Der Diesel lebt!

Norweger wollen “Wundersprit” in Massen herstellen

Motor
08.07.2017 17:15

Die Heftigkeit, die Polemik und, ja, auch die Argumente, mit denen gegen den Dieselmotor zu Felde gezogen wird, sind mit Fakten kaum zu erklären. Dass Elektromobilität weder die Welt noch das Klima retten wird, liegt auf der Hand. Was derzeit aber ausgerechnet in Norwegen aufgebaut wird, dürfte ein Schritt in die absolut richtige Richtung sein: Zehn Fabriken sollen klimaneutralen Dieselkraftstoff erzeugen.

(Bild: kmm)

Zur Herstellung des "Wundersprits" wird CO2 aus der Luft verwendet, dazu Wasserstoff und mit Wasserkraft erzeugter Strom. Die Produktion ist nahezu klimaneutral, außerdem soll er zehn bis 20 Prozent weniger Stickoxid und Feinstaub ausstoßen. Trotzdem braucht es natürlich eine effektive Abgaseinigung.

Das Verfahren ist nicht völlig neu, wurde aber in den vergangenen Jahren verbessert, sodass jetzt die Produktion im großen Stil losgehen soll. Das norwegische Unternehmen Nordic Blue Crude will für den Anfang 70 bis 80 Millionen Euro in eine Fertigungsstätte im südnorwegischen Porsgrunn investieren. "Wir haben schon mit Konstruktionsarbeiten begonnen", sagte Nordic-Blue-Chef Gunnar Holen dem manager-magazin.de. Zentraler Partner ist die Dresdner Firma Sunfire, die bereits eine kleine Produktion betreibt.

So funktioniert es:

  1. Per Elektrolyse wird Wasser zunächst in Sauerstoff und Wasserstoff getrennt.
  2. Mit dem Wasserstoff wird Kohlendioxid (CO2) zu Kohlenmonoxid (CO) reduziert. Das CO2 wird mit einer Art überdimensionalem Staubsauger aus der Luft gewonnen.
  3. CO plus erneut Wasserstoff werden in einem Reaktor verflüssigt. Fertig.

In der Anlage in Südnorwegen (energetischer Wirkungsgrad: 60 Prozent) sollen nach Angaben des Manager-Magazins ab 2020 pro Jahr zunächst zehn Millionen Liter synthetischer Diesel entstehen, genug für etwa 13.000 Autos. In der Folge wird zunächst die Kapazität verzehnfacht, bevor dann auf zehn Fabriken aufgestockt wird, die jährlich insgesamt eine Milliarde Liter des umweltfreundlichen Kraftstoffs erzeugen sollen.

Knackpunkt sind die Kosten. Die Fabriken müssen immer größer und dadurch günstiger werden. Zunächst soll der Preis für das Rohprodukt auf unter 2 Euro pro Liter gedrückt werden - fast fünfmal so viel, wie herkömmlicher Diesel ohne Steuern und Abgaben kostet. Mittelfristig soll der Kraftstoff erst einmal beigemischt werden.

In der Autoindustrie stoßen die Norweger auf Wohlwollen. "Wenn synthetische Kraftstoffe kommen, können wir die Plugin-Hybride abschalten", sagte Nikolai Ardey, Chef der Antriebsentwicklung bei Audi, gegenüber manager-magazin.de. Seine Vision: In einigen Jahrzehnten dominieren reine batterieelektrische Autos, aber auch Verbrenner den Markt, die mit Kraftstoffen wie von Nordic Blue Crude versorgt werden. Zwitter wie die Plugin-Hybride würden dann nicht mehr gebraucht.

Und die Ölindustrie? Ist offenbar dabei. "Synthetische Kraftstoffe haben das Potenzial, den Kraftstoffmarkt komplett zu bedienen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, Christian Küchen. Dabei hat er den Zeitraum ab 2030 bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts im Blick. Stand heute werden zu dieser Zeit in Norwegen seit fünf Jahren keine Autos mit Verbrennungsmotor zugelassen. Aber da ist ja auch noch lang hin

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(Bild: kmm)



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