Kleiner Rennwagen

Schnelle Ehrenrunden für den Mini

Motor
10.07.2009 10:31
Michael Jackson war ein Jahr alt, Hans Dichand brachte seine Kronen Zeitung auf den Markt, Fidel machte Revolution, der Dalai Lama ging ins Exil, Barbie wurde geboren. Und: 1959 kam der legendäre von Sir Alec Issigonis entworfene Kleinwagen auf den Markt: der Mini! Anlässlich des 50 Geburtstages des revolutionären Wagens lud Mini zum fidelen Feier-Tag auf den Wachauring in Melk, wo zwei Handvoll Journalisten in aktuellen Renn-Minis sehr schnelle Ehrenrunden drehen durften.
(Bild: kmm)

Das Rennen hat der Mini schon immer in den Genen gehabt, das Gokart-artige Fahrverhalten ist eine Legende für sich, und natürlich gibt es eine eigene Mini-Rennserie, die Mini Challenge. Dort ist das Lechner Racing Team sehr erfolgreich unterwegs, und gibt Renn-Know-how auch an Nicht-Rennfahrer weiter - in der Lechner Racing School.

Fertig machen zum Start!
Am Wachauring standen vier Challenge-Minis bereit, jeweils 211 PS stark, dazu feuerfeste Renn-Overalls, Helme, Schutzhauben, Schuhe und Handschuhe. So war keiner der anwesenden Hobbyfahrer mehr von einem Profi zu unterscheiden. Robert Lechner erklärte das Wichtigste vor dem Start: Beim Ein- und Aussteigen nicht an der Seitenscheibe festhalten (die bricht sonst ab), Überholen nur auf Flaggensignal und Vorsicht auf de ersten Runden, solange die Slicks noch nicht auf Betriebstemperatur sind. Damit keiner übermütig abfliegt.

Dann Streckenbesichtigung im BMW. Er zeigt uns die Ideallinie, erklärt, wo zu bremsen ist („Hier ans Bremsen denken, da schon anfangen zu bremsen und hier voll bremsen“). Wer zu spät bremst und auf der Bremse einlenkt, riskiert einen Dreher nach innen („die Slicks greifen viel stärker als normale Reifen“ und „gefährlich, weil innen ist kein Auslauf!“) und bitte, wenn das Auto außer Kontrolle gerät, voll bremsen, damit man trotz Dreher auf dem Asphalt zum Stillstand kommt, weil abseits davon geht’s dahin. Und beim Rausfahren auf die Strecke schauen, dass alles frei ist!

"Eins werden mit dem Auto"
Mehr Einweisung braucht’s nicht, Lechner wird das Geschehen sowieso beobachten und uns über Funk instruieren. Klettern wir also ins Auto, einsteigen kann man das nicht nennen, der Überrollkäfig lässt wenig Spielraum. So bin ich also schon nass geschwitzt, als ich im Schalensitz Platz genommen habe. Ob es am Overall, am Helm, an den sommerlichen Temperaturen, der Kletteraktion oder an der vorfreudigen Erregung liegt, sei mal dahingestellt. Ein freundlicher Helfer schnallt mich mit den Hosenträgergurten in den Sitz. „Du musst eins werden mit dem Auto“ ist hier nicht esoterisch gemeint, sondern buchstäblich. Da rührt sich nichts mehr, ich bin mit dem Sitz verwachsen. Lenkrad und Pedale sind richtig nah – so sieht also eine ideale Sitzposition aus!

Im Mini ist übrigens ein ganz normaler Mini-Tacho (auf den man nicht schaut) und ein ganz normaler Mini-Drehzahlmesser (auf den schaut man auch nicht), ein normaler Schalthebel und eine normale Handbremse. Der Rest des Innenraumes schaut irgendwie nicht mehr nach Mini aus. Das Lenkrad ist abnehmbar (zum Ein- und Aussteigen), auf dem Drehzahlmesser prangt ein kleines Kasterl mit grünen, gelben und roten Lamperln (zeigen an, wann man schalten muss), auf der Mittelkonsole ist ein Hebel für die Feuerlöschanlage sowie zwei Knöpfe als Hauptschalter. Gestartet wird dann per Zündschlüssel. Handbremse lösen – und ab!

Wie man sich selbst überholt
Am Boxenausgang schauen, hat’s geheißen – die erste Hürde. Denn festgezurrt und mit Helm schießt mir ein lakonisches „Können vor Lachen“ durch den Kopf. Geht aber dann doch irgendwie. Also drauf aufs Gas und erst mal zurückhaltend (kalte Reifen) Gefühl für die ungewohnte Situation bekommen. Schon die erste Kurve fühlt sich gut an, abgesehen von der Situation bei der Boxenausfahrt stört der Helm auch nicht, Lenkung und Bremsen sind von Anfang an vertrauenerweckend. Man möchte einfach wild drauflos rasen, aber ich zwing mich zur Vernunft, ein Abflug wegen kalter Reifen wäre echt peinlich.

Dann endlich, jetzt sind sie sicher warm genug. Vollgas über die Start-Ziel, am Ende in die Eisen (wo soll man bremsen?), runter von der Bremse und einlenken in die lange Rechtskurve. In der Kurve ist eine Stelle asl Ideallinienpeilhilfe markiert, auf die man zufährt, um nochmal ganz kurz zu bremsen. Oops, warum will mich hier das Heck überholen?! Gegenlenken, Gas und weiter. Mit Vollgas im 3. Gang den Hügel hoch, ich sehe noch nicht, wo die Linkskurve kommt. Vollbremsung, runterschalten, links einlenken, Gas, den Berg runter, bremsen, scharf rechts rum, Gas und in einer leichten Rechts den nächsten Hügel rauf.

Wer bremst, gewinnt
„Gib nicht so früh so viel Gas, die Räder drehen durch, da musst erst langsam Gefühl aufbauen“ tönt es aus dem Einweg-Funkgerät (Einweg nicht, weil es nachher weggeworfen wird, sondern weil ich nicht antworten kann). Gut, da werd ich aufpassen. Raufschalten, in der Mitte der Spur halten, oben Vollbremsung, runterschalten, scharf rechts in eine Schikane, links, nicht zu früh Gas geben, gute Linie erwischen, Gas und rechts auf die Start-Ziel bis an die Boxenmauer. Vollgas, gelbe Lamperl, rote Lamperl, raufschalten in den Dritten und gib’s ihm! Am Ende der Start-Ziel-Geraden ein bisserl später bremsen, da kann man sich Runde für Runde herantasten. Ich fühl mich richtig wohl! Nach ein paar Runden kleb ich einem Kollegen im Auspuff. Wenn ich dürfte, würde ich jetzt überholen. Gut, dass Lechner oben die blaue Flagge schwenkt, ich darf also vorbei. Und ich bin schnell!

Zu heiß für die Lenkung
Einige Runden später ein technische Problem: Die Lenkung wird total hart und wehrt sich richtig gegen das Einlenken. Was hat’s da? Ist irgendwas abgebrochen? Verbogen? Hab ich was falsch gemacht? Mit beiden Händen zerre ich das Lenkrad herum auf dem Weg in die Box. Ein Mechaniker macht die Motorhaube auf, bastelt herum. „Geht wieder!“ Warum, weiß ich zwar nicht, aber Hauptsache, ich kann wieder fahren. Nach dem Abwinken des ersten Stints wieder die harte Lenkung, aber ich muss sowieso in die Box, die nächsten sind dran. Jetzt erfahre ich auch, was das Problem ist: Durch das viele Lenken am Anschlag vor allem in der Schikane vor Start-Ziel läuft die Servolenkung heiß und versagt die Unterstützung, bis sie wieder etwas abgekühlt ist.

Im zweiten "Stint" wird das aber kein Problem sein, denn die Schikane wird entfernt, es geht direkt auf die Start-Ziel-Gerade, es wird also weniger gelenkt – und am Ende der Geraden ist das Tempo deutlich höher! Jetzt kann man wirklich am Bremspunkt arbeiten! Unglaublich, wie stark diese Bremsen sind, unglaublich, wie die Reifen auf dem Asphalt kleben! Wenn du glaubst, du hast spät gebremst, geht immer noch was. In der Kurve reagiert das relativ kurze Auto giftig auf alles, was die Linie instabil macht. Zum kurzen Bremsen in der Kurve unbedingt die Räder gerade stellen, sonst kommt das Heck wieder. Aber auf jeden Fall leicht bremsen, nicht nur das Gas lupfen, sonst wird das Auto insgesamt leicht und verliert Stabilität, hat uns Lechner eingebläut. Bremsen macht die Fahrt stabiler.

Noch was hat er uns nahegelegt: Nach einem Dreher unbedingt in die Box kommen, um die Reifen kontrollieren zu lassen. Da zieht’s nämlich gerne die Lauffläche ab. Den einen oder anderen wilden Dreher haben die vier Schulungs-Minis im Lauf des Tages erlebt und wir haben das eine oder andere Flap-flap beim Vorbeifahren gehört, wenn ein Reifen in Fetzen weggehangen ist. Also besser nicht drehen.

Maxi-Spaß im Mini
Natürlich vergeht die Zeit im Renn-Mini wie im Flug, am liebsten würde ich noch viel mehr Runden drehen. Aber ein kleines bisschen von dem Feeling kann man sich auch in einem Serien-Mini mit seinem Gokart-Fahrverhalten holen (Empfehlung: John Cooper Works, 211 PS, oder zumindest Cooper S, 175 PS). Und für das echte Renn-Feeling kann man sich jederzeit an die Lechner Racing School wenden…

Stephan Schätzl

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(Bild: kmm)



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