Wischen statt spielen? Ein Video zum Einschlafen, ein Handy zur Beruhigung? Bildschirmzeit hat negative Auswirkungen auf die Entwicklung der unter Dreijährigen, wie Experten erklären. Kindheit braucht keine Touchscreens, sondern echte Erfahrungen. Was Tablet & Co. anrichten können.
Digitale Medien sind allgegenwärtig – auch im Kinderzimmer. Doch was für Erwachsene Alltag ist, kann für Babys und Kleinkinder zur Entwicklungsbremse werden. Immer mehr Experten warnen: Früher und häufiger Medienkonsum erhöht das Risiko für sprachliche, motorische und soziale Auffälligkeiten – und beginnt oft früher, als viele glauben.
„Wir sehen immer öfter, dass Babys schon mit sechs Monaten mit dem Smartphone ruhiggestellt werden“, berichtet Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl, Abteilung für Kinder und Jugendliche am LKH Hochsteiermark/Leoben. In Spitälern sei es keine Seltenheit, dass Mutter und Kind nebeneinander sitzen – beide vertieft ins eigene Display, ohne miteinander zu sprechen. Und nicht nur dort zeigt sich dieses Bild.
Inhalte am Smartphone überfordern die Kleinen
Der Klinische Psychologe Christoph Rosenthaler MSc betont: „Je früher und länger Kleinkinder vor Bildschirmen sitzen, desto höher das Risiko für Entwicklungsverzögerungen – sprachlich, kognitiv, motorisch und emotional.“ Auch die Fähigkeit, zwischen realer und virtueller Welt zu unterscheiden, sei in diesem Alter noch nicht ausgereift. Inhalte auf dem Smartphone können überfordern oder zu einem verzerrten Weltbild führen – mit möglichen Langzeitfolgen bis ins Jugendalter.
Dr. Wolfram Geyer, Facharzt für Augenheilkunde, macht deutlich: Kurzsichtigkeit im Kindesalter ist nicht nur eine Frage der Brille. Je früher sie beginnt, desto stärker schreitet sie im Laufe des Lebens fort – mit erhöhtem Risiko für Folgeerkrankungen wie Netzhautablösungen oder Makuladegeneration. Woran viele Eltern nicht denken: Das kann später die Berufswahl einschränken, denn zahlreiche Tätigkeiten, von Piloten bis hin zu Chirurgen, setzen ein sehr gutes Sehvermögen voraus.
Die WHO empfiehlt deshalb: Kinder unter zwei Jahren sollten gar keinen Kontakt mit Bildschirmen haben. Sie brauchen vielmehr Bezugspersonen, die ihnen vorlesen, mit ihnen spielen, Bewegung machen und ihnen echte Aufmerksamkeit schenken.
Eltern unterschätzen ihre Vorbildwirkung
Auch die Smartphone-Nutzung der Eltern hat Einfluss: Wer ständig aufs Display schaut, reagiert oft weniger feinfühlig auf die Signale seines Kindes. Die Folge: weniger stabile Bindung, weniger sprachliche Anregung, weniger gemeinsame Erlebnisse.
Nach dem zweiten Geburtstag gelten folgende Richtwerte der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ): Kinder zwischen drei und sechs Jahren sollten maximal eine Stunde pro Tag mit altersgerechtem, interaktivem Inhalt verbringen – idealerweise gemeinsam mit den Eltern. Je jünger das Kind, desto wichtiger ist die mediale Begleitung durch Erwachsene.
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