Krise erst am Anfang

Massive Auswirkungen auf Psychotherapie-Patienten

Wissenschaft
24.04.2020 14:10

Die Einschränkung der sozialen Kontakte aufgrund der Corona-Pandemie hat auch gravierende Auswirkungen auf Psychotherapie-Patienten. Das geht aus einer Online-Umfrage unter heimischen Psychotherapeuten hervor. 70 Prozent der Patienten bemerken bereits negative Auswirkungen, eine weitere Verschärfung wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Die Hotlines sind enorm gefragt.

Die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise haben bereits massive Auswirkungen auf jene Menschen, die sich derzeit in Psychotherapie befinden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie (ÖBVP) in Zusammenarbeit mit der Donau-Universität Krems, die dazu 1.547 heimische Psychotherapeuten befragt hat.

Auswirkungen auf vielen Ebenen
Demnach wirken sich die Beschränkungen in Österreich für 70 Prozent der Patienten ausschließlich negativ aus. 16,3 Prozent gaben sowohl negative als auch positive Aspekte (etwa mehr Zeit mit der Familie) an, immerhin 5,3 Prozent bemerkten ausschließlich Positives, für 8,5 Prozent gab es (noch) keine Effekte. „Obwohl diese Maßnahmen notwendig und effektiv sind, gab es eine größere Belastung und Probleme im sozialen sowie im wirtschaftlichen Bereich bei den Patienten“, erläuterte Thomas Probst von der Donau-Universität Krems.

Fehlende Tagesstruktur erschwert den Alltag
Bei der Befragung seien Angst, Isolation und Einsamkeit als die stärksten Gefühle angegeben worden, die durch die fehlenden sozialen Kontakte bzw. den wirtschaftlichen Konsequenzen empfunden wurden. Die Belastung auf die eigene psychische Gesundheit sei für viele deutlich spürbar, Symptome würden stärker, die fehlende Tagesstruktur erschwere den Alltag und die gewohnte Psychotherapie im direkten Kontakt werde vermisst. Eine zusätzliche Herausforderung für Patienten und Therapeuten sei die zuletzt nur über Telefon bzw. das Internet abwickelbare Beratung.

Psychische Belastung steigt zunehmend
Der derzeit bereits hohe Bedarf zur Linderung der psychischen Herausforderungen dürfte sich in den nächsten Monaten sogar noch erhöhen. „Es gibt während, aber auch nach dieser Ausnahmesituation einen hohen Bedarf an psychotherapeutischer Aufarbeitung“, erklärte ÖBVP-Präsident Peter Stippl. Psychisch ohnehin belastete Menschen spüren die derzeitigen Probleme noch sehr viel deutlicher. Ein Hilfsmittel neben den von den Krankenkassen in gewissen Kontingenten übernommenen Therapien stellen auch die aktuell besonders nachgefragten Telefonhotlines dar.

Telefonische Beratungszeit mehr als vertausendfacht
Einen massiven Anstieg an Hilfsbedarf verzeichneten in den vergangenen Wochen auch Psychologen. Wie der Berufsverband BÖP angibt, habe sich die wöchentliche Beratungszeit seiner Gratis-Telefonhotline im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um mehr als 1000 Prozent erhöht. Die Steigerung kommt auch durch die Ausweitung der zeitlichen Erreichbarkeit der Hotline zustande. Der BÖP fordert daher die Aufnahme von Psychologischen Therapien als Kassenleistung. „Psychische Versorgung darf gerade jetzt nicht zu einem Luxusgut werden“, betonte BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger.


Haben Sie selbst oder eine Ihnen nahestehende Person psychische Probleme oder Suizidgedanken? Sofortige Hilfe und Unterstützung erhalten Sie rund um die Uhr bei der anonymen und kostenlosen Telefonseelsorge unter 142 (Notruf); täglich 0-24 Uhr; Telefon-, E-Mail- und Chat-Beratung für Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Krisenzeiten; Online unter www.telefonseelsorge.at.

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