Kein Fahrer am Steuer

Tödlicher Crash: Neue Debatte um Teslas Autopilot

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20.04.2021 08:52

Tesla droht nach einem tödlichen Crash, bei dem vermutlich niemand am Steuer saß, eine neue Debatte über Sicherheitsvorkehrungen bei seinem Autopilot-System. In Texas raste ein Tesla mit zwei Insassen gegen einen Baum, beide kamen ums Leben. Die Polizei fand einen der Männer auf dem Beifahrersitz und einen auf der Rückbank. Tesla-Chef Elon Musk streitet ein Mitverschulden am Unfall ab: Ihm zufolge soll der Autopilot gar nicht aktiviert gewesen sein.

Nach vorläufigen Ermittlungen sei es zu „fast 99,9 Prozent sicher“, dass bei dem Unfall niemand am Steuer gesessen sei, sagte ein Polizeisprecher unter anderem dem „Wall Street Journal“. Das Auto brannte aus. Tesla selbst weist die Kunden darauf hin, dass Autopilot nur ein Assistenzsystem sei und deshalb der Mensch im Fahrersitz jederzeit die Hände am Lenkrad behalten müsse. Auch solle er stets bereit sei, die Kontrolle zu übernehmen. Doch schon seit Jahren tauchen im Internet Videos von Leuten auf, die im Straßenverkehr den Fahrersitz verlassen.

Tesla verschärfte vor einigen Jahren die Sicherheitsmaßnahmen: Die Software merkt, wenn der Fahrer die Hände nicht am Steuer hat und gibt nach kurzer Zeit Warntöne ab. Werden die Warnungen ignoriert, schaltet sich das System ab. Die US-Unfallermittlungsbehörde NTSB kritisierte die Vorkehrungen als unzureichend und den Namen Autopilot als irreführend. Am Montag nahm die Behörde Ermittlungen auf.  Zwei ihrer Experten seien zum Unfallort unterwegs, gab sie auf Twitter bekannt.

Es ist der 28. Unfall mit Tesla-Wagen, den die US-Verkehrssicherheitsbehörden mit Blick auf die Rolle der Autopilot-Funktion untersuchen. In den vergangenen fünf Jahren gab es drei Tesla-Unfälle mit Todesopfern in Zusammenhang mit automatisiertem Fahren. Für die Autoindustrie ist das ein kritisches Thema. Denn sie steckt Milliarden in die Entwicklung des autonomen Fahrens, das sich aber nur bei großem Vertrauen der Konsumenten in eine absolute Sicherheit verkaufen lässt.

„Autopilot nicht aktiviert“
Am Dienstag wurde Tesla zudem ein Durchsuchungsbefehl zugestellt, um Daten des Fahrzeugtyps Model S zu sichern, das in Texas verunglückt ist. Auslöser war ein Tweet des Firmenchefs Elon Musk: „Die bisher sichergestellten Datenprotokolle zeigen, dass der Autopilot nicht aktiviert war“, schrieb der Elektroauto-Pionier. Zu Begründung führte er an, dass das autonome Fahren nur bei Straßen mit Spurlinien aktiviert werden könne - diese Straße habe aber keine.

Der Lokalsender KPRC 2 berichtete, der Wagen in Texas sei nur wenige hundert Meter entfernt von dem Haus, von dem aus die beiden Männer losfuhren, gegen den Baum geprallt. Laut Polizei war das Tesla-Model S, Baujahr 2019, mit hoher Geschwindigkeit unterwegs, als es aus der Kurve flog. Die beiden Todesopfer seien auf dem Beifahrersitz und auf dem Rücksitz gefunden worden. Zeugen erklärten demnach, es habe sich um eine Testfahrt gehandelt, um vorzuführen, wie das Auto ohne Mensch am Steuer fahren kann.

Bei früheren Autopilot-Unfällen rasten zwei Autos in den USA unter Sattelschlepper, mehrere Wagen fuhren auf stehende Fahrzeuge oder andere Hindernisse auf. Es wurden bisher aber keine Unfälle bekannt, bei denen der Fahrersitz leer blieb.

Tesla: Autopilot verbessert Verkehrssicherheit
Tesla sowie Firmenchef Elon Musk betonen stets, die Statistik zeige, dass insgesamt deutlich weniger Unfälle passierten, wenn die Fahrer mit eingeschaltetem Autopilot-System unterwegs seien. Das Unternehmen bereitet in den USA die Einführung neuer Funktionen wie das automatische Erkennen von Ampelsignalen und Verkehrsschildern sowie das Beachten von Vorfahrtsregeln in der Stadt vor. Bisher können einige Nutzer die Fähigkeiten in einer Beta-Version der Software testen.

Tesla nennt diese nächste Evolutionsstufe von Autopilot „Full Self-Driving“ (etwa: komplett selbstfahrend), während es nach gängigen Kriterien weiterhin nur ein Assistenzsystem bleibt. Auch dieser Name sorgte für Kritik. Tesla-Käufer konnten das „Full Self-Driving“-Paket schon vor Jahren für mehrere tausend Dollar hinzubuchen.

Musk will das System mit der Zeit für vollwertiges autonomes Fahren fit machen. Schon vor Jahren stellte er in Aussicht, dass Teslas als Robotaxis Geld verdienen könnten, wenn der Besitzer sie nicht brauche. Seine Prognose, es könne bereits 2020 soweit sein, erwies sich aber als viel zu optimistisch.

Ohne Lidar unterwegs
Musk zeigt sich überzeugt, Teslas allein mithilfe von Kameras und Radarsensoren autonom machen zu können. Die meisten Entwickler selbstfahrender Autos setzen dagegen zusätzlich auf teurere Laserradare, die das Umfeld des Fahrzeugs erfassen.

Bei dem Unfall in Harris County in Texas wurde am Wochenende auch erneut ein Problem mit Elektroautos deutlich. Die Feuerwehr verwendete einem Lokalsender zufolge mehr als 100.000 Liter Wasser, weil sich die Batterien immer wieder entzündeten.

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