FPÖ-Chef im Interview

Hofer: „Nicht unwahrscheinlich, dass ich antrete“

Politik
02.02.2021 06:00

Ein Teil der FPÖ tritt bei untersagten Demos im Umfeld von Rechtsextremen auf und rückt die ÖVP in die Nähe des Austrofaschismus - Parteichef Norbert Hofer kritisiert das nicht, verteidigt gar Herbert Kickl und den blauen Corona-Wechselkurs. Einem Misstrauensvotum gegen Sebastian Kurz & Co. würde er zustimmen - und 2022 bei der Hofburg-Wahl vermutlich doch antreten.

„Krone“: Herr Hofer, Sie hatten im Herbst selbst Corona. Spüren Sie noch etwas davon?
Norbert Hofer: Ja, ich spüre immer noch etwas. Am Anfang waren die Symptome wie bei einer Grippe, Kopfschmerzen und so weiter. Dann kam eine Kurzatmigkeit dazu, die ist noch immer nicht ganz weg.

Hatten Sie da nie Momente, in denen Sie an der FPÖ-Kampagne gegen die Corona-Maßnahmen zweifelten?
Nein. Ich kann nicht von meinem Fall auf andere schließen. Die Frage bleibt: Soll ich Menschen bestrafen, die nicht geimpft sind? Die keinen Test hatten? Da sage ich: nein. Ich will keine Zweiklassengesellschaft, keinen „Covidismus“. Denn das, was die Politik da gemacht hat, bleibt ja in den Köpfen: Grund- und Freiheitsrechte stark beschneiden, bis zum Verbot politischer Veranstaltungen.

Apropos: Haben Sie als Parteichef kein Problem damit, wenn blaue Mandatare bei einer untersagten Demo auftauchen, bei der auch Identitären-Boss Martin Sellner und Neonazi Gottfried Küssel dabei sind? Herbert Kickl wollte dort sogar eine Rede halten.
Zunächst einmal gab es ja keine Demo, weil diese untersagt wurde. So war es ein Spaziergang. Und ich halte es für wichtig, dass sich Mandatare dort auch ein Bild machen. Die sind ja nicht in einem Elfenbeinturm eingesperrt.

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Herbert Kickl ist die Antithese zur Regierungspolitik. Meine Aufgabe ist es, die Synthese zu sein.

Norbert Hofer

Sie meinen also echt, die waren dort nur als Beobachter, nicht als Demonstranten?
Richtig. Es ist auch falsch zu sagen, dass dort lauter Rechtsextreme sind. Die allermeisten dort sind ganz normale Menschen.

Aber Küssel und Sellner waren dort. Ist das für Sie in Ordnung, da mitzuspazieren?
In diese Falle darf man nicht tappen. Damit könnte ein Herr Küssel jede Demo kippen, indem er dort erscheint. Davon darf man sich nicht abhalten lassen.

Die FPÖ forderte unlängst selbst, dass der Innenminister Demos in Wien-Favoriten verbietet. Das geht also schon?
Da gab es ärgste Ausschreitungen. Das war ja bei der letzten Corona-Demo nicht der Fall.

Die ÖVP fordert die drei freiheitlichen Demo-Besucher nun zum Rücktritt auf. Was halten Sie davon?
Nichts. Da würden mir viele andere Rücktrittsaufforderungen einfallen, die gerechtfertigt wären, zum Beispiel in Richtung Gesundheitsminister.

Herbert Kickl schreibt auf Facebook: „Kurz muss weg“. Sehen Sie das auch so?
Kickl ist einer, der sehr hart in die Diskussionen hineingeht. Und er hat auch meine Unterstützung dafür. Er ist die Antithese zur Regierungspolitik. Meine Aufgabe ist es, die Synthese zu sein und zu schauen, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen. Jetzt etwa bin ich dafür, unter gewissen Regeln aufzumachen.

Würde die FPÖ einem Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung zustimmen?
Ja. Ich glaube, wir müssen zurück in die Zukunft und schauen, dass wir das Land wieder herrichten, damit es zukunftsfit ist. Da passiert derzeit nichts.

Kickl, der Hegel-Forscher, ist als Antithese aber extrem. Er und andere Blaue rücken die ÖVP stets in die Nähe des Austrofaschismus. Damals aber wurden politische Gegner zu Tausenden eingesperrt, Parlament und Verfassungsgerichtshof ausgeschaltet. Was soll dieser Vergleich?
Man muss davor warnen. Ich sage nicht, dass wir im Austrofaschismus sind.

Andere Blaue tun das: Dagmar Belakowitsch etwa sagte, der Kanzler will ein Land der „Hahnenschwanzler“, Bundesrat Christoph Steiner erklärte allen Ernstes, Engelbert Dollfuß sei im Vergleich zu Kurz „ein Lercherlschas“.
Ich kann und will niemandem den Mund verbieten, auch wenn sie vielleicht manchmal über das Ziel hinausschießen. Das ist mir lieber als eine Regierung, die die Verfassung bricht und sagt, dass das eh nicht mehr gilt, bis der VfGH entscheidet. Da fehlen mir die Worte. Wir sind auf die Verfassung angelobt. Da hätte sich auch der Bundespräsident melden müssen.

Genau genommen, waren diese Verordnungen ja nicht per se verfassungswidrig, sondern über das Covid-Gesetz hinausschießend.
Aber die Verordnungen wurden vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.

Würden Sie denn wieder mit der Kurz-ÖVP koalieren?
Es geht darum, möglichst viel von den eigenen Inhalten umzusetzen. Das muss man nach einer Wahl abklären. Etwa, dass kein Lockdown mehr möglich ist, auch bei der direkten Demokratie würde ich nicht mehr so nachgeben wie in der letzten Koalition mit der ÖVP.

Das war jetzt kein Nein.
Wir haben immer kritisiert, dass sich die SPÖ entschlossen hat, mit der FPÖ nicht zu koalieren. Die Ausgrenzung einer Partei ist kein guter Weg für eine Demokratie. Wofür ich aber nicht zur Verfügung stehe, ist ein fliegender Wechsel.

Oberösterreich wählt im Herbst. Soll Schwarz-Blau dort fortgesetzt werden?
Ja, da wäre ich dafür. Dort ist es gelungen, freiheitliche Handschrift umzusetzen.

Treten Sie im Herbst 2022 bei der Hofburg-Wahl an?
Das hängt von der Situation ab, meine Entscheidung werde ich etwa ein Jahr vorher treffen. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass ich 2022 antrete.

Wovon hängt es denn ab?
Davon, ob der aktuelle Bundespräsident kandidiert und ob die anderen Parteien antreten. Wenn er nicht kandidiert, ist es einmal sehr wahrscheinlich, dass ich antrete. Aber auch wenn er es tut, wird man es nicht so stehen lassen können, dass andere Parteien sagen, sie kandidieren nicht.

So Sie antreten: Wer wird dann Chef der FPÖ? Kickl?
Wenn sich die Frage stellt, werden wir das diskutieren. Wir haben das Glück, ein paar Persönlichkeiten dafür zu haben. Aber es muss auch jemand wollen. Denn der Job als Parteiobmann ist durchaus herausfordernd.

Will Kickl ihn überhaupt?
Darüber haben wir nicht gesprochen.

Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung

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