Der Wiener Medienmanager Helmut Thoma ist tot. Er starb an seinem 86. Geburtstag am 3. Mai in Wien an Herzversagen, teilte seine Familie am Montag mit Er galt als Pionier des Fernsehen – er prägte das deutsche Privat-TV nachhaltig.
Geboren 1939 in Wien sah es zunächst nicht danach aus, als würde Thoma einen Privatfernsehsender aufbauen, brach er doch das Gymnasium ab und betätigte sich in einer Molkerei. Bald sattelte er aber um, studierte Rechtswissenschaften und promovierte mit gerade mal 23 Jahren.
Seine Medienkarriere begann Thoma als Leiter der Rechtsabteilung des ORF, ehe er zu Radio Luxemburg zunächst als Prokurist der Generalvertretung wechselte, wo er 1975 zum alleinigen Geschäftsführer bestellt wurde. Bis 1998 übte er diese Funktion (zwischendurch gemeinsam mit Erich Staake) aus, wobei er das Unternehmen vom „25-Mann-Betrieb“ zu einem Branchenriesen aufbaute.
Führte RTL zum erfolgreichsten TV-Sender Europas
Später machte der Medienmanager den Privatsender RTL – mit einem Marktanteil von teilweise mehr als 17 Prozent - zum erfolgreichsten und profitabelsten Fernsehsender Europas. Das ist heute kaum noch für den Privatsender vorstellbar.
Shows wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Tutti Frutti“
„Ich habe immer aufs Publikum geachtet, und ich habe Fernsehen als Dienstleistung gegenüber dem Kunden gewertet“, gab Thoma vor mehreren Jahren sein Geheimnis für den Aufbau eines erfolgreichen Fernsehunternehmens preis. Er musste viel Kritik im Hinblick auf die Wahl der Programmformate und den Fokus auf Einschaltquote einstecken. Er traf meist profitable Entscheidungen wie etwa den Start der deutschen Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) und der Spielshow „Tutti Frutti“ samt viel nackter Haut. Auch der Kauf der Formel 1-Übertragungsrechte fiel in seine Ära. Zudem führte er die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen im deutschsprachigen Raum ein.
„Im Seichten kann man wenigstens nicht ertrinken“
Immer wieder war RTL mit dem Vorwurf mangelnden Niveaus konfrontiert. Thoma, der selten um markige Sprüche verlegen war, sah das locker: „Ich habe immer gesagt: Im Seichten kann man wenigstens nicht ertrinken.“ Oder: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken.“
Thoma empfand Rausschmiss „undankbar“
1998 endete seine RTL-Karriere unfreiwillig. Er musste den Posten an der Spitze an einen weiteren Österreicher – Gerhard Zeiler – abgeben. Zu seinem Rücktritt hielt er gegenüber der „Welt am Sonntag“ einst fest: „Das Ausmaß an Undankbarkeit ist einfach unfassbar. Es gibt niemanden in Europa, der wie ich einen Fernsehsender von null aufgebaut und zur Marktführerschaft geführt hat.“
Kritischer Blick auf Privatsenderlandschaft
Viele Jahre nach seinem Abgang sah er die Medienlandschaft kritisch, bezeichnete das Privatfernsehen in Deutschland als „Katastrophe“. Zwei große Gruppen – RTL und ProSiebenSat.1 – würden sich den gesamten Kuchen teilen und hätten kein Interesse daran, „wirkliches Programm“ zu machen. „Die beiden würden am liebsten das Testbild senden, wenn es ginge. Dadurch erhöhen sich die Gewinne, aber es tut sich nichts mehr“, meinte Thoma.
Nach seinem RTL-Aus war Thoma für mehrere Jahre als Medienbeauftragter des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen tätig. Dann machte er sich selbstständig und saß in zahlreichen Aufsichtsräten. Denn: „Im Garten sitzen und auf den Sensenmann warten, ist keine Option.“
Vielfach ausgezeichnet
Für sein berufliches Schaffen wurde Thoma vielfach ausgezeichnet – etwa als Medienmann des Jahres 1989, mit dem Deutschen Medienpreis und einem „International Emmy Award“. Hierzulande erhielt er das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien und das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
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