Wegen Browserwahl

Microsoft muss 561 Millionen Euro EU-Kartellstrafe zahlen

Web
06.03.2013 13:14
Eine angebliche Panne kostet den Softwareriesen Microsoft Millionen: Wegen unfairer Geschäftspraktiken muss der Konzern 561 Millionen Euro Geldstrafe an die Europäische Union zahlen. Das entschied die EU-Kommission in Brüssel. Microsoft habe versäumt, den Nutzern des Betriebssystems Windows 7 neben dem hauseigenen Internet Explorer verschiedene Browser von Konkurrenten für das Surfen im Internet anzubieten.

Nach Ansicht der EU-Kommission hat das US-Unternehmen mit dieser Praxis den Kunden die eigene Software aufgedrängt und die Hersteller anderer Programme blockiert. Der Konzern habe rund 15 Millionen Windows-Nutzern die Wahlfreiheit genommen - von Mai 2011 bis Juli 2012.

Microsoft-Kartellstrafen summieren sich auf 2,2 Milliarden
Seit Jahren gehen die Kartellwächter gegen Microsoft vor, weil der Konzern seine Softwareprodukte unrechtmäßig an sein Betriebssystem Windows koppelt. Das Unternehmen musste seit 2004 bereits mehrfach EU-Strafen zahlen. Insgesamt summieren sich diese inzwischen auf 2,2 Milliarden Euro.

Im jüngsten Fall hat der Konzern nach Ansicht der Wettbewerbshüter gegen eine zentrale Auflage aus einem früheren EU-Kartellverfahren von 2009 verstoßen. Damals hatte sich Microsoft verpflichtet, auf neuen Computern oder in neuen Windows-Paketen ein Auswahlfenster mit unterschiedlichen Browsern einzubauen. Die EU-Kommission wollte auf diese Weise verhindern, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung im Bereich der PC-Betriebssysteme weiter ausnutzen konnte. Mit der Selbstverpflichtung war das US-Unternehmen zunächst einer Strafe entgangen.

Windows 7: Service Pack 1 kam ohne Browserwahl
Doch der Softwarekonzern lieferte zwischen Mai 2011 und Juli 2012 die Softwareaktualisierung Service Pack 1 für Windows 7 ohne den Auswahlbildschirm für die freie Wahl des Webbrowsers aus. EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia sagte: "Die Nichteinhaltung ist ein schwerwiegender Verstoß, der mit entsprechenden Sanktionen belegt werden muss." Es sei das erste Mal, dass Brüssel wegen Verstoßes gegen eine solche Zusage erneut eine Strafe ausspreche. Dabei blieben die Kartellwächter aber weit unter der maximal möglichen Strafe von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes, im konkreten Fall mehr als fünf Milliarden Euro.

Der Konzern hatte das Versäumnis bereits im vergangenen Jahr eingeräumt und von einem "technischen Fehler" gesprochen. Schuld sei ein Team von Technikern, die ein notwendiges Update vergessen hätten. Inzwischen hat Microsoft diese Praxis beendet. Zur Wiedergutmachung will das Unternehmen die automatische Browser-Auswahl 15 Monate länger anbieten als die von Brüssel verordneten fünf Jahre bis 2014.

Microsoft hat über 90 Prozent Marktanteil bei PCs
Brüssel sieht die Vormachtstellung von Microsoft als Problem - der Marktanteil des Betriebssystems Windows liegt bei Computern und Laptops europaweit bei über 90 Prozent. Der Anteil des Internet Explorer bei den Browsern ist aber nach Angaben der EU-Kommission mit rund 55 Prozent deutlich niedriger.

Browser-Programme sind nötig, um im World Wide Web zu surfen und Webseiten aufzurufen. Microsoft installierte früher standardmäßig den hauseigenen Internet Explorer. Nach dem Einschreiten der EU-Kommission öffnet sich inzwischen auf allen neuen Windows-Geräten in der Europäischen Union ein Auswahlfenster, auf dem auch Konkurrenzangebote wie Mozilla Firefox, Google Chrome, Apple Safari sowie acht kleinere Anbieter wie Opera erscheinen.

Strafe hätte um ein Vielfaches höher ausfallen können
Theoretisch hätte die EU-Kommission gegen Microsoft sogar mehr als fünf Milliarden Euro Strafe verhängen können. Aber vielleicht hat sich auch in Brüssel die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Auffindbarkeit von Alternativ-Browsern derzeit nicht das drängendste Problem der Computernutzer sein dürfte. Unter europäischen Kartell-Experten wird derzeit eher über marktbeherrschende Positionen von Internetriesen wie Google oder Facebook diskutiert.

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