Date einen Häftling

Facebook-Gruppe verkuppelt Gefängnisinsassen

Web
29.01.2015 12:28
Eine Frau zu finden war für Patrick Baagö bisher nicht so einfach. Wegen Schwindeleien sitzt er derzeit im Staatsgefängnis Renbäk in Süddänemark eine Gefängnisstrafe von einem Jahr ab. Für die Liebesflaute haben er und sein Mithäftling Kim Uth Jensen nun eine Lösung gefunden: Über eine Facebook-Gruppe vermitteln sie Rendezvous in der Gefängniszelle.

"Wir machen das vor allem, um anderen Gefangenen dabei zu helfen, die Eine zu finden, die sie aus der kriminellen Ecke holen kann", erzählt Uth Jensen. "Damit sie etwas haben, wofür sie kämpfen können." Der 27-Jährige hat etwas, wofür er kämpfen kann: eine Freundin und zwei Kinder. Viele andere Häftlinge bekommen dagegen kaum Besuch - schon gar nicht vom weiblichen Geschlecht.

Das könnte sich in Zukunft ändern. Innerhalb von nur zwei Wochen hat die Facebook-Gruppe "Date en indsat" ("Date einen Häftling") mehr als 10.000 Mitglieder gewonnen, täglich stellen sich zahlreiche flirtwillige Däninnen darin vor.

Anziehendes Image
Dass die "Bad Boys" hinter Gittern auf die Frauenwelt so anziehend wirken, habe viele Gründe, meint die Kopenhagener Sexologin und Paartherapeutin Tanja Glückstadt. "Wenn man sich im Alltag ein bisschen langweilt, ist das eine schnelle Möglichkeit, ein bisschen Bestätigung zu bekommen", sagt sie. "Das gefährliche Image kann anziehend wirken." Gleichzeitig könnten sich die Frauen sicher fühlen - schließlich sitze der Herzbube hinter Schloss und Riegel. "Es ist ungefährlich, jemandem zu schreiben, der so weit weg ist."

Beim reinen Nachrichtenaustausch über Facebook muss es aber nicht bleiben. Nicht alle Häftlinge können zudem soziale Netzwerke nutzen. Das ist in Dänemark nur in Internetcafés in Jugendgefängnissen oder im offenen Vollzug wie in Renbäk der Fall.

"Häftling des Tages"
Um für ihre Mitinsassen Amor zu spielen, stellen Uth Jensen und Baagö regelmäßig in ihrer Gruppe einen "Häftling des Tages" vor. "Dafür haben wir einige Regeln - zum Beispiel wollen wir nicht, dass Pädophile und Gewaltverbrecher mitmachen", sagt Uth Jensen. Um "Häftling des Tages" zu werden, muss man mindestens 18 Jahre alt sein - und zum Beweis ein Dokument einschicken, auf dem vermerkt ist, wofür man einsitzt.

An Kandidaten mangelt es nicht. Da gibt es den 36-jährigen Mikkel aus Aarhus, der Anfang Februar entlassen wird. Den früheren Barkeeper Frederik, der sich für Fußball interessiert. Und eben Initiator Patrick. "Es gibt richtig viele, die mir die ganze Zeit schreiben", erzählt Baagö. "Hübscher Kerl", steht unter seinem Eintrag. "Hat unglaublich schöne Augen." Und: "Ich hab ihn zuerst gesehen!"

Auf ein Abendessen bei Kerzenschein im Aufenthaltsraum hoffen die Frauen aber vergebens. "Leider dürfen wir hier drinnen keine Kerzen haben", sagt Baagö. Für ein Date hinter Gittern hätte er trotzdem schon einige Ideen: "Ich würde einen gemütlichen Spaziergang mit ihr machen, ihr etwas Leckeres kochen", meint der 25-Jährige. "Man kann einen Film mit ihnen ansehen, es gibt hier drinnen viele Möglichkeiten."

Liebe nach dem Knast
Der sichere Flirt hinter Gefängnismauern lasse die Frauen womöglich aber die Konsequenzen für das Leben nach dem Knast vergessen, glaubt Paartherapeutin Glückstadt. "Es ist schwer, diese Art von Magie in den Alltag zu übertragen." Die Vorstellung, dass die neue Partnerin den Ex-Häftling zurück auf den richtigen Weg bringe, sei oft utopisch. Die kriminelle Vergangenheit müssten die Männer selbst hinter sich lassen. "Wenn das Ziel für die Gefangenen ist, dass eine Frau sie retten soll, glaube ich, dass die Chancen schlecht stehen."

Die dänischen Gefängnisbehörden sind zuversichtlicher: Wer nach der Haft eine Freundin habe, werde seltener rückfällig, heißt es dort.

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