Herr Klingler, wann und wie sind Sie auf die Idee gekommen, "Wishdom" ins Leben zu rufen?
"Mein Geschäftspartner, der Herr Sauerwein, und ich, wir kommen beide aus der Kommunikationsbranche und waren deshalb daran interessiert zu wissen, was die Leute denken und wie sie ticken. Irgendwann sind wir im Flugzeug gesessen, haben aus dem Fenster rausgeschaut und uns gedacht: 'Es ist eigentlich wirklich Wahnsinn, wie viele Leute es gibt. Mein Gott, wenn man nur wüsste, was die Menschen denken.' Da kommt man dann irgendwann auf die Wünsche und stellt fest, dass Wünsche eigentlich nie abgefragt werden. Dass alle Köpfe voller Wünsche sind, aber die meisten Wünsche unerfüllt und auch unkommuniziert in den Köpfen bleiben. Wir haben uns dann mit dem Thema Wunsch sehr stark auseinandergesetzt und sind draufgekommen, dass das Thema Wunsch weltweit nicht beackert, erforscht oder beschrieben wird. Es gibt auch keine aussagekräftigen Bücher, keine Werke über das Thema Wunsch, keine sogenannte Wunschforschung. Und dann haben wir uns gedacht 'Okay, dann besetzen wir das' und haben relativ lang daran herum gefriemelt, wie man das komplexe Thema Wunsch auf den Boden bringt, oder, um ein Marketingwort zu verwenden, clustern kann."
Ist es nicht sehr gewagt, mit dieser Idee an den Markt zu gehen? Schließlich sollte man davon ausgehen, dass sich zwar viele Menschen etwas wünschen, aber nur wenige auch bereit sind, etwas zu geben.
"Dazu kann ich eine Zahl nennen: Wir sind jetzt nach drei Monaten ohne Werbung bei rund 2.300 persönlichen Wunschseiten, die Leute, nachdem sie sich angemeldet haben, reingestellt und gestaltet haben. Von denen wurden so ungefähr 130 erfüllt. Wenn man das hochrechnet, liegen wir irgendwo zwischen fünf und sechs Prozent. Für jeden, der Marketing kennt, eigentlich eine super Rücklaufquote. Jeder 15. bis 20. Wunsch wird auf unserer Seite früher oder später erfüllt, und das ist eigentlich nicht schlecht."
Was sind die häufigsten Wünsche von Herr und Frau Österreicher?
"Es gibt sehr viele Wünsche, die sich um das Thema Reisen drehen: Familien, die ihren Kindern gerne mal einen Urlaub am Meer bieten möchten, die eine bestimmte Reise wiederholen wollen, bis hin zur Hochzeitsreise. Ein anderes großes Thema ist Mobilität: 'Ich hätte gerne irgendein Auto, das fährt', 'Ich möchte eine Jahreskarte haben', 'Ich würde gerne wo mitfahren' oder das berühmte 'Ich möchte einen Tag im Lamborghini verbringen'. Viele Wünsche drehen sich auch um den Bereich Wohnen, und dann gibt es einfach unglaublich viele extrem kreative Wünsche. Jemand ärgert sich etwa über das Auto seines Freundes, der kriegt jetzt ein neues und möchte mit dem Panzer über das alte darüberfahren. Ein anderer möchte zum Beispiel eine Bibliothek in der Nacht aufgesperrt bekommen, damit er mal in Ruhe lesen kann. Viele witzige und interessante Wünsche, wo auch ein unglaubliches Potential an Unterhaltungswert da ist."
Welche Wünsche werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erfüllt werden können?
"Es gibt sehr viele undefinierte Wünsche, wenn jemand etwa gerne hätte, dass sich in seinem Leben etwas ändert. Schwierig zu erfüllen sind eigentlich auch Wünsche von Menschen, die nichts über sich erzählen. Es gibt Leute, die wollen kein Foto reinstellen, die sagen nichts über sich. Da zeigt bei uns die Statistik, dass diese Wünsche nicht erfüllt werden. Weil die Leute ja wissen wollen, wer ist der andere. Was wir grundsätzlich nicht erfüllen, sind reine Geldwünsche. Wenn jemand sagt 'Ich brauche 10.000 Euro', dann fliegt das bei uns raus. Wenn er jedoch sagt, er hat eine ganz bestimmte Idee und er braucht Hilfe in einem Bereich, ein Startkapital, dann ist das durchaus möglich. Wir wollen ja nicht zu einer Bettel-Seite verkommen."
Nachdem Sie auch bereits in Deutschland gestartet sind: Wo wird mehr gewünscht: in Österreich oder bei den deutschen Nachbarn?
"Ganz klar in Österreich. Wobei das auch von der Größe des Marktes abhängt. Man ist schneller präsent, weil die Medienlandschaft zentraler ist. Momentan ist der Anteil der Österreicher im Vergleich zu Deutschland statistisch hoch. Interessant ist aber, wenn man sich die Wünsche und deren Qualität im Detail anschaut, dass dann die Österreicher kreativer sind."
Vielleicht sind die Deutschen nur einfach glücklicher und haben gar nicht erst das Verlangen, ihre Wünsche kundzutun?
"Das glaube ich nicht. Es kommt eben auch stark darauf an, wie ich meinen Wunsch formuliere. Das ist wie bei einer guten Partnerschaftsannonce. Anhand des persönlichen Profils kann man ja sehr gut erkennen, mit was für Leuten man es zu tun hat. Wenn einer auf einen Schlag fünf Wünsche reinstellt, dann lässt sich schon ziemlich genau beurteilen, ob dieser Mensch mir sympathisch ist oder nicht."
Sind es eher die Männer oder die Frauen, die ihre Wünsche offenbaren?
"Wir haben momentan einen minimalen Frauenüberhang, ich glaube, es sind 55% zu 45%. Ich glaube, dass Frauen der Idee hinter 'Wishdom' jedoch grundsätzlich offener gegenüberstehen. Zu Beginn waren die Frauen weniger skeptisch, jetzt kommen die Männer nach und sagen: 'Ja, stimmt. Das funktioniert wirklich.' Das sieht man übrigens auch bei Journalisten. Die Journalisten, die am Anfang am begeistertsten waren, waren eher weiblich und die Männer haben gefragt, wo der Haken ist."
Dann sagen Sie es mir: Wo ist der Haken? Gibt es tatsächlich Menschen, die ihr Hab und Gut freiwillig verschenken?
"Es geht ja nicht nur ums Verschenken. Ich nenne da als Beispiel immer ganz gerne eine pensionierte Deutsch-Lehrerin, die auf Wunsch jemandem Deutsch beibringen möchte. Sie habe die Fähigkeit und das Wissen und fände es schade, wenn niemand davon profitieren könnte. Oder in Tirol gibt es einen alten Mann, der noch auf traditionelle Art und Weise Jägerzäune zusammensteckt und dieses Wissen gerne weitergeben würde, da dieses Handwerk sonst mit ihm aussterben wird. Also hier geht es um viel mehr. Ich bin mir sicher, wenn Sie sich zehn Wünsche anschauen, ist locker einer dabei, den sie erfüllen könnten. Vielleicht, weil man etwas ganz besonders gut kann, das Go-Kart zu Hause im Keller sowieso nur Staub fängt oder die Ferienwohnung der Oma die meiste Zeit ohnehin leer steht. Das heißt, es ist auch keine große finanzielle Geschichte."
Wo schon von Finanzen die Rede ist: Wie finanzieren Sie sich? Die Bewerbung auf einen Wunsch ist ja auch mit Kosten verbunden...
"Grundsätzlich funktioniert 'Wishdom' folgendermaßen: Ich stelle meinen Wunsch an die Welt hinein, versehe das Ganze vielleicht mit Bildern und hoffe, dass mir dieser Wunsch erfüllt wird. Der andere Weg ist, dass ich ein Angebot mache. Es gibt zum Beispiel einen Mann, der einen alten Mercedes zu vergeben hat. Das Geld ist ihm nicht so wichtig. Dennoch hat derjenige ja bestimmte Vorstellungen von dem Menschen, der den Wagen kriegen soll. Und das fragen wir mittels Fragebogen ab, damit eben nicht wie beim Gewinnspiel Millionen Menschen da drauf gehen und sagen 'Ich probier's mal'. Es ist eine Schutzgebühr, die einfach dazu dient, dass eben nicht jeder Mensch wahllos viele Angebote wahrnimmt und sich drauf bewirbt. Das ist allerdings nur ein kleiner Teil des Einkommens. Wir finanzieren uns eines Tages, denn wir sind ja erst gestartet, klassisch über Online-Werbung und bieten zudem Unternehmen die Möglichkeit, Angebote, so genannte "Wishatorials", zu machen. Das wird dann als kommerzielles Angebot gekennzeichnet und wie eine Werbung auch bezahlt. Das ist auch in Ordnung, denke ich, denn wenn jemand etwas Gutes tun will, dann hat er hier ein Forum. Aber es ist wie alles im Internet: Die Einnahmen hängen direkt von der Menge der Besucher ab."
Es fällt ein wenig schwer zu glauben, dass es keine kommerziellen Hintergedanken geben soll.
"Der kommerzielle Gedanke ist einfach der, dass wir sagen, wenn wir eine große Wunschfamilie haben, dann können wir auch Wirtschaftspartner mit an Bord nehmen, die unser Angebot dann nutzen können und uns so die Seite finanzierennschplattform, ein Reich der Wünsche, durchaus Bestand haben kann."
Welchen persönlichen Wunsch müsste man Ihnen noch erfüllen?
"Dass die Leute begreifen, dass sich nicht alles nur ums Geld dreht und 'Wishdom' ein Signal ist, etwas Neues auszuprobieren. Mein Wunsch wäre, dass jeder Mensch seinen Wunsch, von dem er nicht weiß, wie er erfüllt werden soll, ins 'Wishdom' hängt, so wie ein Fischer einen Wurm auf den Haken. Wenn etwas anbeißt, ist es gut, wenn nicht, dann nicht. Es ist ja eine Win-Win-Situation: Der 'Wisher' bekommt seinen Wunsch erfüllt, und der 'Giver' darf sich glücklich schätzen, etwas Gutes getan zu haben."
Herr Klingler, vielen Dank für das Gespräch.
von Sebastian Räuchle
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