Mitarbeiter klagen:

Job bei Microsoft-Löschtrupp macht psychisch krank

Web
11.01.2017 11:33

Jede Sekunde werden unzählige neue Bilder und Videos ins Internet gespült - allerdings nicht nur harmlose. Firmen wie Microsoft sind zum Schutz ihrer User deshalb dazu gezwungen, Uploads auf bedenkliches Material zu prüfen. In eigenen Abteilungen sichten, melden und löschen Mitarbeiter schockierende Inhalte. Zwei Männer, die diesen Job bei Microsoft gemacht haben, verklagen nun ihren Ex-Arbeitgeber. Sie fordern Schadensersatz, weil die Arbeit sie psychisch krank gemacht habe.

Henry Soto und Greg Blauert haben vor wenigen Tagen vor einem US-Gericht gegen ihren einstigen Arbeitgeber Microsoft geklagt. Der Grund: Sie mussten ihren Job im Löschtrupp bei Microsoft kündigen, nachdem die grausigen Bilder, die sie Tag für Tag sehen mussten, zur erheblichen Belastung für ihre Psyche wurden.

Einem Bericht des US-Nachrichtenportals "The Daily Beast" zufolge haben beide Männer auf ärztlichen Rat gekündigt, nachdem sich bei ihnen durch die psychische Belastung eine posttraumatische Belastungsstörung gebildet hatte.

"Videos für die derbsten und kränksten Menschen"
Soto wurde eigenen Angaben zufolge in Microsofts Löschabteilung zwangsversetzt und hätte dort zumindest anderthalb Jahre absitzen müssen. In der Abteilung habe er Bilder gesehen, die "schreckliche Brutalität, Mord, unbeschreibliche sexuelle Angriffe, Videos von sterbenden Menschen und, ganz allgemein, Videos und Fotos, die dafür gemacht wurden, die derbsten und kränksten Menschen auf der Welt zu unterhalten", heißt es in der Klage.

Die Bilder, die er sehen musste, hätten ihn verfolgt und sein Leben zur Hölle gemacht, während der Arbeitgeber seiner Ansicht nach nur unzureichende Mittel zur Bewältigung der gesehenen Bilder zur Verfügung gestellt habe.

Sotos Mitkläger Blauert berichtet Ähnliches. Er habe Albträume gehabt und Bilder nicht mehr vergessen können, berichtet er. Wenn er am Arbeitsplatz einen Zusammenbruch hatte, habe man ihn früher nach Hause geschickt und ihm geraten, sich mit Spaziergängen, Zigarettenpausen oder Computerspielen abzulenken. Später habe er eine schlechte Disziplinarbewertung bekommen, weil er während der Arbeit gespielt habe, so Blauert.

"Neueste Technologien gegen Kindesmissbrauch"
Microsoft äußert sich zu den Vorwürfen seiner ehemaligen Mitarbeiter - sie sollen 2007 und 2008 in Microsofts Löschtrupp gearbeitet haben - recht allgemein. "Microsoft nutzt marktführende und neueste Technologien, um Bilder von Kindesmissbrauch und Ausbeutung zu entdecken und klassifizieren, die von Nutzern über Microsoft-Dienste verteilt werden", so das Statement. Tatsächlich setzt Microsoft - ebenso wie andere IT-Konzerne - neben menschlichen Moderatoren auch Künstliche Intelligenz ein, um solche Inhalte aufzuspüren.

Ganz ohne Menschen geht es allerdings nicht: Vorstellungen von Sitte und Moral sind für ein Computerprogramm schwer anzuwenden. Das ist mit ein Grund, wieso auch Facebook nach wie vor mit menschlichem Personal gegen Inhalte vorgeht, die Grenzen überschreiten. Dort erledigen das Billigarbeiter in Schwellenländern, aber auch Menschen mitten in Europa. Auch sie klagen darüber, dass ihr Broterwerb massive psychische Spuren hinterlasse und der Arbeitgeber ihnen keine ausreichende Unterstützung zuteilwerden lasse.

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