Als im Jahr 2008 der BMW X6 auf den Markt kam, ahnte niemand, dass wegen des großen Erfolges eine zweite Generation von ihm aufgelegt werden würde. Und schon gar nicht, dass Mercedes die Coupé-SUV-Idee aufgreift. Genau das haben die Stuttgarter jetzt beim Nachfolger der M-Klasse gemacht. Von einer Kopie kann man allerdings nicht sprechen, denn der Charakter ist ein anderer. Oder würden Sie irgendeinen Kompaktwagen als Kopie von Renault 4, Alfasud, Autobianchi Primula, Simca 1100 (vom VW Golf brauchen wir da gar nicht reden) oder wer auch immer der Erste war, bezeichnen? Eben.
Im Vergleich wirkt das GLE-Coupé denn auch eleganter, jedenfalls von hinten, denn das Heck zitiert eindeutig das designmäßig extrem gelungene S-Klasse-Coupé. Die Seitenansicht ist fließender als beim X6, die Front wuchtiger. Insgesamt kann man von Gleichstand sprechen, es ist Platz genug für persönlichen Geschmack.
Wenn das Coupé am 20. Juli auf den Markt kommt, wird es (mit serienmäßigem Allradantrieb) ab 76.650 Euro kosten. Unter der Haube steckt dann der bekannt kräftige Dreiliter-V6-Diesel, der mit bulligen 620 Nm ab 1.600/min anschiebt und einen 0-100-Sprint von beachtlichen 7,1 Sekunden ermöglicht - wir reden hier von einem 2,2-Tonnen-Schiff! Doch es zahlt sich (nicht nur für den Hersteller) aus, die (Auf-)Preisliste zu durchstöbern: Da finden sich nicht nur jede Menge Extras, die S-Klasse-Komfort versprechen, sondern auch Motoren und Fahrwerksergänzungen, die aus dem GLE einen veritablen Sportwagen machen.
Es lebe der Sport: GLE-Coupé mit 585 PS von AMG
Je nach Neigungsgruppe kann man den sportlichen Wahnsinn mehr oder weniger eskalieren lassen. Endstufe ist der Mercedes-AMG GLE 63 S mit 585 PS (kleiner Zwillingsbruder ohne "S" 557 PS). Das V8-Triebwerk liefert 760 Nm (bzw. 700 Nm) ab 1.750/min. an das Siebengang-Automatikgetriebe (alle anderen Coupés haben die neue Neungangautomatik). Serienmäßig sind hier fünf Fahrmodi, ein adaptives AMG-Sportfahrwerk mit Luftfederung und eine sensationelle Wankstabilisierung mit dem Namen "Active Curve System". So ausgerüstet ist das GLE-Coupé der König der Bergstraßen ebenso wie der deutschen Autobahn. 4,2 (bzw. 4,3) Sekunden für den Stammtischsprint und 250 km/h Spitze sind der Anfang, 280 km/h mit optionalem Driver's Package das Maximum. Der Sound ist brachial und brennt im Sport-Modus ein richtiges Feuerwerk ab.
Eine Stufe darunter gibt es quasi eine AMG-light-Version, die einen Einstieg in die Affalterbacher Welt darstellt. Sie heißt GLE 450 AMG, kommt auf 367 PS und 520 Nm, was für 5,8 Sekunden sowie ein echt sportliches Gefühl reicht. Der Sound des V6-Motors ist naturgemäß etwas ziviler, doch auch hier bekommt man im Sportmodus beim Runterschalten ein Feuerwerk zu hören. Einen ganz zivilen Benziner mit auch nicht faden 333 PS gibt es auch noch.
GLE-SUV als komfortabler Kraxler
Weil wir gerade bei den Motoren sind: Für den Mercedes GLE in SUV-Form gibt es alle genannten sowie noch einige weitere, angefangen beim 2,1-Liter Diesel mit 204 PS (ab 59.490 Euro) bis zum 435-PS-V8. Zusätzlich lässt sich der Klassiker (im Gegensatz zum Coupé) auch so aufrüsten, dass er auch in schwerstem Gelände weiterkommt. Die Testfahrten im "Vergnügungspark" von Saalfelden (also im Offroadteil des dortigen Fahrtechnikzentrums) waren höchst erstaunlich. Das Luftfahrwerk lässt sich in zwei Stufen um sechs Zentimeter anheben, Allradantrieb ist ohnehin Serie und elektronische Sperren und Fahrprogramme sorgen immer für ausreichend Traktion bzw. genügend geringes Tempo. Mit mechanischen Sperren wäre das Fortkommen zwar wohl noch zügiger, die würden aber ein deutliches Mehrgewicht bringen - außerdem ist die Nachfrage in dieser Klasse gering. Dafür hat Mercedes die G-Klasse - und Land Rover den Range Rover.
Plug-In-Hybrid als technisches Aushängeschild - und Schnäppchen
Ein technisches Schmankerl ist der GLE 500e. Er wird vom 333-PS-V6 aus dem GLE 400 angetrieben und kostet in Österreich mit 76.210 Euro auch exakt das Gleiche. Möglich macht das die Normverbrauchsabgabe: 24% beim GLE 400, 0% beim 500e. Gratis dazu bekommt man praktisch den zusätzlichen Elektromotor, der weitere 116 PS beisteuert und sogar 35 Kilometer rein elektrisches Fahren ermöglicht. Die Akkus werden einerseits an der Steckdose, andererseits durch Rekuperation während der Fahrt aufgeladen. Beim Tritt aufs Bremspedal wird zunächst Strom gesammelt, bevor dann nahtlos die eigentliche Bremse dazukommt. Nahtlos.
Je nach Fahrprogramm fährt der 500e wie man es braucht, also etwa rein elektrisch oder mit optimalem Zusammenspiel von Elektro- und Verbrennungsmotor. Ist ein Ziel ins Navi eingegeben, wird dabei sogar die Streckenführung berücksichtigt. Nettes Gimmick: Das Display zeigt an, wie viele Kilometer man insgesamt elektrisch zurückgelegt hat, also inklusive Rekuperation.
Auf der Minusseite stehen 200 Liter weniger Kofferraum und knapp 2,4 Tonnen Eigengewicht.
Unterm Strich
Alle Achtung, Mercedes greift im angestammten Münchner Sportteich weiter um sich und stellt weitere Konkurrenten für die M GmbH auf die Räder. Wobei das GLE-Coupé dem BMW X6 zwar vom Prinzip her ähnlich ist, vom Charakter her aber sicher eine etwas andere Klientel anspricht. Wer über ein SUV-Coupé nachdenkt, weiß auf Anhieb, ob er eher ein BMW- oder ein Mercedes-Typ ist. Die Ingenieure haben die Mannschaften aufgestellt - das Spiel beginnt bei den Händlern. Am 20. Juli mit dem GLE Coupé, am 12. September mit dem GLE.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… ein S-Coupé? Ansonsten lohnt je nach Bedarf ein Blick nach München oder nach Coventry
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