Cyber-Geld im Trend

Wall Street verliert Topleute an Bitcoin-Start-ups

Web
10.08.2015 13:45
Mit seinem Doktortitel in Finanzwissenschaften hätte es Timo Schläfer sicherlich weit gebracht bei Goldman Sachs. Doch der 34-Jährige gab die Welt der Milliardendeals und Millionenboni auf und gründete sein eigenes Unternehmen, Crypto Facilities, eine Handelsplattform für Derivate auf die Internetwährung Bitcoin. "Das ist Neuland", sagt Schläfer. "Es ist eine großartige Chance, an einer neuartigen Technologie mitzuarbeiten, die massives Potenzial hat." So wie er denken inzwischen immer mehr Topleute und kehren der Wall Street den Rücken.

Bisher hat die Cyber-Währung vor allem durch Betrugsfälle und Sicherheitslücken für Schlagzeilen gesorgt. Trotz des schlechten Rufs setzen einige Finanzexperten nun auf den Aufstieg der Währung: Hochbezahlte Wall-Street-Manager verlassen ihre Jobs, um Start-ups zu gründen, große Konzerne bauen eigene Bitcoin-Abteilungen auf. "Viele Leute kommen in die Bitcoin-Welt, weil sie inzwischen so groß geworden ist, dass man sie nur schwer ignorieren kann", sagt Jaron Lukasiewicz, Gründer der Bitcoin-Börse Coinsetter.

In diesem Jahr haben die Investitionen in Bitcoin-Firmen kräftig angezogen: Waren es 2014 noch insgesamt 339 Millionen Dollar (309 Millionen Euro), kam heuer schon allein in der ersten Jahreshälfte 375 Millionen Dollar zusammen. Angel List, ein Online-Marktplatz für Start-ups, die Geld suchen, zählt 814 junge Bitcoin-Firmen auf der Suche nach Investoren auf - vor einem Jahr waren es nicht einmal halb so viele. Und auch große Firmen suchen nach Bitcoin-Expertise: Im Juni stieg die Zahl der Stellenanzeigen für solche Jobs - zum Teil von großen Namen wie Intel, Amazon oder Citigroup - nach Angaben des Datenerhebers Wanted Analytics auf den Rekord von 306.

Bitcoin-Markt nicht ohne Risiko
Allerdings ist der Markt nicht ohne Risiko. Eine ganze Reihe von Bitcoin-Börsen ging Pleite - beim Konkurs des in Tokio ansässigen und einst größten Bitcoin-Handelsplatzes MtGox verloren Kunden 2014 rund 443 Millionen Euro. Manche Börsenbetreiber wurden verhaftet, der Vorwurf von Schneeballsystemen machte die Runde.

Dazu kommt die hohe Volatilität der Währung: 2013 war der Kurs der Bitcoins von weniger als 40 Dollar auf mehr als 1.100 Dollar in die Höhe geschnellt, um danach ähnlich schnell wieder zu fallen. Derzeit kostet die Internetwährung weniger als 266 Dollar. Insgesamt sind etwa 14,5 Millionen Bitcoins in Umlauf. Doch die Branche löst sich vom Schmuddel-Image. Sogar Deutschlands Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist in der Bitcoin-Welt aktiv.

Banken zahlen weniger Boni
Den 31-jährigen Paul Chou, Gründer und Chef von Ledger X, einer Handels- und Abwicklungsplattform für Bitcoin-Optionen, lockte die Aussicht auf hohe Gewinne in der Zukunft in die Welt der Internetwährung. Der Ex-Goldman-Sachs-Händler hofft, dass seine Firma bald als erstes Unternehmen der Branche von den Aufsichtsbehörden zugelassen wird und damit professionellen Anlegern Zugang zu Bitcoin-Optionen ermöglicht. "Ich habe sehr große Gehaltseinbußen in Kauf genommen als Gegenzug für Anteile an einem Unternehmen, die irgendwann viel Geld wert sein können", sagte er.

Eine Rolle spielt bei der steigenden Attraktivität der Bitcoin-Welt auch, dass viele Banken ihre Boni gekürzt haben. Spitzenleute suchten sich daher Alternativen, sagt Rick Henri Chan von Airbitz, einer Plattform für digitale Geldbörsen. Der 47-Jährige war vorher bei der Deutschen Bank, verdiente Millionen. Das Gehalt vermisse er. "Aber wir machen hier bei Airbitz etwas Besonderes. Und ich glaube, dass unsere Firma irgendwann viel mehr wert sein wird."

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