„Necrobotics“

US-Forscher verwandeln Spinnenkadaver in Roboter

Elektronik
27.07.2022 15:01

In der Robotik nehmen sich Forscher gern die Natur zum Vorbild, ahmen die Fortbewegungsmuster unterschiedlichster Tiere nach. Wissenschaftler aus Texas gehen noch einen Schritt weiter. Sie funktionieren tote Tiere - im konkreten Fall Spinnen - in Roboter um, indem sie deren Gliedmaßen mit Druckluft wieder Leben einhauchen. Es ist eine sehr effiziente Methode, um etwa Robotergreifer zu konstruieren. Aber eine ethisch fragwürdige …

Die Idee stammt von Maschinenbauingenieuren der Rice University, die auch gleich den passenden Namen für ihren Forschungsbereich erdacht haben: „Necrobotics“. Für ihre Experimente griffen die Forscher auf eine Wolfsspinne zurück, die Ergebnisse wurden in „Advanced Science“ vorgestellt.

Spinnenbeine funktionieren hydraulisch
Bei ihrem „Nekro-Roboter“ machen sich die Forscher zunutze, dass Spinnen ihre Gliedmaßen über eine Art hydraulisches System bewegen: Wird Blut aus einer Kammer im Kopf des Tieres in ein Spinnenbein gepumpt, streckt sich dieses. Ist kein Blut vorhanden, zieht das Bein sich zusammen.

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Zufällig ist es so, dass die Spinne nach dem Tod die perfekte Architektur für kleine, von der Natur inspirierte Greifer ist.

Studienautor Daniel Preston

Um die tote Spinne - siehe Video - in einen Robotergreifer umzuwandeln, genüge ein einziger Montageschritt, zitiert Heise.de aus der Studie. „Zufällig ist es so, dass die Spinne nach dem Tod die perfekte Architektur für kleine, von der Natur inspirierte Greifer ist“, sagt Daniel Preston, einer der Autoren. Obendrein sei die Nutzung toter organischer Komponenten billig, die aus toten Tieren gewonnenen Bauteile sind auch biologisch abbaubar.

Für ihren Versuch verbanden die Forscher den Kadaver mit einem pneumatischen System, das Luft ins Exoskelett der Spinne leitet. Die Luft sorgt dafür, dass sich die Beine bewegen wie beim lebenden Tier. Bei den Versuchen gelang es, mit der toten Wolfsspinne das 1,3-fache ihres eigenen Gewichts zu heben. Klebrige Härchen an den Beinchen helfen dabei.

Kraft hängt von genutzter Spinnenart ab
Wie viel Gewicht genau ein solcher Roboter heben kann, hängt von der Spinnenart ab. Besonders große Exemplare wie die bis zu 200 Gramm schwere Goliath-Vogelspinne können laut den Berechnungen der Forscher etwa ein Zehntel ihres Körpergewichtes heben, bei besonders kleinen Exemplaren kann es aber auch das Dreihundertfache sein.

Beim ersten Experiment mit dem Spinnengreifer gelangen den Forschern mindestens 700 Greifvorgänge, nach 1000 zeigten sich allerdings erste Risse an den Gelenken - vermutlich aufgrund von Austrocknung. Würde die Spinne mit Bienenwachs überzogen, sollte die Haltbarkeit deutlich höher sein, mutmaßen die Forscher.

Experiment lässt ethische Fragen offen
Dass Roboter aus toten Tieren für viele Menschen ethisch fragwürdig sind, ist den Forschern aus Texas bewusst. In der Studie erklären sie: „Das biotische Rohmaterial wurde durch Einschläfern einer Wolfsspinne gewonnen, die fünf bis sieben Tage lang der Gefriertemperatur ausgesetzt wurde. Die Forscher stellen fest, dass es in der Literatur derzeit keine klaren Richtlinien für die ethische Beschaffung und humane Euthanasie von Spinnen gibt.“

Ihre Arbeit wollen die Forscher trotzdem fortführen, das Feld „Necrobotics“ betrachten sie als zukunftsträchtig. Dabei wollen sie sich weiterhin auf Krabbeltiere konzentrieren: Insekten bergen aus Sicht der Forscher das höchste nekro-robotische Potenzial. In künftigen Versuchen sollen nun noch kleinere Spinnen und Skorpione erprobt werden.

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