Hauruck-Gesetzgebung

Behörden schuld am Lieferchaos der Autohersteller?

Motor
03.06.2018 12:00

Porsche wird gerade durch die Schlagzeilen getrieben, weil derzeit keine Neuwagen bestellt werden können, anderen Herstellern geht es ähnlich - sie alle kommen nicht nach mit der Homologierung ihrer Autos für die ab 1. September 2018 geforderten Grenzwerte des WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure). Wer aber glaubt, das liege an schmutzigen Motoren oder schlechter Planung, dürfte falsch liegen.

(Bild: kmm)

Inzwischen werden die Hintergründe klarer: Dies ist könnte ein erstes Zeichen dafür sein, dass der Termin die ganze Industrie überfordert. Für den Verband der Automobilindustrie (VDA) werden jetzt die Folgen einer überhasteten Einführung der EU-Regulierungen erstmals sichtbar. Der VDA weist darauf hin, dass bis zum Termin 1. September 2018 mehr als 500 WLTP-Genehmigungen ausstehen, weil die Beteiligten nicht nachkommen.

„In der vorgegebenen Zeit nicht möglich“
Überraschend komme das nicht: „Bereits im Dezember 2016 hatte der VDA die damaligen Beschlüsse des Technical Committee on Motor Vehicles (TCMV) sehr kritisch bewertet, weil die vorgesehenen Fristen in laufende Produktzyklen eingriffen und damit den Automobilherstellern jegliche Planbarkeit nähmen. Es habe der politische Wille gefehlt, die Grenzen des Machbaren anzuerkennen. Der VDA damals: “Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass die EU-Kommission vor dem Hintergrund der Ereignisse im vergangenen Jahr Handlungsfähigkeit zeigen will und dabei das Augenmaß verloren hat.„ Damit sei die Kommission an ihren eigenen Zielen von “besserer Rechtssetzung„ und “mehr Wachstum und Beschäftigung„ vorbeigegangen. Eine Umrüstung aller Modelle in der laufenden Produktion war schon 2016 als “in der vorgegebenen Zeit nicht möglich" eingeschätzt worden.

Das relevante Datum ist jedoch der 27. Juli 2017, erst da sind die Ausführungsbestimmungen und, damit verbunden, die vorzeitige Einführung eines Partikelfilters bei direkteinspritzenden Benzinern von der EU beschlossen worden waren. Normalerweise seien für die Installation der Technologien aber ein Vorlauf von drei Jahren für Entwicklung, neue Werkzeuge, geänderte Produktplanung und Umrüstung der Werke notwendig sind, so der VDA: “Wenn die EU den WLTP-Einführungszeitpunkt für alle Neuzulassungen auf den 1. September 2019 gelegt hätte, also ein Jahr später, würde sich die Lage wesentlich entspannter darstellen. Es wäre nicht zu diesen Engpässen gekommen.„

Der VDA beklagt die WLTP-Terminvorgabe der EU zum 1. September 2018 auch deshalb, weil bereits ein Jahr später - zum 1. September 2019 - die RDE-Vorgaben (Real Driving Emissions) für alle Neuzulassungen gelten. “Es wäre sinnvoller gewesen, wenn Brüssel diesen Stichtag auch für die WLTP-Vorgaben gewählt hätte, statt kurzatmig zu handeln und die Unternehmen damit in große Schwierigkeiten zu bringen. ‘Better Regulations‘ sieht anders aus", erklärt der VDA.

Typgenehmigungsverfahren dauern länger
Der Verband weist darauf hin, dass die WLTP-Homologation nicht nur für die Automobilunternehmen neu sei, sondern auch für die technischen Dienste und die Typgenehmigungsbehörden. Die Entwicklungskapazitäten der Hersteller seien ebenso überfordert wie die Prüfstand-Kapazitäten der technischen Dienste oder der Behörden. Das Typgenehmigungsverfahren dauere deswegen derzeit viel länger als ursprünglich vorgesehen.

Ein Grund für diesen Stau bei den Genehmigungen liege auch in den massiv erhöhten Anforderungen an die Dokumentation, beklagt der VDA. Doch neben der hohen Komplexität der Anträge sei die kurze Vorlaufzeit der WLTP-Genehmigungen ein weiterer Grund für den Genehmigungsstau. Denn erst seit zehn Monaten seinen WLTP-Genehmigungen möglich, stellt der Verband fest. Außerdem erforderte die neue Prüfprozedur eine stärkere Segmentierung der Produktpalette in einzelne WLTP-Genehmigungen, sodass sich der Aufwand gegenüber dem bisherigen NEFZ vervielfacht.

(ampnet)

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(Bild: kmm)



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