Luxus mit Preisverfall

BMW iX: Irritator mit Angst vor der Neuen Klasse

Motor
10.11.2025 06:00

Eine Schönheit ist er noch immer nicht, der BMW iX, und ein BMW im klassischen Sinn auch nicht. Doch seit dem Facelift ist er optisch eine Spur bekömmlicher, vor allem ist er aber technisch gereift. Sparsamer, reichweiter, stärker. Und kaum weniger irritierend.

Mit dem Prinzip Irritation fährt BMW generell nicht schlecht. Immer wieder schaffen sie es, Autos auf den Markt zu bringen, die scheinbar mit der Tradition der Marke brechen und gefühlt auf breite Ablehnung stoßen. Und dann verkaufen sie sich wie geschnitten Brot. Siehe 7er-Reihe. Siehe BMW X6. Und eben der iX.

Zur BMW-Tradition gehören nicht nur sportliche und glaubhaft sparsame Autos, sondern auch, sich etwas zu trauen, das nicht allen gefällt. Sie kommen in München gut klar damit, dass ich seit Jahren in jedem zweiten Fahrbericht die Darstellung von Rundinstrumenten am Tachodisplay einfordere oder das Im-Menü-Verstecken von Funktionen, die einst direkt erreichbar waren, anprangere. Auch dass ich das (auch intern umstrittene) Design des iX misslungen finde, wird ihnen im weltberühmten Vierzylinder wurscht sein. Warum? Der Erfolg gibt ihnen Recht.

Den iX kann man atmosphärisch sogar als Schritt in Richtung Neue Klasse sehen (obwohl die ihn um Generationen abhängt und er ein Solitär ohne Zukunft ist). Sein Cockpit hat etwas Loungeartiges und die Gestaltung des Armaturenbretts scheint die Einführung von Panoramic Vision (das über den kompletten unteren Rand der Windschutzscheibe eingespiegelte Display) vorwegzunehmen, das auch so eine mutige Entscheidung ist. In dem Fall grundlegend, weil sie alle künftigen BMWs betreffen wird.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Derweil bleibt es noch beim Curved Display, das im iX seinerzeit Premiere gefeiert hat und seither nach und nach alle klassischen BMW-Cockpits verdrängt hat. Mit Einführung der Neuen Klasse wird es verschwinden.

Das Bediensystem wurde auf den neuesten Letztstand gebracht. Das Sprungbrett zur Neuen Klasse, sozusagen. Drehdrücksteller, Touchscreen ohne Handauflage, gute Kombination aus Karte und Durchscroll-Widgets am Home-Screen.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Beim Navigieren mit Google Maps über Apple CarPlay hat sich eine Besonderheit gezeigt: Wenn das Google im Hintergrund navigiert, im Vordergrund aber das On-Board-Navi zu sehen ist, zeigt dieses sogar die Ankunftszeit an – übernommen von Apple CarPlay. Einschließlich des Hinweises, dass man fürs Navigieren Apple CarPlay aktivieren muss.

Das Platzangebot geht für ein unter 5 m langes SUV schwer in Ordnung, auch auf der Rückbank. Der Gepäckraum misst 500 bis 1750 Liter, die Lehnen sind fernentriegelt.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Unterwegs im neuen Topmodell iX M70
Man sollte noch immer keine Tasche vor den Beifahrersitz stellen, weil sie dem Fahrer in der nächsten etwas schärfer gefahrenen Kurve zwischen die Füße fällt. Dafür, dass zumindest der Fahrer in Position bleibt, sorgt der im M70 serienmäßige M-Multifunktionssitz, dessen Lehne sich bei Aktivierung des Sportmodus seitlich verbindlich an den Rücken legt. Man sitzt noch immer sehr bequem, aber mehr „hoch auf dem gelben Wagen beim Schwager vorn“ als BMW-typisch integriert.

Für großflächiges In-den-Sitz-Pressen sorgt die auf bis zu 485 kW/659 PS im Sport-Modus angehobene Leistung und das maximale Drehmoment von asphaltmalträtierenden 1015 Nm (mit Launch Control 1100 Nm). Standardsprint: 3,8 Sekunden, Vmax 250 km/h. Nutzt man das Potential aus, sollte man allein unterwegs sein, denn bei unvermittelter Beschleunigung meldet sich gern das Frühstück des Beifahrers zurück.

Fürs gemeinsame Genießen eignet sich das optionale B&W-Diamond-Surround-Soundsystem mit in die Sitze integrierten Shakern um knapp 5000 Euro – wohl mit das Beste, was man in dem Bereich irgendwo ab Werk bekommt. Die Anlage ist so intelligent abgestimmt, dass die Vibrationen aus dem Sitz leicht verzögert kommen, um die Illusion zu kreieren, dass sie vom Schall aus den Lautsprechern ausgelöst werden. Erstklassig.

Freude am Gleiten
Geräusche stören den Musikgenuss während der Fahrt nicht, der iX ist herausragend leise. Und mit dem im M70 serienmäßigen adaptiven Luftfahrwerk (ich hätte beinahe Lustfahrwerk geschrieben, was auch nicht verkehrt wäre) unfassbar komfortabel. Bodenunebenheiten atmet der BMW geschmeidig weg, bis man auf Sport umschaltet. Dann morst die Straße ihren Zustand per Standleitung.

(Bild: Stephan Schätzl)

Die Lenkung ist weniger kommunikativ, sondern eher gefühllos. Das ist umso irritierender, als der iX M70 mit seiner Hinterachslenkung und der Lenkungsabstimmung offenbar den Eindruck erwecken soll, ein Kleinwagen zu sein. Identitätskrise (Auto) trifft Midlife Crisis (Fahrer) – eine tolle Kombination. Dass der Testwagen leer 2580 kg auf die Waage bringt, merkt man ihm erst dann an, wenn man zu schnell in eine enge Kurve hineinsticht und an die Grenzen der Physik gelangt.

Natürlich sind frappierende Kurvengeschwindigkeiten möglich. Man fühlt sich an einen Wal erinnert, der scheinbar schwerelos durchs Wasser gleitet.

Alle besser als vorher
Alle iX-Versionen haben zwei stromerregte Synchronmotoren und damit Allradantrieb. Leistung und Reichweite, teilweise auch die Batteriekapazität wurden mit dem Facelift gesteigert (Einzelheiten finden Sie hier!).

Im M70 bin ich auf einen Durchschnittsverbrauch von 26 kWh/100 km gekommen, mit hohem (aber bravem) Autobahnanteil. Offiziell ist die netto 108,9 kWh speichernde Batterie für 521 bis 600 Kilometer gut, faktisch waren immer gut 400 Kilometer möglich. Theoretisch, denn auf 0 Prozent runterfahren ist unrealistisch, auf 100% Laden auf Dauer nicht ratsam. Von 10 bis 80% gibt BMW 35 Minuten an, bei einer maximalen Ladeleistung von 195 kW. Kein Ruhmesblatt für die stolzen Münchner. Aber die 800 Volt der Neuen Klasse werden das Image retten.

Der Preis ist gesunken
Trotz besserer Ausstattung und technischer Daten ist der BMW iX M70 um 13.000 Euro billiger geworden und seit dem Facelift ab 124.950 Euro zu haben. Dass der Testwagen trotzdem auf 145.000 Euro kommt, liegt an den Extras vom Österreich-Sportpaket über Driving- und Parking-Assistenten bis hin zum B&W-Sound. Den sollte man auch dann mitbestellen, wenn man dann auf seine tägliche warme Mahlzeit verzichten muss.

Der Basis-iX ist übrigens nominell teurer geworden, der hat aber auch eine deutlich größere Batterie bekommen.

Fahrzit
Nichts ist so alt wie die Zeitung von heute oder ein BMW iX, sobald die Neue Klasse mit ihrem ersten Vertreter, dem BMW iX3, erscheint. Mit dem Facelift haben sie ihn aber vor der Mottenkiste bewahrt. Ob er genug Auto und Technik fürs Geld bietet, muss man sich auch nach der Preissenkung gut überlegen. Fakt ist: Er kann mit Luftfahrwerk mächtig gleiten und er bleibt dauerhaft ein Monolith ohne Nachfolger. Vielleicht schafft er es so in 30 Jahren sogar zum begehrten Klassiker.

Warum?
Gelungenes Update
Sehr komfortabel, trotzdem auch sportlich

Warum nicht?
Optik nicht jedermanns Sache
Gefühllose Lenkung

Oder vielleicht …
… Mercedes EQE SUV, Audi Q8 e-tron, Tesla Model Y, Smart #5, Kia EV9

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