„Großes Risiko“

Lockdown-Lockerung: Lob und Kritik von Opposition

Politik
01.02.2021 20:54

Die Lockdown-Lockerungen sind zu wenig, riskant oder genau das, „was wir gefordert haben“. Die Oppositionsparteien sind geteilter Ansicht über die Öffnungsschritte des dritten Lockdowns. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigte sich sehr skeptisch. Ihr gehen die Schritte - bis auf die Schulöffnung - zu weit. Die NEOS sind zufrieden und verbinden mit den angekündigten Lockerungen einige Hoffnungen. Die FPÖ hätte gerne gleich alle Maßnahmen beendet.

Die Schulöffnung - mit den Selbsttests - erachtet zwar auch Rendi-Wagner als „richtig und notwendig“. Aber mit den Lockerungen darüber hinaus „geht die Bundesregierung ein großes Risiko ein“, meinte sie in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Denn die Infektionszahlen seien immer noch sehr hoch. Die Regierung rücke von ihrem selbst gesteckten Ziel (700 Neuinfektionen pro Tag) ab. „Ich hoffe sehr, dass die Regierung dieses Risiko kontrollieren kann“, meinte die SPÖ-Chefin. Scheitere man daran, „droht in wenigen Wochen die dritte Welle und der nächste Lockdown. Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung.“

NEOS sehen Forderungen erfüllt
„Es wird genau das umgesetzt, was wir am Wochenende gefordert haben“, freute sich hingegen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger in einer ersten Stellungnahme. Freilich sollte aber, meinte sie, die Möglichkeit der Tests in Schulen, aber auch bei körpernahen Dienstleistern „gut genutzt“ werden - und wies darauf hin, dass auch niederschwellige Testmöglichkeiten in Betrieben möglich gemacht und als Bestätigung herangezogen werden könnten. Wichtig wäre zudem, dass die digitale Kontaktnachverfolgung weiter ausgebaut wird.

FPÖ: „Schaffung einer Zweiklassengesellschaft“
FPÖ-Chef Norbert Hofer greifen die Öffnungen zu kurz: Nicht nur der Handel, auch Hotellerie und Gastronomie sollten geöffnet werden, damit die Menschen in Cafés und Restaurants gehen können - und sich nicht weiterhin im privaten Bereich - wo keine Sicherheitsregeln eingehalten werden - anstecken. Diesen „Hotspot des Infektionsgeschehens“ habe die Regierung nicht entschärft. Die Öffnung des Handels hält Hofer für gut, aber Tests vor dem Besuch privater Dienstleister (wie Friseure oder Fußpflege) lehnt er ab. Das schaffe eine „Zweiklassengesellschaft“. Nationalratsabgeordneter Hermann Brückl sieht in den Tests für Schüler sogar einen „Anschlag auf die allgemeine Schulpflicht“.

Handel: „Erster Schritt zurück in die Normalität“
Wirtschaftsvertreter hatten sich bis zuletzt für eine Wiedereröffnung des Handels ab 8. Februar starkgemacht. WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik und Handelsverband-Obmann Rainer Will begrüßten daher die Entscheidung der Regierung, den Handel unter Auflagen zu öffnen. „Damit bekommt der heimische Handel Hilfe zur Selbsthilfe, nachdem aktuell fast ein Drittel der Händler von Zahlungsunfähigkeit betroffen ist“, sagte Will. Auch Trefelik ortet eine „dramatische“ Situation bei den Handelsbetrieben, weil diese wegen dem Lockdown „wochenlang gar keine Umsätze“ erzielen konnten.

Insgesamt zeigte sich der WKÖ-Handelsobmann mit den Lockerungsschritten zufrieden. „Das ist ein erster Schritt zurück in die Normalität“, sagte Trefelik am Montagabend zur APA. Für eine hohe Kundenfrequenz würden aber die Gastronomie und der Tourismus fehlen.

Bedenken, die Wiedereröffnung der Geschäfte könnte die Corona-Fallzahlen nach oben treiben, hat der Handelsverband-Obmann nicht. „Der Handel ist kein Corona-Hotspot, dafür sind die Aufenthaltsdauern zu gering und der Kundenkontakt zu lose. Auch in den Untersuchungen der AGES konnte keine Clusterbildung in den Geschäften nachgewiesen werden, das Infektionsgeschehen spielt sich vielmehr im privaten Haushaltsbereich ab“, zeigte sich Will überzeugt.

Die Obfrau der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster, zeigte sich ebenfalls erfreut über die Öffnungsschritte, auch „wenn sie sehr vorsichtig ausfallen“. „Es ist ganz entscheidend, den Betrieben und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine klare Perspektive zu geben“, so Scheichelbauer-Schuster. Auch die Friseurinnen und Friseure freuen sich, nach sechs Wochen Corona-bedingter Schließung ab 8. Februar wieder aufsperren zu dürfen. Für die Branche mit 9000 Unternehmen und über 17.000 Beschäftigten sei das „ein großes Aufatmen“, sagte Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder.

Äußert erfreut wurden die Entscheidungen bei den Museen aufgenommen. „Wir sind ungeheuer erleichtert, dass wir aufsperren dürfen“, meinte Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig. Dabei sei es eine große Erleichterung, dass die Häuser vom „Reintesten“ nun doch nicht betroffen seien. Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, erklärte zur avisierten Öffnung: „Die Rahmenbedingungen, die genannt wurden, sind für uns absolut machbar.“

Dass Führungen dabei nicht möglich seien, „ist schade, war aber abzusehen“. Und die Quadratmeter-Vorgabe werde für den KHM-Verbund kein Problem darstellen. Über „ein enorm wichtiges Zeichen für die gesamte Kunst- und Kulturbranche“ freute sich Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne): „Den Menschen fehlen diese Aspekte des Lebens. Ich halte es daher für zentral, dass auch diese Bereiche berücksichtigt werden, wenn wir darüber nachdenken, was unter welchen vorsichtigen Bedingungen wieder möglich gemacht werden kann.“

Gastronomie „wäre gern dabei gewesen“
Die Gastronomie „wäre gern dabei gewesen“, bedauerte Wirtschaftskammer-Spartenobmann Mario Pulker. „Aber das spielt‘s eben nicht.“ Nun sei eben weiterhin wichtig, dass die Hilfen schnell ausbezahlt werden, vor allem die Umsatzersätze für November und Dezember. Das Warten auf die Auszahlungen beschere den Unternehmern schlaflose Nächte, „aber es geht voran, das ist das Wichtigste. Und dann wird die Branche den Februar auch noch überleben.“

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