Schräges Gerät

Macht das Handy zur Systemkamera: Sony QX1 im Test

Elektronik
07.02.2015 08:00
Der japanische Elektronikriese Sony hat mit seinen QX-Kameras eine ziemlich eigentümliche Produktkategorie im Sortiment. Im Grunde handelt es sich bei den Geräten um Digicams ohne Display, die mit einer speziellen Halterung am Smartphone befestigt werden. Das neueste Modell der QX-Serie ist die QX1, mit der Wechselobjektivfotografie auf das Smartphone kommen soll. Wie sich das unkonventionelle Foto-Gadget in der Praxis schlägt, hat krone.at getestet.

Wer mit dem Gedanken spielt, sein Android- oder iOS-Smartphone in eine Systemkamera zu verwandeln, muss tief ins Börsel greifen. Im Kit mit Objektiv kostet Sonys neue QX1-Kamera laut Online-Preisvergleich günstigstenfalls 430 Euro. Dafür gibt's neben dem eigentlichen Body der QX1 ein E-Mount-Objektiv mit 16 bis 50 Millimetern Kleinbild-Brennweite, dreifachem optischen Zoom und einer Blende von F3.5-5.6. Ein optischer Bildstabilisator ist an Bord, gezoomt wird motorisiert. Die maximale Lichtempfindlichkeit liegt bei ISO 16.000.

Wer eine größere Brennweite abdecken will – etwa, weil er beispielsweise als Tierfotograf besonders nah an seine Motive heranzoomt – kommt nicht umhin, sich mit weiteren Objektiven auszurüsten, was die Anschaffungskosten der QX1 schnell in die Höhe treibt. Aber gut, das ist bei "normalen" Systemkameras auch nicht anders. Wer ohne Objektiv auskommt – etwa, weil er bereits eine Sony-Systemkamera mit passenden Objektiven besitzt – bekommt den Body der QX1 allein für rund 270 Euro.

20,1 Megapixel und großer APS-C-Sensor
Im Body der QX1 arbeitet ein Sensor im APS-C-Format, der Bilder in einer Maximalauflösung von 20,1 Megapixeln aufnimmt. Das Gerät verfügt über einen microSD-Speicherkartenslot, hat seinen eigenen Akku und besitzt sogar einen Blitz. Mit der QX1 geschossene Fotos und Videos werden in Originalauflösung auf der internen Speicherkarte gesichert, zusätzlich überträgt die QX1 einen verkleinerten Abzug auf das Smartphone. Das geschieht über die Funktechnologien NFC und WLAN. Via NFC wird eine WLAN-Verbindung zwischen Smartphone und Kamera hergestellt, über die anschließend Fotos übertragen und Steuerungsbefehle gesendet werden.

Herzstück des Bedienkonzepts ist Sonys hauseigene PlayMemories-App. Dabei handelt es sich um eine Kamera-App, die eigens für die Benutzung mit QX-Zusatzkameras entwickelt wurde. Sie bietet zwei intelligente Automatikmodi, eine Programmautomatik und manuelle Modi, bei denen Blende, Verschlusszeit und Lichtempfindlichkeit nach eigenem Gutdünken eingestellt werden können. Auch die Wahl zwischen Auto- und manuellem Fokus ist über die App möglich.

WLAN-Verbindung und App-Fernsteuerung
In der Praxis macht die App – wir haben die Android-Version getestet – einen durchaus brauchbaren Eindruck. Sony hat seit der ersten Version nachgebessert und mittlerweile klappt es damit beispielsweise auch, den physischen Auslöseknopf des Smartphones als Auslöser für die QX1-Kamera zu verwenden. Das funktionierte bei den Vorgängermodellen noch nicht. Die WLAN-Verbindung wird zumeist zuverlässig hergestellt, die Latenz bei der Bildübertragung von der QX1 auf das Smartphone hält sich in Grenzen.

Beschränkt man sich beim Fotografieren darauf, die Bilder in verkleinerter Form auf das Smartphone zu kopieren, ist die WLAN-Anbindung der QX1 an das Handy ausreichend schnell: Bilder werden im Regelfall in weniger als einer Sekunde übertragen. Wer sie allerdings nach jedem Auslösen in Originalauflösung überspielen möchte, muss mehr Geduld mitbringen und wartet durchaus auch mal drei Sekunden. Schade ist, dass die QX1 nicht mit den Kamera-Apps genutzt werden kann, die beim Smartphone ab Werk mitgeliefert werden. Ohne PlayMemories geht nichts.

Gute Bildqualität, kreative Möglichkeiten
Doch wie steht es nun um die Bildqualität der QX1? Die erwies sich im Test mit dem mitgelieferten Objektiv als sehr gut: Fotos werden detailreich und scharf aufgenommen, Farben wirken natürlich und Unschärfeeffekte im Hintergrundbereich heben die QX1-Schnappschüsse deutlich von Fotos ab, die mit einer normalen Handykamera realisierbar sind. Die Performance im Dämmerlicht kann sich sehen lassen: Die Bilder werden – auch dank des großen Sensors – angenehm rauschfrei. In schlechten Lichtverhältnissen freut sich der Fotograf über den Blitz, den die QX1 ihren Schwestermodellen QX10 und QX100 voraushat. Probebilder in Originalauflösung stehen auf unserer Flickr-Seite zum Download bereit.

Überzeugend ist auch die Video-Bildqualität: Die QX1 nimmt feines Full-HD-Material auf ihre interne Speicherkarte auf und überträgt die entstandenen Filme auf Wunsch auch auf das Handy. Sowohl im Foto- als auch im Videomodus praktisch: Weil die QX1 per WLAN ans Smartphone angebunden ist, kann man die Kamera in kreativer Position in Stellung bringen und das Smartphone anschließend als Fernauslöser verwenden. Nicht nur für Familienfotos, sondern auch für kreative Filmaufnahmen eine nette Funktion.

Angenehm leicht, aber unpraktisches Handling
Generell gibt es beim Handling der QX1 sowohl Licht als auch Schatten. Positiv hervorzuheben sind die kompakten Abmessungen der Kamera, durch die sie leicht mitgenommen werden kann. Wer viele Objektive und Zubehör mitnimmt, hat zwar trotzdem schwer an seiner Ausrüstung zu heben, mit einem Gewicht von rund 200 Gramm (Body) ist die QX1 aber nur zu einem geringen Teil verantwortlich dafür.

Eher unpraktisch gestaltet sich das Handling der QX1. Weil das Gerät ohne Haltegriff auskommt, weiß man gerade zu Beginn nicht so recht, wie man es im Alltag sinnvoll halten soll. Die ungewohnten Griffe, die man dadurch anwendet, führen mitunter zu versehentlichen Aufnahmen oder ungewollten Eingaben. Zwar liegt ein Spezialgriff bei, mit dem man das Gerät an der Rückseite zwischen die Finger klemmen kann, das Grundproblem, dass die QX1 nicht wie eine normale Kamera gehalten werden kann, löst aber auch er nicht.

Saubere Verarbeitung, filigraner Blitz
Verbindet man die QX1 mit dem Smartphone, bessert sich die Situation. Eine dreh- und schwenkbare Halterung, die über eine Einspannvorrichtung für das Handy verfügt, macht aus QX1 und Smartphone zwar etwas, das an eine Kamera erinnert. In der Praxis wirkt die Konstruktion jedoch eher unpraktisch – primär, weil die am Smartphone befestigte Kamera deutlich schwerer ist als die meisten Handys und der Schwerpunkt somit sehr weit vorne liegt. Die Dreh- und Schwenkfunktion ist nett für Selfies und Aufnahmen aus ungewöhnlichen Perspektiven. Ein mulmiges Gefühl bleibt wegen der ungleichen Gewichtsverteilung der Konstruktion aber.

Noch ein Wort zur Verarbeitungsqualität: Die ist weitgehend in Ordnung. Die Kamera selbst liegt wertig in der Hand, ist teils aus Metall gefertigt und macht insgesamt einen soliden Eindruck. Weniger solide wirkte im Test allerdings die bereits angesprochene Smartphone-Halterung. Und auch der Blitz, der auf Knopfdruck aus der QX1 ausfährt, wirkt relativ filigran.

Fazit: Zu Hilflos ohne Smartphone
Im Endeffekt ist die QX1 Sonys Antwort auf eine Frage, die vermutlich nur sehr wenige Menschen gestellt haben: Wie bekommt man die Wechseloptik von Systemkameras an ein Smartphone? Als Antwort auf darauf weiß die QX1 zu überzeugen. Die Bildqualität liegt weit über dem, was Smartphone-Kameras zustande bringen, der Formfaktor erlaubt trotz großem Sensor und Wechseloptik einen relativ einfachen Transport.

Die Bedienung über Sonys PlayMemories-App gelingt durchaus zuverlässig, letzten Endes ist das Handling der QX1 für unseren Geschmack im Alltagsgebrauch aber einfach zu mühsam. Erst das Smartphone hervorzukramen, in die QX1-Halterung einzuspannen, die WLAN-Verbindung herzustellen und dann mit der PlayMemories-App zu arbeiten, dauert ziemlich lang. Und zwar mindestens genauso lang, wie es dauert, eine "normale" Systemkamera aus der Tasche zu holen, die vom gleichen Hersteller inklusive WLAN, App-Fernsteuerung und vergleichbarer Optik sogar günstiger in der Anschaffung kommt als die ohne Smartphone relativ hilflose QX1.

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