Neue Enthüllungen

Snowden: “NSA mit den Deutschen unter einer Decke”

Web
08.07.2013 09:18
In der Affäre um die massive Spionage des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland könnten nun auch deutsche Geheimdienste unter Druck geraten. Der Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden verwies auf die internationale Zusammenarbeit seines ehemaligen Arbeitgebers: "Die stecken unter einer Decke mit den Deutschen, genauso wie mit den meisten anderen westlichen Staaten", sagte er in einem im Nachrichtenmagazin "Spiegel" veröffentlichten Interview.

Weltweit werde massiv die Privatsphäre von Menschen missachtet, sagte Snowden. Bei der Zusammenarbeit der Dienste werde darauf geachtet, die jeweiligen Regierungen nicht zu kompromittieren. "Die anderen Behörden fragen uns nicht, woher wir die Hinweise haben, und wir fragen sie nach nichts."

Dadurch würden die politischen Spitzen geschützt, falls Aktionen publik würden. Das Gespräch mit Snowden führten dem Magazin zufolge der US-amerikanische Chiffrier-Experte Jacob Appelbaum und die Dokumentarfilmerin Laura Poitras mit Hilfe verschlüsselter E-Mails, noch bevor Snowden die umfangreichen Spähaktionen der USA enthüllte.

Deutschland soll mit NSA-Technik arbeiten
Das Magazin berichtete, der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) werte mit Hilfe von NSA-Technik den aus dem Nahen Osten kommenden Telefon- und Internetverkehr aus. Dass die Zusammenarbeit zwischen NSA und BND enger als bisher bekannt sein könnte, vermutet auch der ehemalige Chef des österreichischen Verfassungsschutzes, Gert Rene Polli.

Ihm sei das Spähprogramm PRISM unter anderem Namen bekannt gewesen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Daher sei es "widersinnig und unnatürlich", wenn deutsche Behörden nichts davon gewusst hätten.

Merkel: "Abhören, das geht nicht unter Freunden"
Der BND war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der deutsche Bundesverfassungsschutz hatte bereits früher erklärt, erst aus den Medien von PRISM erfahren zu haben. Nach von Snowden veröffentlichten Unterlagen soll die NSA jeden Monat auf rund 500 Millionen Kommunikationsvorgänge zugreifen - allein in Deutschland. Dem Bericht zufolge darf der BND bis zu 20 Prozent der Daten verwerten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wehrte sich gegen die Ausspähungen. "Abhören, das geht nicht unter Freunden", sagte die CDU-Vorsitzende bei einer Parteiveranstaltung. Die Verhandlungen über die Freihandelszone sollten aber trotz der Spionage-Affäre "ganz gezielt" geführt werden. Bei der Arbeit der Geheimdienste müsse eine Balance zwischen dem Schutz vor dem Terror und dem Schutz persönlicher Daten gefunden werden. Diese Balance müsse mit den USA erörtert werden.

Snowden: "Man sollte keinen US-Konzernen trauen"
Snowden erklärte in dem Interview weiter, die NSA arbeite mit Telekom-Firmen zusammen. "Generell kann man sagen, dass man multinationalen Konzernen mit Sitz in den USA nicht trauen sollte." Die Deutsche Telekom hat nach den Worten ihres Chefs Rene Obermann nicht mit der NSA zusammengearbeitet. "Wir kooperieren nicht mit ausländischen Geheimdiensten", sagte er dem Deutschlandfunk.

BND-Chef Gerhard Schindler habe die Zusammenarbeit mit der NSA Mitgliedern des parlamentarischen Kontrollgremiums gegenüber bestätigt, berichtete der "Spiegel". Der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic, der für die Partei "Die Linke" bis 2012 in dem Gremium saß, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "So eng, wie die Dienste zusammenarbeiten, kann es nicht sein, dass man nichts wusste." Der SPD-Abgeordnete Fritz Rudolf Körper, auch er Mitglied im parlamentarischen Kontrollgremium, zeigte sich gegenüber der Zeitung "überrascht, dass manche überrascht sind".

Terror in Deutschland dank US-Infos verhindert?
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte die Zusammenarbeit mit den USA. Aus seiner Zeit als Innenminister wisse er, "dass wir terroristische Anschläge in Deutschland auch deshalb verhindern konnten, weil wir Informationen der Amerikaner bekommen haben", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Ohne die Fähigkeiten und die Unterstützung der US-Amerikaner wäre das so nicht möglich gewesen. Er warne daher "vor zu früher Aufregung".

Deutschlands Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dagegen forderte eine umfassende Aufklärung der Spionageaffäre - und zwar noch vor Beginn der Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Es müsse geklärt werden, ob Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinreichend geschützt seien, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".

Auch die Übermittlung von Fluggastdaten nach dem EU-Passagierabkommen steht für die Ministerin auf dem Prüfstand. "Wenn wir nicht umfassend Informationen von den USA bekommen, dann können wir auch nicht verantworten, dass weiter in großem Umfang automatisch deutsche Daten an amerikanische Stellen geliefert werden."

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