Zu viel Datenschutz

Unfallchirurgen: „DSGVO gefährdet Menschenleben“

Web
28.10.2021 12:14

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gefährdet nach Ansicht von Unfallchirurgen Menschenleben in der Notfallmedizin. Die Übermittlung von Patientendaten wie Blut- oder EKG-Werte an ein Krankenhaus setze laut der Verordnung die aktive Zustimmung der Betroffenen voraus, was aber bei Schwerverletzten oft nicht möglich sei, erläuterte Dietmar Pennig, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie am Rande eines Fachkongresses in Berlin. „Das ist unverantwortlich!“, kritisierte er.

Wenn bewusstlose Patienten keine aktive Zustimmung geben könnten und dadurch eine Übermittlung der Daten verboten sei, behindere dies die Lebensrettung und die Überlebenschancen sänken, so Pennig. „Technisch können wir die Daten problemlos übertragen, aber wir dürfen es nicht, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar ist zur Einwilligung.“ Er forderte daher zur besseren Notfallversorgung der Patienten eine Anpassung der Datenschutzregeln. „Ich kenne keinen Schwerstverletzten, der ansprechbar war, und die Datenweitergabe zu seiner Lebensrettung abgelehnt hat.“

DSGVO erschwert Datenbank-Nutzung
Der Experte verwies in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Traumaregister, in welches die rund 800 teilnehmenden Krankenhäuser Daten zu jedem Notfall eingeben. Basierend auf diesen Daten werteten Experten alle drei Jahre aus, welche Behandlungen bei welchen Verletzungen und welchen Patienten die besten Resultate erzielten, um künftig höhere Behandlungserfolge und Überlebenschancen zu erreichen, so Pennig. Die DSGVO erschwere den Kliniken jedoch die Einpflege dieser Daten aufgrund rechtlicher Vorgaben, was zu einem Rückgang der Nutzung des Registers führe.

„Die Zahl der eingegebenen Patientenfälle sinkt durch die DSGVO dramatisch. Allein 2019 sank die Aufnahmequote um 17 Prozent“, sagte Pennig. Er befürchtet daher, dass die Zahlen nicht mehr valide, also nicht mehr belastbar für Verbesserungen, sind.

Übertrieben und praxisfern
Schuld daran ist nach Ansicht des Experten die übertriebene Interpretation der Datenschützer zum rechtssicheren Umgang mit dem Datenschutz, welcher gleichzeitig praxisfern sei, was ihn ärgert: „Wir wollen pseudonymisierte Daten rechtssicher verwenden, auch ohne Einwilligungserklärung“, und ergänzt: „Schwerstverletzte und Verstorbene können keine Einwilligung geben. Die gesetzliche Datensicherung ist in diesem Fall absurd.“

Er fordert daher: „Ein Registergesetz senkt die DSGVO-Hürden und unterstützt die Lebensrettung. Mit einem Registergesetz können Datenschützer und Unfallchirurgen gut leben, und viele Schwerstverletzte im wahrsten Sinne auch.“

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