Mangelnde Vorbeugung

Rauchen wird weiblicher

Gesund
02.03.2019 06:10

Frauen greifen leider immer häufiger zu Zigaretten und haben zu den Männern fast aufgeschlossen. Österreich versagt bei Gegenmaßnahmen, wie man unter anderem am gekippten Rauchverbot in Lokalen sieht.

Die Gender-Medizin hat zwar ihren Siegeszug gestartet, das Ziel aber noch lange nicht erreicht. Jedenfalls ist längst wissenschaftlich gesichert, dass sich die Unterschiede zwischen Frau und Mann ganz und gar nicht auf die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale beschränken. Wenngleich nicht immer nur genetische Faktoren ausschlaggebend sind, wie am Beispiel Rauchen zu erkennen ist. Eine im Fachmedium „Ärztekrone“ im Vorjahr veröffentlichte Untersuchung (Univ.-Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer) zeigt eine alarmierende „Aufholjagd“ der Frauen. In Österreich rauchen 26 % der Männer, aber bereits 22 % der Frauen! Bei allen anderen Suchterkrankungen sind Männer doppelt so häufig betroffen. Die starke Zunahme der Nikotinabhängigkeit beim weiblichen Geschlecht hat wohl meistens gesellschaftliche Ursachen. Das Vorbild eines Rauchers in der Werbung ist nicht mehr ein männlicher Cowboy in mittleren Jahren, der als strahlender Held in den Sonnenuntergang reitet, sondern jung, finanziell benachteiligt und sehr oft weiblich.

Expertin Prof. Kautzky-Willer sieht die Gründe für diese Entwicklung in genderbedingten und geschlechtsbezogenen Unterschieden zwischen Frauen und Männern. Im EU-Schnitt greifen knapp 30 % der Männer und etwa 20 % der Frauen täglich zur Zigarette. Damit sind die österreichischen Männer im Mittelfeld, die Frauen jedoch auf einem Spitzenplatz! Wie schlecht unser Land bei der Vorbeugung positioniert ist, weist ein Indikator nach, der die Umsetzung der gesetzlichen Tabakkontrolle misst. Also Rauchverbote im öffentlichen Bereich, Werbeeinschränkungen, Anhebung der Tabaksteuer, Vorbeugungsaktionen für Jugendliche (Schulen) sowie Alterslimits. Wenig überraschend liegen wir hier an letzter Stelle Den Hauptgrund für den hohen Raucheranteil bei uns sehen Fachleute wie Sozialmediziner Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze („Rauchen muss teurer werden!“) in den oben genannten Versäumnissen. In keinem anderen Land der EU rauchen mehr jugendliche Mädchen - Tendenz steigend! Prof. Kautzky-Willer vermutet die Erklärung für das niedrigere Einstiegsalter beim Zigarettenkonsum von Frauen in der unterschiedlichen Entwicklung von Mädchen und Buben. Bei Mädchen setzt bekanntlich die Pubertät durchschnittlich um zwei Jahre früher ein. Verhaltensänderungen wie das Abnabeln von den Eltern beginnen daher auch früher.

Nikotin ist kein Schlankheitsmittel!
Dass junge Frauen im Verhältnis mehr rauchen, mag unter anderem auch ein wenig auf Eitelkeit beruhen. Einerseits werden vormals typisch männliche Verhaltensweisen angenommen, um als „gleichwertig“ zu gelten, andererseits könnte die vermeintliche Gewichtsreduktion durch das Rauchen eine Rolle spielen. Zigaretten werden häufig gezielt eingesetzt, um das Hungergefühl zu unterdrücken. Dabei erhöht Rauchen erwiesenermaßen die Insulinresistenz und damit das Diabetesrisiko! Mitentscheidend sind Vorgänge im Gehirn. Nikotin gelangt beim Rauchen blitzschnell zu den dortigen Rezeptoren, wodurch rasch Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin und Adrenalin ausgeschüttet werden. Dadurch werden Glücksgefühle und Wohlbefinden ausgelöst. Wenn die Wirkung nachlässt, verlangt der Körper nach „Nachschub“ - so entsteht die Abhängigkeit.

Forscher fanden mittlerweile allerdings eine unterschiedliche Aktivierung von Hirnarealen bei den Geschlechtern. Diese Erkenntnis liefert wichtige Hinweise für die geschlechtsbezogene Entstehung, aber auch Therapie der Nikotinsucht. Beispiel: Bei Männern sind Nikotinersatzpräparate erwiesenermaßen erfolgreicher, weil der Plasmaspiegel nicht so rasch abfällt wie bei Frauen. Diese reagieren dafür besser auf Verhaltenstherapie und/oder Medikamente. Angeblich plant unsere Regierung Kampagnen zur Eindämmung des Rauchens bei Jugendlichen. Bis jetzt wurde mit dem Kippen des bereits beschlossenen Rauchverbotes in Lokalen jedoch wahrlich kein positives Signal gesetzt.

Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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