Viertür-Coupé-Pionier

Neuer Mercedes CLS: Eher friert die Hölle zu …

Motor
02.03.2018 12:25

„Eher friert die Hölle zu, als dass man ein viertüriges Auto Coupé nennen kann“, proklamieren Auto-Traditionalisten. Und wer ist schuld daran, dass wir darüber überhaupt diskutieren? Klar, der Daimler. Weil der hat das „viertürige Coupé“ quasi erfunden, als er im Jahr 2003 den ersten Mercedes-Benz CLS gebracht hat. Das war eine derart gute Idee, dass die Welle zur Flut wurde, mittlerweile auch auf SUVs übergeschwappt ist und nun die dritte Generation des CLS auf die Straße spült.

Bei der Fahrpräsentation fror zwar nicht die Hölle zu, aber Schnee, vereiste Straßen und Frost in Barcelona sind kaum weniger ungewöhnlich. Lamentieren wir also nicht über die Bezeichnung, sondern widmen wir uns dem starken Auftritt, den der CLS bietet.

Scharfe Kanten im Blech sind weichen Rundungen gewichen, statt der Pausbacken finden wir im Bereich der hinteren Kotflügel muskulöse Schultern. Die wie beim AMG GT leicht nach vorne geneigte Front nennen sie in Stuttgart Shark Nose, also Haifisch-Schnauze, weil sie in der Seitenansicht dem Raubfisch nachempfunden ist. Nichts eckt an (außer den Auspuff-Attrappen), alles fließt bzw. gleitet mit cW 0,26 durch den Wind, von dem man im hervorragend gedämmten Innenraum nichts wahrnimmt.

Ebendort geht es luftiger und praktischer zu als früher. Der Radstand ist mit plus 65 Millimeter noch mehr gewachsen als die Außenlänge (plus 51 mm auf 4,99 Meter), was den Insassen zugutekommt. Hinten können nun drei statt zwei Personen Platz nehmen, wenn die geteilte Lehne nicht den 520 Liter fassenden Kofferraum erweitert. Wesentlich höher ist der CLS nicht geworden - klar, was das für die Kopffreiheit hinten heißt.

Bling bling meets High Tech
 Wenig Fahrzeug-Innenräume sind so elegant - und zugleich so computerspielhaft bunt. Die Lüftungsdüsen wechseln je nach eingestellter Temperatur die Farben, statt Armaturen finden wir das durchgehende Riesen-Display aus der S-Klasse (optional, ohne Aufpreis), die Navitainmentbedienung ist auch hier gewöhnungsbedürftig und am Lenkrad sitzen Touch-Flächen wie am Blackberry. Mit denen surfen wir durch Menüs oder zeigen dem Autopiloten, dass man eh aufmerksam ist, während er uns selbsttätig lenkend und je nach Straßenführung und Tempolimit die Geschwindigkeit anpassend durch die Gegend kutschiert fährt. Auf der Autobahn klappt das meistens ganz gut, lediglich beim automatischen Spurwechsel haperte es mehrmals: Statt zu überholen, gab der CLS Gas. Auf kurvigen Landstraßen sollte man den aktiven Lenkassistenten abschalten, sonst droht ein Gerangel ums Lenkrad.

Vom Vierzylinder bis zum AMG - aber erst später
 Zum Marktstart (16. März 2018) gibt es drei Reihen-Sechszylinder-Motoren zur Wahl, wobei vor allem der Benziner (CLS 450 4matic) technisch spannend ist: Der integrierte Starter-Generator im 48-Volt-Bordnetz kann den 367-PS-Verbrennungsmotor kurzzeitig elektrisch mit 22 PS und 250 Nm unterstützen (und dadurch das Turboloch auffüllen) oder ein erweitertes "Segeln" ermöglichen.

Ein seidiges Fahrerlebnis bescheren auch die beiden 286 bzw. 340 PS starken Dreiliter-Diesel. Sie geben sich auch ohne E-Unterstützung keine Blöße und liefern bereits bei 1200/min. satte 600 bzw. 700 Nm maximales Drehmoment. Mit einem Normverbrauch von 5,6 l/100 km sind sie vorläufig die Sparefrohs (bis im Juni der Vierzylinder-Diesel kommt). Akustisch bekommt man lediglich ein einlullendes, fernes Brummen mit.

Ganz im Gegensatz zum Vierzylinder-Benziner, der im September nachgereicht wird. Der nervt mit angestrengt-pubertärem Sound, der aus den Lautsprechern kommt. Wer damit leben kann, bekommt ein sehr kräftiges Einstiegstriebwerk, das aus zwei Liter Hubraum 299 PS holt. Auch hier gibt es einen integrierten Startergenerator, allerdings steuert der nur 14 PS und 150 Nm bei.

Ein totaler Genuss ist die AMG-Version, die allerdings auch erst später eingeführt wird: Der Mercedes-AMG CLS 53 4matic+ fungiert als eine Art Einstiegsdroge in die AMG-Welt. Hier wird der Sechszylinder aus dem oben beschriebenen CLS 450 von einem zusätzlichen elektrischen Lader unterstützt und leistet 435 PS plus 22 PS aus dem Elektromotor. Je nach Fahrmodus ist die Akustik sanft sportlich oder - mit offener Auspuffklappe - dezent röhrend. Auf Lautsprecher-Sound wird hier dankenswerterweise verzichtet. Der 1905 kg schwere Wagen (DIN-Gewicht, ohne Fahrer) beschleunigt in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht mit Driver's Package 270 km/h (sonst 250 km/h).

Alle Versionen kommen mit gut abgestimmter Neungangautomatik und derzeit auch mit Allradantrieb. Es wird aber Modelle mit Hinterradantrieb geben.

Wer schnell sein will, muss zahlen
 Zum Markstart am 16. März 2018 kann man nur aus der Mitte der Preisliste schöpfen. Der günstigste CLS ist vorläufig der 350 d 4matic ab 82.290 Euro (CLS 400 d 4matic 87.250 Euro, CLS 450 4matic 91.090 Euro). Das ist eine Menge für ein Auto, das sich zwar nach S-Klassen-Sphären streckt, aber auf der E-Klasse basiert. Aber Style abseits jeglicher Taxi-Ambitionen und Ausstattungsunterschiede wie etwa LED-Scheinwerfer kosten. Dass Sitzheizung ab nicht grundsätzlich an Bord ist, lässt nicht nur im verschneiten Barcelona frösteln.

Warum?
 Elegantester CLS bisher
 Großartige Sechszylinder-Motoren
S-Klasse-Coupé-Feeling

Warum nicht?
 Vierzylinder-Benziner sehr kräftig, aber mit störender Akustik
 Zu viel Bling-Bling im Innenraum
Shooting Brake wird es nicht mehr geben

Oder vielleicht …
 … Audi A7, BMW 6er Gran Coupé, Porsche Panamera

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(Bild: KMM)
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