Zwar ist das Berliner Unternehmen nach fünf Jahren noch nicht aus den roten Zahlen raus, doch Umsatz- und Kundenentwicklung zeigen steil nach oben. So sehr, dass sich die etablierte Konkurrenz mehr und mehr unter Zugzwang sieht.
Online-Handel wächst rasant
Der Online-Handel ist insgesamt eine rasant wachsende Branche. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz nach Zahlen des Versandhandel-Branchenverbands um satte 41,7 Prozent. Der deutsche Handelsverband rechnet damit, dass der Verkauf über das Internet in diesem Jahr neun Prozent vom Gesamtumsatz im Einzelhandel ausmachen wird. In zehn Jahren dürften es geschätzte 25 Prozent sein. Doch so sehr wie Zalando wachsen wenige.
Das junge Unternehmen mit dem hippen Ruf legte im vergangenen Jahr beim Umsatz um mehr als 50 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu. 13 Millionen Kunden bestellen mehr oder weniger regelmäßig - und schicken in etwa die Hälfte einmal anprobiert wieder zurück. Schuhe, einst der Renner, gibt es zwar noch. Mehr Geschäft machen die Berliner neuerdings aber mit Jeans, Tops oder Röcken.
Otto arbeitet an Geheimprojekt
Dieser rasante Aufstieg gibt den Branchenriesen zu denken. Denn Otto, Deutschlands größter Onlinehändler für Mode, verliert Marktanteile. Die analogen Katalog-Zeiten sind zwar auch hier lange vorbei und damalige Konkurrenten wie Quelle aus dem Feld geschlagen. Weltweit fuhr die Otto-Gruppe im Geschäftsjahr 2012/13 einen Online-Umsatz von 5,3 Milliarden Euro ein. Doch trotzdem sieht sie Nachholbedarf in Sachen Online-"Kreischalarm".
Was die Hamburger genau vorhaben, ist ein streng gehütetes Geheimnis namens "Collins". So viel verraten die Macher seit wenigen Tagen in einem Blog: Im Frühjahr wollen sie mit mehreren Shops starten, die Mode und Wohnaccessoires an junge Leute verkaufen. "Junge Leute wie wir", sagt der langhaarige Geschäftsführer Tarek Müller. Die Menschen werden künftig anders einkaufen, versprechen sie - ohne zu sagen, wie. Nur so viel verrät Einkäuferin Karen Haust: "Es gibt nicht mehr den einen Look" und Mode-Blogs sollen Inspiration sein.
Entwickelt wurde "Collins" von Benjamin Otto, dem Enkel des Otto-Gründers. Die Erwartungen in der Branche sind hoch, wird doch ein dreistelliger Millionenbetrag investiert. Mit Sätzen wie "Wir sind ein Modeunternehmen, aber auf jeden Fall auch ein Technologieunternehmen" erinnert die Truppe schon jetzt stark an die Zalando-Gründer Oliver, Marc und Alexander Samwer. Deren ehemalige Chefdesignerin Clarissa Labin haben sie auch schon ins Boot geholt.
Zalando könnte bald an die Börse gehen
Doch eins soll anders laufen beim Otto-Youngster: "Am Ende des Tages muss im Wirtschaftsleben ein Unternehmen Gewinn machen", sagt der stellvertretende Otto-Vorstandschef Rainer Hillebrand. Er spielt darauf an, dass Zalando auch nach fünf Jahren noch kein Geld verdient. Stattdessen schlagen bei den Berlinern Anlaufkosten von etlichen 100 Millionen Euro zu Buche.
Genau deshalb, so wird spekuliert, müsste Zalando bald den nächsten Schritt gehen: Den an die Börse. So könnten Investoren ihr eingesetztes Kapital verzinsen. In Finanzkreisen heißt es, Zalando suche bereits Banken, die das Unternehmen noch in diesem Jahr an den Kapitalmarkt begleiten. Möglicherweise gehe es schon im Sommer los.
Geschäftsführer Rubin Ritter hält sich bedeckt: Der Börsengang sei eine "interessante Option für die Zukunft", sagt er. Mit der Umwandlung zur Aktiengesellschaft hat Zalando im Dezember immerhin die theoretischen Voraussetzungen dafür geschaffen. Und auch die roten Zahlen dürften nicht stören. Denn schließlich startete auch der Kurznachrichtendienst Twitter vor wenigen Monaten fulminant an der Börse durch, Verluste hin oder her.
Kleine Geschäfte sind Opfer des Online-Booms
Während die Onlinehändler über steigende Umsätze jubeln und Zalando schon über den Börsengang nachdenkt, kämpfen viele kleine Geschäfte in Europa allerdings um die Existenz. In Köln warnte der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels vor einem Ladensterben.
Betroffen seien vor allem die Randlagen der Großstädte, aber auch kleine und mittlere Kommunen. Seit der Jahrtausendwende sei die Zahl der Bekleidungsfachhändler allein in Deutschland jährlich um rund 1.000 Unternehmen gesunken. Während es im Jahr 2000 noch mehr als 35.000 Textilhändler gab, sei diese Zahl aktuell auf nur noch 20.000 gesunken, sagte Verbandspräsident Steffen Jost.
"Online boomt, während dem mittelständischen Einzelhandel ja schon fast das Sterbeglöckchen geläutet wird. Tatsächlich ist der Onlinehandel derzeit sicherlich der größte Gewinner im Wettbewerb", sagte Jost. Probleme bereite etwa den mittelständischen Modehändlern eine zurückgehende Zahl von Einkaufswilligen in den Städten. "Da die Menschen ihr Leben zunehmend vom heimischen Computer aus organisieren, verringern sich die Chancen für Impuls- und Lustkäufe", klagt er.
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