Virtuelle Welt

“Second Life” laut Entwickler Linden Lab überlebensfähig

Web
19.10.2009 14:52
"Second Life"-Entwickler Linden Lab glaubt nicht an ein Sterben der virtuellen Welt und überarbeitet die Online-Plattform derzeit. Das soll den ramponierten Ruf der zum Start vor zwei Jahren gehypten Plattform wieder aufpolieren. Im Gefolge des Pioniers hoffen auch Konkurrenten auf eine zweite Chance für das dreidimensionale Internet.

Von der "Zukunft des Internet" sprach mancher, nachdem "Second Life" immer bekannter wurde und Millionen Menschen virtuelle Ausflüge versuchten. Im April 2007 gingen die Marktforscher der US-Firma Gartner davon aus, dass bis 2011 acht von zehn Nutzern mit einem Avatar in einer 3D-Welt unterwegs sein werden. Heute klingt das nach einer grotesken Fehleinschätzung - "Nische statt Massenmarkt" lautet die Devise.

Die harte Kritik will Mark Kingdon, Chef von Linden Lab, dennoch nicht gelten lassen: "Die Wahrnehmung von Second Life entspricht nicht der Realität." Das Entwicklerteam habe anfangs nicht mit dem riesigen Andrang Schritt halten können, gesteht er ein. Doch heute sei die 3D-Welt stabil - und bei Weitem nicht entvölkert: Rund 16 Millionen Nutzer sind registriert, jeden Monat loggt sich eine Million von ihnen ein. Ebenso wichtig für das Unternehmen: Sie verbringen im Schnitt immer mehr Zeit auf der Plattform.

Online-Welt wird renoviert
Um künftige Besucher nicht gleich abzuschrecken, renoviert Linden Lab derzeit sein digitales Reich. Rund 50 Programmierer überarbeiten bis Jahresende die Software, die Nutzer auf ihrem Rechner installieren müssen. Geplant ist etwa eine vereinfachte Suche. Wer sich an einen anderen Ort beamen möchte, tippt ihn einfach in ein Fenster ein, wie man es vom Browser kennt. Vor- und Zurück-Buttons erlauben Sprünge durch den virtuellen Raum.

Bereits vor einigen Monaten verbannte die Firma aus San Francisco nicht jugendfreie Inhalte in einen virtuellen Rotlichtbezirk. Nur wer sich bei der Registrierung als Erwachsener ausweisen kann, kommt dort rein. Kein Avatar soll es ungewollt mit Sex, Drogen und Gewalt zu tun bekommen - das schadet dem ohnehin angeschlagenen Ruf.

Neue Geschäftsmodelle
Parallel werkelt Linden Lab am Geschäftsmodell. Eine Plattform soll Nutzern außerhalb der USA den Devisenumtausch erleichtern und so den Firmenumsatz ankurbeln. Mit den virtuellen Linden-Dollars können sich Avatare in "Second Life" Appartements, Turnschuhe oder fesche Möbel kaufen - und der Anbieter verdient dank der Umtauschgebühr mit. Die Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken, die Nutzer beliebig gestalten und bebauen können, landen sogar komplett in San Francisco. Nach eigenen Angaben ist Linden Lab schon seit Längerem profitabel. Die Marktforscher von Next Up Research schätzen den Wert der Firma auf 650 bis 700 Millionen Dollar (436 bis 470 Millionen Euro).

Einen weiteren Geschäftszweig will Mark Kingdon ab November erschließen. Immer mehr Unternehmen und Hochschulen nutzen die Plattform für kostengünstige Lehrveranstaltungen und Geschäftstreffen über die Distanz. Firmenkunden sollen gegen Gebühr geschützte virtuelle Konferenzräume innerhalb der eigenen Firewall aufbauen können. Passende Kostümchen und Anzüge gibt es gratis dazu. Experten trauen solchen Unternehmenslösungen ein rapides Wachstum zu.

Neue Anbieter wittern Geschäft
Auf einen Erfolg in der Nische hoffen auch andere Firmen - etwa das Startup Metaversum aus Brandenburg. Die Macher der 3D-Welt "Twinity" setzen einen Kontrapunkt zum großen Rivalen: "Wir bauen Städte maßstabsgetreu nach", sagt Mitgründer Mirko Caspar. Karten und dreidimensionale Modelle von Gebäuden dienen dabei als Vorlage. Seit einem Jahr steht eine Kopie von Berlin im Cyberspace, später folgte Singapur. London ist in Arbeit.

Zwischen Brandenburger Tor und Reichstag sind keine Fantasiewesen unterwegs wie bei "Second Life" üblich, sondern menschlich geformte Avatare. "Bei uns geht es um die echte Identität", betont Caspar. Die Plattform sei geeignet, "das Netz sozialer und gemeinsam erlebbar" zu machen. Bislang haben sich weltweit 180.000 Nutzer registriert. Wie viele von ihnen regelmäßig online sind, sagt das Unternehmen nicht.

Bei allen Unterschieden ähnelt das Geschäftskonzept dem von "Second Life": Immobilien und Tauschgebühren für die virtuelle Währung sollen Umsatz bringen. Zudem setzt Metaversum auf Werbung - Firmen wie Sony und Immonet seien bereits aktiv. Über Geschäftszahlen schweigt sich das Unternehmen aus.

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