschreiben, sagte Amnesty-Generalsekretärin Agnes Callamard. „Sie werden in kriminelle Organisationen gezwungen, die offenbar mit der Zustimmung der kambodschanischen Regierung agieren.“

Amnesty erklärte, ihre Ergebnisse hätten ein „Muster staatlichen Versagens“ offenbart, das der milliardenschweren Industrie das Gedeihen ermöglicht habe. Dazu gehörten das Versäumnis, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen oder Opfer zu identifizieren und zu unterstützen.

Regierung weist Vorwürfe zurück
Der kambodschanische Regierungssprecher Pen Bona bestritt, die Regierung sei tatenlos und verwies auf eine im Jänner von Ministerpräsident Hun Manet gebildete Task Force. Der Amnesty-Bericht sei übertrieben. Kambodscha sei ein Opfer der Betrugsindustrie und wünsche sich Kooperation statt Schuldzuweisungen.

Sicherheitskräfte hätten zwar bei Razzien einige Opfer befreit, erklärte Amnesty. Doch man habe festgestellt, dass über zwei Drittel der verdächtigen Einrichtungen nicht von der Polizei durchsucht oder nach Polizeieinsätzen weiter betrieben wurden. Lediglich zwei Einrichtungen seien offenbar geschlossen worden, so die Organisation.

Selbst Kinder werden zu Betrügereien gezwungen
Nach Angaben von Amnesty International werden die Menschen, darunter auch Kinder, in gefängnisähnlichen Anlagen festgehalten, die von hohen Zäunen mit Stacheldraht umgeben sind und von bewaffneten Männern bewacht werden. Sie würden gezwungen, online weltweit Menschen zu betrügen. Sie täuschten unter anderem Liebesbeziehungen vor, bei denen sie Vertrauen zu den Opfern aufbauen, bevor sie sie um Geld bitten, so Amnesty. Die Insassen würden unter anderem mit Elektroschocks, Schlägen oder Einsperren in Dunkelkammern bestraft.

Amnesty hat nach eigenen Angaben 58 Opfer befragt. Neun davon seien Kinder gewesen, darunter ein 16-jähriger Bursch aus China. Ein chinesisches Kind sei in einem der Lager gestorben. Ein 18-jähriger thailändischer Betroffener erklärte gegenüber Reuters, er sei 2023 in ein Lager in Phnom Penh verschleppt worden. Bei dem Versuch, das Lager zu verlassen, sei er geschnappt und an ein anderes Lager nahe der vietnamesischen Grenze verkauft worden.

Verschleppter diente als Liebesschwindler
Der Mann, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte, er sei gezwungen worden, sich mithilfe einer Deepfake-Videosoftware als älteren, attraktiven Mann auszugeben und thailändische Frauen dazu zu verleiten, ihm ihr Geld zu geben. Nach fast einem Jahr sei ihm die Flucht gelungen.

Kambodscha entwickelte sich während der Pandemie zu einem Zentrum der globalen Betrugsindustrie, da überwiegend von Chinesen geführte kriminelle Gruppen ungenutzte Casinos und Hotels zu Betrugszentren umfunktionierten, in denen laut den Vereinten Nationen bis zu 100.000 Menschen untergebracht waren. Ähnliche Enklaven florieren in Myanmar und Laos.

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