Inspektion bestätigt:

Viele Missstände bei Apple-Fertiger Foxconn

Elektronik
30.03.2012 08:20
Die von Apple selbst eingefädelte unabhängige Inspektion seines wichtigsten Fertigers Foxconn in China hat zahlreiche Missstände wie zu lange Arbeitszeiten sowie mangelhafte Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen aufgedeckt, wie die Fair Labor Association am Donnerstag mitteilte. Foxconn habe aber zugesagt, die Mängel zu beheben, hieß es. Neben Apple gehören auch bekannte Anbieter wie Amazon, Dell, Nintendo, Hewlett-Packard, Samsung, IBM, Lenovo, Motorola, Sony und Toshiba zu den Foxconn-Kunden.

Die Fair Labor Association untersuchte drei Foxconn-Fabriken und befragte über 35.000 Arbeiter. In allen drei Werken sei die FLA-Obergrenze von 60 Arbeitsstunden pro Woche überschritten worden, ebenso wie die in China maximal erlaubte 40-stündige Arbeitswoche plus bis zu 36 Überstunden im Monat. Mehr noch: In heißen Produktionsphasen habe sogar die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit pro Kopf über 60 Stunden gelegen. Foxconn habe zugesagt, die Arbeitszeiten bis Juli 2013 auf die gesetzlichen Vorgaben zu bringen.

Foxconn verspricht Verbesserungen
Ein Problem ist allerdings, dass viele Foxconn-Beschäftigte selber länger arbeiten wollen, um mehr Geld zu verdienen. Foxconn versprach deswegen, die entgangenen Arbeitsstunden auszugleichen, illegalen Überstunden soll aber ein Riegel vorgeschoben werden. Zudem will Foxconn Sicherheitsmaßnahmen verstärken und die Unterbringung der Arbeiter verbessern. Dafür würden zusätzliche Wohn- und Kantinenkapazitäten aufgebaut.

"Apple und Foxconn haben sich mit unseren Empfehlungen einverstanden erklärt. Wir werden die Fortschritte prüfen und öffentlich berichten", sagte FLA-Chef Auret van Heerden. Die zugesagten Veränderungen würden das Leben der 1,2 Millionen Foxconn-Beschäftigten erheblich verbessern und einen neuen Standard für chinesische Fabriken setzen, betonte er.

Apple vereinbarte nach eigenen Angaben mit dem Unternehmen Foxconn weitreichende Verbesserungen in den chinesischen Fabriken. So soll der asiatische Auftragsproduzent diverser Apple-Produkte von iPhone bis iPad Zehntausende neue Arbeiter einstellen, wie Apple am Donnerstag nach der ersten offiziellen Reise des neuen Konzernchefs Tim Cook nach China mitteilte.

Gehalt deckt Grundbedürfnisse oftmals nicht
Fast zwei Drittel der Foxconn-Arbeiter (64 Prozent) sagten in der FLA-Umfrage, sie könnten mit dem Gehalt nicht ihre Grundbedürfnisse finanzieren. Dabei gelten die Einkommen bei Foxconn bereits als überdurchschnittlich in China, was die Jobs sehr begehrt macht. Die FLA werde die Lebenshaltungskosten in den Städten Shenzhen und Chengdu untersuchen, um zu prüfen, ob die Gehälter ausreichend seien.

Außerdem sei die Vergütung von ungeplanten Überstunden teilweise unfair geregelt, weil nur abgeschlossene 30-Minuten-Blöcke vergütet würden, erklärte die Organisation. Wer nach diesen Bestimmungen 28 Minuten arbeite, bekomme gar keine Überstunden bezahlt, bei 58 Minuten gebe es nur zusätzliches Geld für eine halbe Stunde.

Zahlreiche unregistrierte Zwischenfälle
Beleuchtet wurden auch die Sicherheitsbedingungen. Mehr als 43 Prozent erklärten, dass sie Zwischenfälle selbst erlebt oder beobachtet hätten. In dieser Zahl wurde alles Mögliche von Handverletzungen bis hin zu Unfällen mit Fabrikfahrzeugen zusammengefasst. Bei Foxconn seien bisher nur Zwischenfälle registriert worden, die zu einer Unterbrechung der Produktion führten. Das werde sich ab sofort ändern: Künftig soll jede Verletzung notiert werden.

Zugleich bescheinigte die FLA Foxconn Fortschritte bei der Prävention von Aluminiumstaub-Explosionen. Im vergangenen Jahr waren bei zwei solcher Detonationen in der iPad-Produktion vier Menschen getötet und 77 verletzt worden.

Debatte über "menschliche Kosten"
Apple war Anfang des Jahres als erstes Unternehmen der Elektronikbranche der FLA beigetreten, die unabhängige Inspektionen von Fabriken unternimmt. Zugleich macht der US-Konzern seit mehreren Jahren eigene Kontrollen bei Zulieferern, die ebenfalls viele Mängel aufdeckten. Die Arbeitsbedingungen bei Foxconn waren immer wieder scharf kritisiert worden.

Vor allem in den USA wurde zuletzt angesichts des Apple-Geldbergs von rund 100 Milliarden Dollar heftig über die "menschlichen Kosten" von iPhone und iPad diskutiert. Apple-Chef Cook hatte diese Woche auf seiner China-Reise auch ein iPhone-Werk von Foxconn besucht (Bild oben). Cook kennt die Fabriken gut: Er war lange für das Tagesgeschäft zuständig und hatte auch die Zuliefererkette neu aufgebaut.

Firmen drohen mit Abwanderung bei steigenden Kosten
Experten sehen in der Vereinbarung zwischen dem weltweit wertvollsten börsennotierten Konzern und Foxconn eine Bestätigung für die zunehmende Macht der chinesischen Arbeiter. Sie seien nun in der Lage, höhere Gehälter zu verlangen. Allerdings scheint es auch eine zweite Seite der Medaille zu geben. Einige Firmen haben sich bereits von der Volksrepublik abgewandt und in anderen Ländern nach günstigeren Arbeitern gesucht.

HP-Chefin Meg Whitman hatte im Februar in einem Reuters-Interview gesagt, eine Erhöhung der Arbeitskosten bei Foxconn würde sich auf die gesamte Branche auswirken. HP müsse dann genau schauen, wie viel der Kostensteigerungen an die Kunden weitergereicht würden. Experten rechnen allerdings kaum mit Folgen für die Verbraucher, da Personal-Ausgaben bei den meisten Technik-Produkten nur einen geringen Kostenfaktor darstellen.

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