Was jetzt schon gesagt werden kann: An der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Medizinischen Universität Innsbruck wurden viele Notfälle und Belastungssituationen aufgrund familiärer Auseinandersetzungen registiert. Generell dürfte der Lockdown Schäden in der Entwicklung, im Sozialverhalten und der psychischen Gesundheit beim Nachwuchs hinterlassen.
Der Kontakt mit Freunden, der soziale Austausch mit Gleichaltrigen sowie der regelmäßige Schulbesuch sind wichtige Elemente des kindlichen Alltags und der psychischen wie psychosozialen Gesundheit von jungen Menschen. „Ein längerer Ausschluss aus diesen Lern- und Erfahrungsräumen richtet Schäden in der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung an und hinterlässt Spuren. Diese sind schon jetzt sichtbar. Sie werden sich aber auch für längere Zeit nach der Aufhebung der Restriktionen zeigen“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, deren Vizepräsidentin Univ.-Prof. Dr. Kathrin Sevecke ist.
„Im familiären Umfeld ist vieles durcheinandergeraten. Das Belastende war dabei weniger die reale Bedrohung durch das Virus, sondern das subjektive Erleben. Oft sind es Folgen wie beispielsweise wirtschaftliche Probleme der Eltern, die Kinder bedrohen und beunruhigen“, so die Expertin. In jungen Jahren fehlen soziale Kontakte und der Austausch mit Gleichaltrigen besonders, eine Tagesstruktur (Schule, Kindergarten, Sport, Veranstaltungen) gibt Sicherheit, auch in emotionaler Hinsicht. Das alles ist jetzt für längere Zeit weggefallen.
Freud und Leid im Lockdown
Die Fachärztin berichtet über drei verschiedene Effekte bei Kindern: Es gibt eine kleine Gruppe, die vom Lockdown eher profitiert hat. Das sind jene, die in der Schule großen Leistungsdruck verspürt haben oder gemobbt wurden und sich nun zuhause entlastet fühlten. Dieser Profit ist allerdings nur kurzfristig, denn mit Schulbeginn wird der Druck größer als zuvor sein. Nachteilig wirkt sich die Krise vor allem auf jene Kinder aus, die durch den fehlenden Zugang zu Sozialen Medien die Anbindung an Schule und Unterricht verloren haben. Schließlich gibt es noch jene Kinder, die unter dem Wegfall der sicheren Schulumgebung besonders leiden, weil sie in hoch pathologischen familiären Strukturen leben. " Besonders auffällig erscheint uns auch das vermehrte Konsumieren illegaler Substanzen bei jenen Jugendlichen, die schon vor der Krise Drogen konsumiert haben, so Prof. Sevecke.
Jetzt startet in Innsbruck eine Untersuchungsreihe, die langfristige Spuren der Corona-Krise aufdecken und als Basis für eine verbesserte Diagnostik bei psychischen Krankheiten im Kindes- und Jugendalter, sowie zur Entwicklung von Früherkennungstools dienen soll.
Karin Podolak, Kronen Zeitung
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB).