Erlebnis in der Kälte

Ganz im Norden Norwegens ist die Show draußen

Reisen & Urlaub
13.10.2012 17:00
Mit dem Hurtigruten-Schiff zu Königskrabben, Schlittenhunden und Schneehotel im äußersten Norden Norwegens: eine eindrucksvolle Reise, die in den Wintermonaten ganz besondere Reize bietet.

Als schnelle Route für den ganzjährigen Postverkehr entlang der mehr als 2.700 Kilometer langen norwegischen Küste, auch bei nächtlicher und winterlicher Dunkelheit, wurde die Hurtigruten-Linie 1893 eingeführt. Seither sind ihre Schiffe bei Sonne, Wolken, Regen, Sturm, Schnee und Eis zwischen Bergen und Kirkenes an der russischen Grenze unterwegs. Pünktlich, hurtig – und doch sehr gemütlich.

Post nehmen sie mittlerweile keine mehr mit, für den Güter- und Reiseverkehr entlang der von Fjorden zerklüfteten Küste, mittlerweile stellen aber Touristen etwa 50 Prozent der Passagiere. Sie haben komfortable Kabinen zur Verfügung – die historischen Hurtig-Schiffe waren zuverlässig und wirken immer romantisch, hatten aber wenig Bequemlichkeit zu bieten. Das ist längst nicht mehr so, es gibt ausgezeichnete Bordrestaurants, großzügige Salons, Bibliothek, Shops – und doch sind die 2003 gebaute "Midnatsol" und ihre etwas älteren Schwesternschiffe keine normalen Kreuzfahrtschiffe.

"Die Show ist draußen" 
Der Unterschied liegt vor allem im Bordprogramm: Das gibt es nämlich kaum. "Die Show ist draußen", sagt die fürs Wohl der immerhin bis zu 1.000 Passagiere zuständige Kari lachend, wenn man sie nach Unterhaltungsmöglichkeiten fragt. Es werden keine Hollywoodfilme gezeigt, es gibt keine Konzerte, kein Theater, keine Band, keine Disco.

Nur Dokumentarfilme – und zwar genau über die "Show draußen": die zu jeder Jahreszeit fantastische zerklüftete Küste Norwegens, den endlos weiten Himmel – und vor allem das Nordlicht, auf dem großen Foto links in voller Pracht zu bewundern.

Aurora Borealis ist der Höhepunkt, auf den bei winterlichen Hurtigruten-Reisen jeder wartet – den aber nicht jeder zu sehen bekommt. Der Prospekt preist es als "beinahe tägliches Spektakel"; außer Menü und Ausflügen ist auf dem Tagesprogramm nichts den Reisenden so wichtig wie eine Ankündigung der rätselhaften Erscheinung, garantiert kann der zauberhafte Schimmer am dunklen Himmel allerdings nicht werden. Bei Bewölkung sind die Atome der hohen Erdatmosphäre, die durch Sonnenstrahlung zum Leuchten angeregt werden (so die wissenschaftliche Erklärung des rätselhaften Phänomens), eben nicht zu sehen.

Wir mussten uns mit der poetischen Beschreibung von "Kaskaden, die über das Himmelsgewölbe rasen, Gebilden, die plötzlich entstehen und sich mit unglaublicher Geschwindigkeit vorwärts bewegen, grüngelben Lichtern, die dann rötlich-violett werden" begnügen, und mit dem Film. Bedauerlich, aber kein Drama.

Norwegens Himmel eine Reise wert 
Norwegens Himmel ist auch ohne dieses Lichtspiel die Reise wert. Im Sommer, wenn am Nordkap von 13. Mai bis 31. Juli die Sonne nicht wirklich untergeht, aber auch im Winter. Zur Weihnachtszeit, wenn es im nördlichen Abschnitt der Reise immer dunkel ist, sind die Fahrten sogar ausgebucht, und dann wird es schnell wieder heller. Extrem reizvoll ist im Norden gerade die lange Dämmerungszeit – an Deck bekommt Fern-Sehen eine neue Bedeutung. Wer "hurtig" unterwegs ist, braucht keine Ablenkung durch zig TV-Programme oder bunte Abende. Landschaft und Himmel als Kulisse genügen. In wetterfester Kleidung kann man stundenlang ums Deck spazieren oder einfach nur stehen und staunen. Freien Blick auf Fjorde und Meer gibt es auch aus der Sauna und dem Whirlpool an Deck: Entspannter geht's nicht.

34 Anlegestellen sorgen zusätzlich für Abwechslung: Auf der zwölftägigen Rundreise Bergen–Kirkenes–Bergen wird jede von ihnen einmal auch bei Tag angelaufen. Spaziergänge auf eigene Faust und geführte Landgänge führen in Städte wie Hammerfest, Tromsø mit seiner Eiskathedrale und Trondheim, ins Schiffsmuseum von Stokmarknes, zu den Fischern der Lofoten.

Erlebnis im Schneehotel 
Die volle Rundfahrt ist aber kein "Muss": Wir zum Beispiel sind bis Kirkenes geflogen, mit dem Schiff nur südwärts gefahren und haben dafür den äußersten Norden ausführlicher erkundet. Wenn dort Schnee liegt, aber keine Dauer-Dunkelheit herrscht, ist das eine interessante Kombination: Jenseits des Nordkaps ist mehr zu sehen, als sich in einem einfachen Landgang bewältigen lässt, das Schneehotel bei Kirkenes ist dafür die ideale Basis. Angst vor Kälte ist dabei unbegründet. Gleich bei der Ankunft wird Ausrüstung "ausgefasst".

Enorme Schlafsäcke, die die Nacht auf aus Eisblöcken geschnitzten Betten im Rieseniglu direkt kuschelig machen, gehören dazu; dicke Überstiefel, Overalls, Anoraks, Socken, Fäustlinge, Sturmhauben, Fellmützen. Nichts für Figurbewusste, alles für die Bequemlichkeit. So ausgestattet, wird niemandem mehr kalt. Nicht bei der rasanten Fahrt mit dem Schneemobil über vereiste Seen und verschneite Felder, nicht beim Hundeschlitten-Fahren, nicht beim Schneeschuh-Spaziergang und schon gar nicht beim Langlaufen über einsame Loipen (dabei wird's sogar ganz schön warm).

Mit dem Schneemobil geht's auch zum Königskrabben-Fang, der spannend klingt, aber recht unspektakulär verläuft: Der "Fischer" versenkt einen Korb mit Katzenfutter aus der Dose in einem aus dem Eis gesägten Loch, die hungrigen, aus Sibirien importierten Königskrabben schnappen gierig zu und sind auch schon gefangen. Wenig später werden sie in einem riesigen Kessel genau 16 Minuten im Dampf gegart und in einer gemütlichen Hütte bei loderndem Kaminfeuer serviert: ein arktischer Festschmaus, der manches vielgängige Menü übertrifft.

Danach noch ein bisschen Bewegung, als Hundeschlitten-Fahrer oder Langläufer, und ab ins Eisbett. Dick eingepackt, und vom Nordlicht träumen: ein Show-Programm, das Las Vegas locker schlägt!

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