„Steuer-Deal“

Heftiger Streit um Kika/Leiner im Nationalrat

Politik
14.06.2023 17:25

Die Schieflage bei Kika/Leiner hat am Mittwoch auch den Nationalrat erreicht. Die SPÖ forderte in einem „Dringlichen Antrag“ eine Jobgarantie für die Beschäftigten. Einen anderen Zugang wählte die ÖVP: Sie verweist Gekündigte an das AMS. 

Millionen scheffeln und nichts zurückgeben? Das hält die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr für „unfassbar“. Darum forderten die Sozialdemokraten im Nationalrat eine Jobgarantie für alle Kika/Leiner-Beschäftigten.

Die SPÖ pochte in einem „Dringlichen Antrag“ zudem auf die Rückzahlung von Steuerrückständen sowie die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber allen Unternehmen, die dem Investor René Benko zuzurechnen sind.

Denn für Benko sei der Kika/Leiner-Deal ein lukratives Geschäft gewesen. Dass dieser nur Interesse an den Immobilien, nicht aber am Möbel-Geschäft gehabt habe, sei immer absehbar gewesen, meinte Herr.

ÖVP streitet Einflussnahme ab
Besonders entrüstete sie, dass Benko laut einem „Falter“-Bericht möglicherweise einen „Steuer-Deal“ durch das Finanzministerium bekommen habe. In Richtung ÖVP meinte die SP-Abgeordnete: „Für ihre befreundeten Millionäre haben sie wieder dafür gesorgt, dass sie keine Steuern zahlen müssen.“ Die ÖVP attackierte Herr wegen angeblicher Interventionen für den Unternehmer.

Hinsichtlich der Vorgänge um die Übernahme von Kika und Leiner durch Signa im Jahr 2018 wirbelt der neue Bericht Staub auf. Wie Unterlagen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die auch der „Krone“ vorliegen, zeigen, soll der damalige Sektionsleiter im Finanzministerium und heutige Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA), Eduard Müller, im Zuge der Übernahme zugunsten Benkos in einer anderen Steuerangelegenheit interveniert haben.

Laut „Falter“ wird Müller durch die Aussage eines hochrangigen Finanzamt-Mitarbeiters belastet. Zu einem möglichen Ermittlungsverfahren gegen Müller wollte sich die WKStA nicht äußern. Auch das Finanzministerium wollte am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. Das Ministerium berief sich dabei auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht.

Herr: Kika/Leiner kein Einzelfall
Kika/Leiner sei kein Einzelfall gewesen, verwies Herr darauf, dass auch bei der AUA nach den Staatshilfen Beschäftigte gehen hätten müssen. Position der SPÖ sei immer gewesen, dass Wirtschaftshilfen nicht bedingungslos fließen dürften - sondern im Gegenzug zu Garantien.

Nunmehr würden 1.900 Beschäftigte wohl ihren Job verlieren und der größte Gläubiger sei die Republik Österreich: „Es geht also auch um Steuergeld in Millionenhöhe.“ Von der ÖVP forderte Herr: „Setzen sie sich so vehement, wie sie sich für einen der reichsten Menschen der Welt eingesetzt haben, für die Beschäftigten ein.“

ÖVP verweist Beschäftigte an das AMS
Die Antworten auf den „Dringlichen Antrag“ kamen nicht wie erhofft vom Kanzler, sondern von dessen Staatssekretärin. Claudia Plakolm (ÖVP), eigentlich für Jugend und Zivildienst zuständig, versicherte, dass alle Anstrengungen unternommen würden, Schaden für die Steuerzahler zu verhindern und die Beschäftigten gemäß ihren Fertigkeiten und Interessen am Arbeitsmarkt zu vermitteln. Mehrere Unternehmen hätten schon Aufnahmen zugesagt.

Plakolm will, dass die Mitarbeiter rasch wieder Sicherheit finden, indem sie umfassend unterstützt werden. Das AMS führe bereits mit dem Wirtschaftsministerium Gespräch, um schnell neue Perspektiven für die Mitarbeiter zu finden.

Auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will sich „mit aller Kraft dafür einsetzen“, die Kika/Leiner-Mitarbeiter zu unterstützen. Man sei mit dem AMS und den Sozialpartnern in Gesprächen. Das AMS sei sehr gut darauf vorbereitet, es gebe im Handel knapp 20.000 gemeldete offene Stellen. Kocher kündigte auch einen zentralen Ansprechpartner auf Bundesebene an.

ÖVP und FPÖ kritisieren SPÖ
Christian Stocker (ÖVP) und Christian Hafenecker (FPÖ) kritisierten wiederum die Sozialdemokraten, sei doch der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer Vorsitzender mehrere Aufsichtsräte der Signa Holding. Auch NEOS-Unterstützer Hans Peter Haselsteiner sei mit 15 Prozent an der Signa-Gruppe beteiligt, so Hafenecker. Der ÖVP warf er vor, den Steuerzahler ausgebeutet zu haben. Der SPÖ schlug er wiederum vor, einen gemeinsamen Untersuchungsausschuss zur Sache zu starten.

Benko komme, räume aus, ziehe weiter und hinterlasse eine Sauerei, meinte Nina Tomaselli (Grüne). Er habe „keinen Bock“ gehabt, Steuern zu zahlen, und sei vom türkisen Finanzministerium unterstützt worden. Dass Kika/Leiner Hilfsgelder aus der COFAG bekommen hatte, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS) die „slimfitte Wirtschaftspolitik des ehemaligen Kanzlers Kurz“. Hier seien noch viele Fragen offen.

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