Online-Rassismus

ISPA: “Provider können und wollen keine Richter sein”

Web
05.12.2012 09:00
Das Web als Tummelplatz von Rassisten und Rechtsextremen: Heikel werde es, wenn man es hier mit "verwerflichen, aber erlaubten Inhalten" zu tun bekommt, wie es der Jurist Maximilian Schubert, Generalsekretär der österreichischen Internet Service Provider (ISPA), formulierte. Anlass, sich dieser Problematik zu stellen, war eine Podiumsdiskussion der Anti-Rassismus-Gruppierung "Zara". Diese berichtete, dass sich die Zahl der bei ihr gemeldeten rassistischen Inhalte im Web in den letzten drei Jahren verdoppelt habe.

"Zara"-Chef Wolfgang Zimmer forderte daher von der ISPA, ihre Kunden über das Strafrecht hinaus zur Verantwortung zu ziehen. Mittels der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sei dies möglich. "Provider wollen und können keine Richter sein", lautete allerdings die Antwort von ISPA-Chef Schubert. Er verwies darauf, dass es nicht die Aufgabe der Internetanbieter sein könne, ihre Kunden auf deren Gesinnung zu prüfen. "Das eigenmächtige Löschen von Inhalten jenseits der strafrechtlichen Relevanz käme einer Zensur gleich", stellte Schubert klar. Zudem würden derartige Klauseln in den AGB laut Regulierungsbehörde RTR unzulässig sein, so Schubert.

Provider werden erst bei Gesetzesverstößen aktiv
Bei Gesetzesverstößen werde die ISPA aber sehr wohl tätig. 1998 wurde dafür die Plattform "Stopline" gegründet, die mit den jeweils zuständigen Behörden kooperiert. User melden dort verdächtige Inhalte. 2011 war dies etwa 3.548 Mal der Fall, davon waren 549 Meldungen tatsächlich Hinweise auf illegale Inhalte. 41 davon fielen laut ISPA unter das Delikt "Nationalsozialistische Wiederbetätigung". Das Gros der Fälle betraf Kinderpornografie.

Für Lukas Wurz, Aktivist der von den Grünen finanzierten Plattform stopptdierechten.at, müsse von Fall zu Fall unterschieden werden, wenn es darum gehe, zwischen "freier Meinungsäußerung und offenem Rassismus" zu unterscheiden. Für Taten, bei denen das Strafgesetzbuch nicht mehr greift, forderte Wurz die Möglichkeit einer gesetzlich bestimmten Richtigstellung von Aussagen, die nicht der Realität entsprechen. So will er Desinformation mit rassistischem Unterton einen Riegel vorschieben. Auch die User selbst seien zudem gefordert, in sozialen Netzwerken aufgestellte Behauptungen zu berichtigen.

Verfassungsschutz ist auf Tatbestände angewiesen
Ein klar definierte Rolle nimmt das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bei Online-Delikten ein: "Immer wieder muss ein Tatbestand gefunden werden", so BVT-Sprecher Walter Jaroschik, denn moralisch Verwerfliches fällt nicht immer unter das Strafrecht. Karin Pöllmann, ebenfalls vom BVT, gab zu bedenken, dass "Rechtsextremismus gesellschaftspolitisch definiert wird". Extremismus sei gesetzlich nicht geregelt, wenn es sich nicht um die Delikte Wiederbetätigung oder Verhetzung handle. "In diesen Fällen ist allein das Strafgesetzbuch relevant", so Pöllmann.

Extreme Einstellungsmuster wie Fremdenfeindlichkeit und Alltagsrassismus seien indes kein Alleinstellungsmerkmal der rechten Szene, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft zu finden. Rund 90 Prozent der gesamten rechtsextrem motivierten Taten seien nicht der Szene zuzurechnen, sagte Pöllmann. Die Gefahren aus dem Netz können im Einzelfall groß sein. Etwa "durch ein xenophobes, aus dem Internet generiertes Weltbild," das dann zu radikalen Einzeltätern wie dem norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik führen könne.

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