Modulare Flunder

Moto Z: Das spannendste Handy des Jahres im Test

Elektronik
01.10.2016 09:00

Lenovo bietet mit dem nur rund fünf Millimeter dünnen Oberklasse-Smartphone Moto Z seit kurzem ein Smartphone in Österreich an, das zu den innovativsten Geräten des Jahres gehört. Der Grund: Es nimmt über einen Magnetanschluss an der Rückseite Zusatzmodule auf und wird in Sekunden zum Beamer, zur Hasselblad-Kompaktkamera oder zum JBL-Küchenradio. Wie gut das Konzept umgesetzt wurde, hat krone.at getestet.

Die Idee für ein modulares Smartphone ist nicht neu: Google hat sich mit dem wieder eingestellten Project ARA an einer Art LEGO-Handy versucht, LG hat mit dem G5 im Frühling ein Modul-Smartphone auf den Markt gebracht, bei dem es an der Umsetzung haperte.

Jetzt versucht es Lenovo mit dem Moto Z - und liefert prompt den überzeugendsten Beitrag zum Thema modulare Handys ab, den wir bislang gesehen haben.

Bevor wir uns den vielseitigen modularen Fähigkeiten des Moto Z zuwenden, zeigen wir Ihnen hier, was in dem 5,2 Millimeter dünnen Gerät ohne Audioklinke steckt:

Lenovo Moto Z

CPU

Snapdragon 820: 2 x 2,15 + 2 x 1,6 GHz

RAM

4 GB

Diagonale

5,5 Zoll

Auflösung

2560 x 1440 Pixel (AMOLED)

Speicher

32 GB

microSD-Slot

bis 2 Terabyte

Hauptkamera

13 Megapixel (F/1.8); Laser-Autofokus; OIS; Dual-LED-Blitz

Frontkamera

5 Megapixel (F/2.2); LED-Blitz

Funk

LTE, Gigabit-WLAN, Bluetooth 4.1, NFC, GPS

Maße

153,3 x 75,3 x 5,2 Millimeter; 136 Gramm

Akku

2600 mAh

Extras

Metallchassis
Moto-Mod-Magnetanschluss
Fingerscanner

Software

Android 6

Preis

700 Euro

Die Ausstattungstabelle zeigt: Auf der Hardware-Ebene muss sich Lenovos neues Android-Flaggschiff nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. CPU- und Speicherausstattung sind Oberklasse und sorgen für ein flüssiges Android-Bedienerlebnis, flotte App-Starts und genug Spiele-Power bei fühlbarer, aber noch aktzeptabler Hitzeentwicklung.

Sehr gutes Display, tadellose Kamera
Das Display spielt ebenfalls auf sehr hohem Niveau - nicht nur in puncto Schärfe, sondern dank AMOLED-Technologie auch beim Kontrast und der satten Farbdarstellung. Die seitliche Ablesbarkeit ist gut, die maximale Helligkeit ist ausbaufähig, sollte aber auch für Draußen reichen.

Ein nettes Extra: Das Moto Z erkennt mit seinen Annäherungssensoren, wenn man nach dem Handy greift und zeigt in diesem Fall in Weiß auf Schwarz die Uhrzeit an. Ebenfalls nett: Die integrierte Gestensteuerung. Wer das ausgeschaltete Moto Z schüttelt, startet die Kamera-App, wer damit in die Luft "hackt", aktiviert die Taschenlampe. Funktionen, an die man sich schnell gewöhnt und die man ungern wieder misst.

Einen guten Eindruck hinterlässt die Kamera des Moto Z. Sie überzeugt mit flotten, aber nicht ganz so schnellen Scharfstell- und Auslösezeiten wie beim Kamera-Primus Galaxy S7, produziert dank optischer Bildstabilisierung (OIS) selten Verwackler und fängt auch bei schlechteren Lichtverhältnissen noch akzeptable Bilder ein.

Dass die Kamera recht weit aus dem superdünnen Gehäuse hervorsteht, ist allerdings nicht ganz optimal. Die mit einem LED-Blitz ausgestattete Frontkamera liefert scharfe Selfies und ist auch bei Zwielicht noch zu gebrauchen.

Saubere Verarbeitung, schnörkelloses Android
Wir könnten uns jetzt noch über das sauber verarbeitete Metall-Chassis, den zuverlässig arbeitenden Fingerscanner unterhalb des Displays oder die Entsperr- und Lautstärketasten am Gehäuserand, die einen etwas differenzierteren Druckpunkt vertragen hätten, auslassen und die für einen Tag ausreichende, aber nicht überragende Akkulaufzeit thematisieren. Auch die angenehm nah am Google-Standard operierende Android-Version könnte man erwähnen.

Aber das wirklich Interessante am Moto Z sind dann doch seine Moto Mods.

Moto Mods ermöglichen vielfältige Verwandlungen
Dabei handelt es sich um magnetisch am Gehäuse haftende Erweiterungsmodule. Zum Start gibt's unter anderem ein Akkupack, JBL-Lautsprecher, ein Kamera-Modul mit optischem Zehnfach-Zoom von Hasselblad und sogar einen Mini-Beamer für das Moto Z.

All diese Module können im laufenden Betrieb "angeflanscht" werden, die magnetische Halterung hält sie zuverlässig in Position. Ist gerade kein Moto Mod im Einsatz, kann man am Moto Z auch attraktive Schutz-Covers magnetisch festmachen - unter anderem mit Nylon- oder Echtholz-Oberfläche. Sehr angenehme Haptik!

Im Vergleich zum LG G5, dem zweiten Modul-Smartphone, das heuer auf den Markt gekommen ist, hinterlässt das Moto Z den deutlich durchdachteren Eindruck. Während das G5 seine Erweiterungen an austauschbare Akkumodule koppelt, die beim Tausch das Abschalten des Handys erfordern, klappt beim Moto Z alles im laufenden Betrieb. Wird ein Modul magnetisch am Moto-Mod-Anschluss befestigt, kann es sofort und ohne lästigen Neustart oder Ähnliches benutzt werden.

Ihren Strom beziehen manche (weniger stromhungrige) Moto Mods dabei direkt vom Smartphone, Mods mit höherem Stromverbrauch - etwa der Beamer oder der JBL-Speaker - haben einen eigenen Akku und können separat - ebenso wie das Moto Z selbst via USB-C - aufgeladen werden.

Zum Start verfügbare Moto Mods wirken durchdacht
Die Qualität der bislang verfügbaren Erweiterungsmodule überzeugt. Wir haben Beamer-, Kamera- und Sound-Modul getestet und waren von allen drei Erweiterungen angetan. Klar machen die Module das Moto Z nicht zum ausgewachsenen Full-HD-Beamer, zur Spiegelreflex oder zur Kompaktanlage. Sie erwiesen sich im Test aber trotzdem als nützlich.

Um hie und da Fotos an die Wand zu werfen oder auf 70 Zoll Diagonale Netflix zu genießen, ist der Beamer mit 50 Lumen Leuchtkraft und einem Kontrast von 400:1 beispielsweise durchaus geeignet - zumindest in der Dunkelheit. Der integrierte Standfuß ermöglicht die problemlose Einstellung des Projektionswinkels, mittels Drehrad wird das mit 854 mal 480 Pixeln auflösende Bild - eine Spiegelung des Smartphone-Bildschirminhalts - scharfgestellt.

Qual der Wahl: Moto Mods nicht stapelbar
Eine kleine Schwäche der bisher verfügbaren Moto Mods: Es kann immer nur eine Erweiterung auf einmal genutzt werden. In der Praxis stört das zwar selten, weil man ohnedies situationselastisch zwischen den Mods wechselt. Nutzt man aber beispielsweise das Beamer-Modul, um abends ein Video anzusehen, kann man nicht gleichzeitig das Sound-Modul verwenden, um für guten Klang zu sorgen.

Gut, angesichts dessen, dass die Moto Mods keine einheitliche Rückseite aufweisen, mit der man sie stapeln könnte, ist das zwar Wunschdenken. Hia und da - etwa beim Filmgenuss via Beamer - wäre es trotzdem nett, könnte man die Module stapeln. Abhilfe schafft in diesem Sonderfall aber im Zweifel ein Bluetooth-Speaker.

Lautsprechermodul mit 10 Stunden Wiedergabe
Geht es nur um Musik, kann man ihn sich sparen: Der Moto Mod mit JBL-Lautsprechern macht das Moto Z nämlich zu einem passablen Kofferradio. Die Lautstärke reicht, um einen kleinen Raum zu beschallen, die Musikqualität ist, wenn auch arm an Bass, erheblich besser als mit den integrierten Lautsprechern.

Das Modul verfügt ebenso wie der Beamer über einen integrierten 1000-mAh-Akku, mit dem es auf bis zu zehn Betriebsstunden kommt. Ein Standfuß ermöglicht es, das Moto Z so im Raum aufzustellen, dass der Sound optimal in Richtung Zuhörer abgestrahlt wird.

Moto Mod bringt Hasselblad zu den Massen
Ein besonders cooler Mod - schon allein, weil sich Normalsterbliche sonst nie eine Kamera dieses Herstellers leisten könnten - ist das gemeinsam mit der legendären schwedischen Kamerafirma Hasselblad entwickelte Kameramodul. Es kommt mit einem 12-Megapixel-Bildsensor im 1/2.3-Zoll-Format, optischem Zehnfach-Zoom, optischer Bildstabilisierung, griffigem Gehäuse und einer Blende von F/3.5 bis F/6.5.

Einmal am Moto Z befestigt, fühlt sich das Smartphone wie eine klassische Kompaktkamera an und ist insbesondere jener Schwächen beraubt, die Handykameras heute noch immer plagen: Zoom- und Blitzschwäche.

Mit dem Hasselblad-Modul gelingen mit dem Moto Z auch dann noch schöne Bilder, wenn man weit vom Motiv entfernt steht und nah heranzoomt, der Xenon-Blitz sorgt indes selbst bei Dunkelheit noch für genug Licht, um einen sauberen Schnappschuss aufzunehmen.

Die generelle Bildqualität ist - auch bei Tageslicht - sehr gut. Das Moto Z macht die Kompaktkamera mit seiner starken integrierten Kamera zwar auch so schon in vielen Situationen überflüssig, mit dem Hasselblad-Mod wird das Handy aber endgültig zum vollwertigen Ersatz.

Moto Mods: Sehr cool, aber auch sehr teuer
So gelungen die Moto Mods aber auch sind, sie bergen einen Nachteil: Sie treiben den Preis des Moto Z schnell in stattliche Höhen. Mit 700 Euro ist das Smartphone allein schon kein Schnäppchen, je nach Mod - der Beamer kostet rund 330, die JBL-Speaker 100 und die Hasselblad-Kamera 300 Euro - steigt der Preis aber schnell an. Wer alle zum Start verfügbaren Mods sein Eigen nennen will, legt inklusive Smartphone schnell 1500 Euro auf den Tisch.

Greift man zur günstigeren Variante Moto Z Play, kann man den Preis zwar leicht drücken, generell ist der Einstieg in die Welt der modularen Smartphones aber keinesfalls günstig.

Lenovo verspricht Zukunftssicherheit
Umso wichtiger ist die Frage, wie lang man Freude am Moto Z und seinem Zubehör hat. Lenovo verspricht, dass die Moto-Z-Serie in den kommenden Jahren in puncto Design nicht angetastet wird und die bereits verfügbaren und noch geplanten Moto Mods auch in zwei, drei Jahren mit einem möglichen Nachfolger nutzbar sein werden.

Und für Modul-Nachschub will man mit einem eigenen Development Kit sorgen, mit dem im Grunde jeder Dritthersteller seine eigenen Moto Mods entwickeln und auf den Markt bringen kann.

Klingt grundsätzlich durchdacht, wie sich das Moto Z und seine Module langfristig entwickeln, dürfte aber in hohem Maße von den verkauften Stückzahlen abhängen. Ist keine Gerätebasis da, wird sich kaum ein Hardware-Entwickler auf den Bau neuer Moto Mods einlassen.

Probleme mit Handytaschen, Kopfhörerklinke fehlt
Eine Schwäche, die mit den innovativen Moto Mods einhergeht: Das Moto Z ist für die Nutzung in einer Hülle eher ungeeignet. Es gibt zwar Plastikrahmen, die gemeinsam mit den Magnet-Covers an der Rückseite Schutz gewähren, alternativ kann man das Gerät auch in ein "Handysackerl" stecken. Gerade die beliebten Flip-Cases kann man mit dem Moto Z aber nur bedingt gebrauchen.

Und dann wäre da natürlich noch der fehlende Kopfhöreranschluss. Gut, bei 5,2 Millimetern Gehäusedicke kann man hier das Argument, er hätte keinen Platz mehr gehabt, im Gegensatz zum iPhone 7 sogar gelten lassen.

Trotzdem bringt der fehlende Anschluss Unannehmlichkeiten mit sich: Der USB-C-auf-Klinke-Adapter, den Lenovo dem Gerät beilegt, muss immer mitgeführt werden und geht leicht verloren. Und will man das Moto Z simultan laden und Musik damit abspielen, hat man ebenfalls ein Problem.

Fazit: Auch, wenn man über den fehlenden Klinkenanschluss, die hervorstehende Kamera und Probleme mit Handytaschen streiten kann: Lenovo hat mit dem Moto Z aus unserer Sicht das innovativste Smartphone des Jahres abgeliefert. Andere mögen früher mit modularen Handys experimentiert haben, in puncto Umsetzung macht Lenovo aber niemand etwas vor. Die Module im laufenden Betrieb magnetisch und ohne Herunterfahren oder Anstecken zu wechseln, ist großes Innovationskino und zeigt, wohin die Smartphone-Reise gehen könnte.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele