Firefox & Sailfish

Betriebssystem-Underdogs am MWC ausprobiert

Elektronik
28.02.2014 09:00
Auch wenn der Markt für Mobilbetriebssysteme längst aufgeteilt scheint, versuchen immer noch neue Anbieter, ihr Stück vom Smartphone-Kuchen zu erobern. Zwei davon haben am Mobile World Congress in Barcelona die Produkte ihrer Bemühungen ausgestellt: Firefox OS von den Machern des gleichnamigen Browsers und Sailfish OS von Jolla, einem von ehemaligen Nokia-Mitarbeitern ins Leben gerufenen Unternehmen. krone.at hat sich die Betriebssystem-Underdogs vor Ort genauer angesehen.

Obwohl die drei großen Plattformen Android, iOS und Windows Phone den Smartphone-Markt mittlerweile fast restlos unter sich aufgeteilt und einst große Gegner wie Blackberry in die Bedeutungslosigkeit verdrängt haben, will man bei Mozilla mit Firefox OS noch ein weiteres Betriebssystem etablieren. Allerdings peilt Firefox OS eine andere Zielgruppe als viele Konkurrenten an: Menschen, die nach günstigen Smartphones suchen - etwa in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Entsprechend unspektakulär war die Hardware, auf der am Mobile World Congress Firefox OS demonstriert wurde. ZTEs Firefox-Handy Open C (siehe Bild) etwa bietet einen 1,2 Gigahertz schnellen Dual-Core-Prozessor, 512 Megabyte RAM, ein vier Zoll großes Display mit 800 mal 480 Bildpunkten, vier Gigabyte Speicher und eine Kamera mit drei Megapixeln Auflösung. Ein anderes Firefox-Handy, ZTEs Open II, bietet auf 3,5 Zoll Diagonale nur 480 mal 320 Pixel Auflösung, 256 Megabyte RAM, zwei Gigabyte Speicherplatz und eine Zwei-Megapixel-Kamera.

Relativ intuitiv für Android-Umsteiger
Beim Ausprobieren des Open C waren wir ob der relativ schwächlichen Hardwareausstattung erstaunt über die Flüssigkeit, mit der Firefox OS auf dem Gerät lief. Ruckler hielten sich in Grenzen, auch Apps starteten ausreichend schnell. Das Bedienkonzept selbst erinnert an Android: Mehrere Homescreens, auf denen die Apps angeordnet sind, stehen bereit. Am unteren Rand befinden sich die fix platzierten Verknüpfungen für Telefon-, SMS- und Kamera-App sowie den Browser. Ein Benachrichtigungsbereich, wie man ihn auch bei Android vorfindet, ist durch einen Wisch am oberen Bildschirmrand zugänglich.

Für Android-Umsteiger sollte Firefox OS also ziemlich intuitiv bedienbar sein - jedenfalls intuitiver als die massiv veränderte Android-Variante, die Nokia am Mobile World Congress mit seinen X-Smartphones einführte (siehe Infobox). Dass die Firefox-OS-Apps auf HTML5 basieren, also im Grunde mobile Websites sind, sollte es Entwicklern einfach machen, Anwendungen und Internetdienste für das Mozilla-System verfügbar zu machen. Schon jetzt stehen viele populäre Online-Dienste - Twitter, Facebook, YouTube, um nur ein paar zu nennen - für Firefox OS bereit. Noch unklar ist, ob Firefox-Handys in absehbarer Zeit auch in Österreich zu haben sein werden. Vorerst wolle man sich auf Lateinamerika und Osteuropa konzentrieren, hieß es auf Nachfrage.

Sailfish OS momentan nur auf einem einzigen Smartphone
Während Firefox OS auf mehreren Geräten von ZTE und auch Alcatel gezeigt wurde, verrichtet das finnische Mobil-Linux Sailfish OS aktuell nur auf einem einzigen Smartphone seinen Dienst: dem Jolla, das genauso heißt wie sein Hersteller. Das bietet Mittelklasse-Hardware, unter anderem einen 1,4 Gigahertz schnellen Snapdragon-400-Doppelkernprozessor, ein Gigabyte RAM, 16 Gigabyte Speicherplatz, eine Acht-Megapixel-Kamera und LTE. Das Display löst mit 960 mal 540 Pixeln auf 4,5 Zoll eher niedrig auf.

Im Gegensatz zu Firefox OS richtet sich Sailfish OS nicht nur an Einsteiger, sondern will eine benutzerfreundliche Alternative zu den etablierten Smartphone-Systemen sein. Beim ersten Ausprobieren gefiel uns vor allem das minimalistische, moderne Design des Betriebssystems, das sich sogar über NFC-Wechselcover automatisch an das Äußere des Handys anpasst. Weniger gefiel hingegen die nicht sonderlich intuitive Bedienung. Weil das Betriebssystem auf Gesten basiert - ein Wisch von oben nach unten beendet etwa Programme, ein langsamer Wisch von der Bildschirmmitte nach unten öffnet das Kontextmenü, ein Wisch vom Rand in die Mitte öffnet den Taskmanager - ist man beim Erstkontakt mit Sailfish OS zunächst einmal heillos überfordert.

Glücklicherweise ist ein Tutorial vorinstalliert, das die wichtigsten Bedien-Kniffe binnen weniger Minuten vermittelt. Und hat man das Bedienkonzept erst einmal durchschaut, funktioniert es auch ganz gut. Erfreulich: Die Software zeigte im Test keinerlei Ruckler oder sonstige Aussetzer und ermöglichte trotz der eigentlich nicht allzu potenten Hardware eine durchwegs flüssige Bedienung.

Genug App-Auswahl dank Android-Kompatibilität
Ausgesprochen praktisch: Jollas Sailfish OS ist kompatibel zu Android-Anwendungen. Auf dem von uns getesteten Smartphone war zusätzlich zum Sailfish-Anwendungsmarktplatz der russische "Yandex"-Store vorinstalliert, über den zahlreiche Android-Anwendungen erhältlich sind. Den gleichen Store können unter anderem auch Käufer eines Nokia-X-Smartphones mit Android statt Googles Pendant nutzen. Gefühlt liefen die Android-Apps auf Sailfish OS nicht schlechter als auf einem Android-Handy.

Momentan ist Jollas Smartphone mit Sailfish OS nur in Finnland im Handel erhältlich, dort bietet es sogar ein großer Mobilfunker mit Vertrag an. Der Rest Europas muss bei Interesse an dem System auf den Online-Shop des Herstellers ausweichen und nicht ganz günstige 400 Euro berappen. Auf Nachfrage am Jolla-Stand am Mobile World Congress wurde uns gesagt, dass man die Geräte nach ganz Europa liefere.

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