Ex-ÖBAG-Chef packt aus

Schmid gesteht: „Mit Steuergeld Kurz finanziert“

Politik
18.10.2022 23:35

Am Dienstag wurde bekannt, dass Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) herangetreten ist, um möglicherweise einen Kronzeugenstatus zu erhalten. Und, dass er zur Casinos-Affäre 15 Tage lang ausgesagt hat. Die ersten Passagen aus dem Geständnis belasten Ex-Kanzler Sebastian Kurz schwer. Dessen Anwalt sprach am Abend von einem „Anpatzversuch“.

Ein Klima der Angst. Eine Stimmung, die sich aus den Aussageprotokollen mehr als erahnen lässt. Es ist Oktober 2021. Sebastian Kurz ist nervös.

Schmid gibt zu Protokoll: „Er hat mich rund um die Hausdurchsuchungen angerufen und mir gesagt, ich müsse jetzt eine schriftliche Stellungnahme abgeben, wonach er nichts von all diesen verfahrensgegenständlichen Vorwürfen wisse und ich die ganze Schuld auf mich nehmen solle.“

Es kam zu einem Treffen, nachdem Kurz Schmid offenbar mehrfach versucht hatte, anzurufen. Ein Treffen in der politischen Akademie der ÖVP. „Er meinte, er sei mir nicht böse. Ich habe gesagt, dass ich selbst nicht gewusst habe, dass diese Backups überhaupt noch existieren.“ Kurz habe ihn, Schmid, ersucht, das „Kastl“ herauszugeben.

Ex-Kanzler wollte sich selbst um Chats kümmern
Kurz wollte sich demnach selbst um die Chats kümmern, damit die ÖVP und das ganze Land nicht den Bach runtergehen würden. Der frühere ÖVP-Chef habe darauf gedrängt, dass Schmid ihm die Chats übermittle, auch jene betreffend seine engen Berater Bernhard Bonelli, Gerald Fleischmann, Johannes Frischmann und Axel Melchior. All dies ist im Kontext zu sehen mit dem „Beinschab-Tool“.

Dann sagt er einen Satz vor den Staatsanwälten, der Kurz und seine Vertrauten erschüttern wird. „Ich habe die ÖVP und Kurz aus dem Finanzministerium heraus gefördert, die Ressourcen des Finanzministeriums genutzt, um das Fortkommen der ÖVP unter Kurz zu unterstützen.“

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Ich habe Kurz aus dem Finanzministerium heraus gefördert, die Ressourcen genutzt, um das Fortkommen der ÖVP zu unterstützen.

Thomas Schmid am 21. Juni bei einer Einvernahme

Inserate waren „auf Kurz zu buchen“
Und Schmid erklärt weiter, wie die Inserate im Wahlkampf 2017 geschaltet wurden. „Fleischmann (enger Vertrauter von Kurz) sagte, dass die Inserate des Ministeriums ,auf Kurz zu buchen‘ sind. Damit meinte er, dass Kurz vorgeben konnte, welche Themen und welche Berichterstattung als Gegenleistung dafür in der Mediengruppe Österreich platziert würde.“

Diese Sätze sind eine schwere Belastung für Sebastian Kurz.

Aber damit nicht genug: Schmid belastet auch Wolfgang Sobotka - er hätte im Finanzministerium interventiert, wegen Steuerprüfung des Alois-Mock-Instituts, der Alois-Mock-Stiftung sowie bei der Erwin-Pröll-Stiftung. „Es ist dann im Sinne von Mag. Sobotka erledigt worden“, so der Ex-ÖBAG-Chef. Und auch zur Causa Wolf sagt Schmid: „Die im Akt dargestellte Verdachtslage trifft ebenfalls zu.“ Details dazu sind allerdings noch nicht publik. Gegen den Investor Siegfried Wolf wird wegen eines Steuernachlasses ermittelt.

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Zum Faktum Sigi Wolf bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die im Akt dargestellte Verdachtslage trifft ebenfalls zu.

Thomas Schmid über Wahlkampfinserate

„Habe begonnen, die Sache aufzuarbeiten“
Schmid begann seine Aussagen laut Protokoll damit, dass er einen Wandel in sich selbst durchgemacht habe. „Nach meinem Ausscheiden aus der ÖBAG habe ich beschlossen einen neuen Weg zu gehen und einen Schlussstrich zu machen. Ich habe begonnen, die ganze Sache aufzuarbeiten. Wir haben Dinge gemacht, die nicht in Ordnung waren.“ Schmid hatte die „Mission Kronzeuge“ zuvor streng geheim gehalten. Er täuschte dafür sogar seinen Anwalt - krone.at berichtete.

Auf der Festplatte von Schmid waren 300.000 Chats gefunden worden, die die Republik erbeben ließen. Sechs Delikte von Bestechung bis Amtsmissbrauch werden Schmid selbst vorgeworfen. Da er während der Tatzeit Beamter war, droht ihm das eineinhalbfache Strafmaß - sprich bei einer Höchststrafe von zehn Jahren sind es für ihn 15 Jahre. Es steht also viel auf dem Spiel.

Anwalt: „Beschuldigungen sind falsch“
Der Anwalt von Sebastian Kurz, Werner Suppan, wies Schmids Vorwürfe in einer knappen schriftlichen Stellungnahme Dienstagabend zurück: „Die von Schmid aufgestellten Behauptungen sind falsch.“ Dieser hoffe, „indem er alle anderen anpatzt und beschuldigt, den Kronzeugenstatus erwirken zu können. Seine Beschuldigungen sind falsch und das wird auch noch bewiesen werden“, glaubt der Rechtsanwalt des Ex-Kanzlers.

Sebastian Kurz selbst war zuvor nicht müde geworden, zu betonen, dass ihm die „Ermittlungen wurscht“ seien. Worte, die der Ex-Kanzler noch am Wochenende in Interviews äußerte. Diese echte oder auch gespielte Gleichgültigkeit endete Dienstag um 11.31 Uhr. Seither hat der Krimi rund um Thomas Schmid und die Chataffäre ein neues Kapitel. Und vor diesem zittern viele - nicht nur der Ex-Kanzler.

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