Günstige Prothese

Forscher entwickeln aufblasbare Roboterhand

Elektronik
18.08.2021 10:31

Forschende des Massachusetts Institute of Technology und der Shanghai Jiao Tong University haben eine aufblasbare Roboterhand entwickelt, die im Vergleich zu herkömmlichen Neuroprothesen mit Metallskelett und Elektromotoren nicht nur leichter, sondern vor allem deutlich günstiger ist. Erste Tests erlaubten es Amputierten, alltägliche Aktivitäten wie das Schließen eines Koffers, das Einschenken eines Safts oder das Streicheln einer Katze genauso gut - und in einigen Fällen sogar besser - auszuführen wie mit steiferen Prothesen.

Die intelligente Hand ist weich, elastisch und wiegt weniger als 250 Gramm. Ihre Komponenten belaufen sich auf rund 500 US-Dollar (rund 426 Euro) - und damit auf lediglich einen Bruchteil konventioneller Neuroprothesen, die Zehntausende Dollar kosteten, so das MIT in einer Mitteilung.

Das Design erinnert an jenes des aufblasbaren Roboters „Baymax“ aus dem gleichnamigen Animationsfilm. Wie beim Androiden besteht die künstliche Hand aus dehnbarem Material - in diesem Fall dem kommerziellen Elastomer EcoFlex. Die Prothese besteht aus fünf ballonartigen Fingern, von denen jeder mit Fasersegmenten - ähnlich den Gelenkknochen in echten Fingern - verstärkt ist. Die biegsamen Finger sind schließlich mit einer 3D-gedruckten „Handfläche“ verbunden, die wie eine menschliche Hand geformt ist.

Pneumatisches System statt Elektromotoren
Anstatt jeden Finger mit montierten Elektromotoren zu steuern, wie dies bei den meisten Neuroprothesen der Fall ist, verwendeten die Forscher ein einfaches pneumatisches System, um die Finger aufzublasen und in bestimmte Positionen zu biegen. Dieses System mit kleiner Pumpe und Ventilen könne an der Taille getragen werden, wodurch das Gewicht der Prothese deutlich reduziert werde, hieß es.

Das pneumatische System empfängt schließlich Signale von sogenannten Elektromyographie-Sensoren (EMG), die elektrische Signale messen, die von Motoneuronen erzeugt werden, um die Muskeln zu kontrollieren. Die Sensoren werden an der Öffnung der Prothese angebracht, wo sie an der Extremität des Benutzers befestigt wird. Dabei können die Sensoren Signale von einem Stumpf aufnehmen, etwa wenn sich ein Amputierter vorstellt, eine Faust zu machen.

Algorithmus „dekodiert“ Muskelsignale
Das Team verwendete dann einen bestehenden Algorithmus, der Muskelsignale „dekodiert“ und sie mit gängigen Greiftypen in Beziehung setzt. Stellt sich ein Amputierter beispielsweise vor, ein Weinglas zu halten, nehmen die Sensoren die Restmuskelsignale auf, die der Controller dann in entsprechende Luftdrücke umsetzt. Die Pumpe übt dann diese Luftdrücke aus, um jeden Finger aufzublasen und den beabsichtigten Griff des Amputierten zu erzeugen.

Taktiles Feedback
Die Forscher gingen bei ihrem Design noch einen Schritt weiter und implementierten taktiles Feedback - eine Funktion, die in den meisten kommerziellen Neuroprothesen nicht enthalten ist. Dazu befestigten sie an jede Fingerkuppe einen Drucksensor, der bei Berührung oder Druck ein dem gemessenen Druck proportionales elektrisches Signal erzeugt. Jeder Sensor ist mit einer bestimmten Stelle am Stumpf eines Amputierten verkabelt, sodass Anwender etwa „fühlen“ können, wenn der Daumen der Prothese gegen den Zeigefinger gedrückt wird.

Design zum Patent angemeldet
Das Team hat das Design über das MIT bereits zum Patent angemeldet und arbeitet nun daran, die „Wahrnehmung“ und den Bewegungsbereich der aufblasbaren Roboterhand zu verbessern. „Dies ist noch kein Produkt, aber die Leistung ist bereits vergleichbar oder besser als die bestehender Neuroprothesen, worüber wir begeistert sind“, wird Xuanhe Zhao, Professor für Maschinenbau und Bau- und Umweltingenieurwesen am MIT, zitiert. „Es gibt ein enormes Potenzial, diese weiche Prothese für Familien mit geringem Einkommen, die an einer Amputation leiden, sehr kostengünstig herzustellen.“

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