Macht der Algorithmen

Experte: „Die digitale Diktatur wird nicht kommen“

Web
04.02.2019 08:30

Je besser Algorithmen bei der Analyse und Verknüpfung von Daten werden, desto weitreichender können die Entscheidungen für den Einzelnen werden, die auf der Basis von künstlicher Intelligenz getroffen werden - von der Kreditwürdigkeit bei Banken bis zu den Chancen am Arbeitsmarkt. Eine „digitale Diktatur“ sieht US-Informatikexperte Andrew Glassner deshalb aber noch nicht angebrochen.

Auf eine entsprechende Publikumsfrage bei der vom Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung veranstalteten Konferenz „Visual Computing Trends 2019“ hin, erteilte Glassner einer solchen Dystopie eine Abfuhr. Denn das setze voraus, dass eine zentrale Institution die Macht über die Daten der Menschen in sich vereine. Das sei unrealistisch. Sehr wohl aber sei denkbar, dass es zu einer Art „verteilter Unterdrückung“ durch verschiedene, dezentrale Institutionen kommen könne, die auch im (Daten-)Wettstreit zueinanderstehen könnten. Entscheidungen, die aufgrund dieser Daten getroffen werden, seien bereits heute kaum noch nachvollziehbar, weil sie versteckt und intransparent im Hintergrund ablaufen.

Um als Konsument der Datensammelwut von Konzernen und Plattformen nicht völlig hilflos ausgeliefert zu sein, gebe es nur eine einzige Lösung: „Bildung ist immer die Antwort.“ „Wenn die Menschen über Optionen informiert sind, dann können sie auch eine Wahl treffen“, so der menschliche Anteil des „Imaginary Institute“ in Seattle - der andere Teil ist laut Website ein Hund. Davor war der Experte für Computergrafik unter anderem für das IBM Watson Lab, Xerox und Microsoft Research tätig.

Technologie nicht fetischisieren
Ähnlich sieht das Ken Perlin, Professor am Department of Computer Science der New York University: „Was immer wir tun, wir sollten die Menschen dazu drängen, individuelle Denker zu werden, die informierte Entscheidungen treffen können.“ Perlin hielt auch ein Plädoyer dafür, bei allen Vorteilen und Annehmlichkeiten, die moderne Technologien mit sich bringen, diese nicht zu fetischisieren. Sein Vorredner Glassner, nach eigenen Angaben ein „unerschütterlicher Optimist“, schlug in dieselbe Kerbe. Sein Smartphone hochhaltend, sagte er: „Ich hoffe, es ist nicht zu spät. Wir können das verdammte Ding noch immer abschalten.“

„Ein bisschen spionieren ist zu viel spionieren“
Ausgerechnet ein Teddybär löste eine Debatte über möglicherweise individuell unterschiedliche Toleranzen gegenüber der Hintergrund-Datenanalyse und -sammlung aus. Das „smarte“ Stofftier eines US-Spielzeugherstellers war vor ein paar Jahren in die Schlagzeilen geraten, weil es Gespräche aus dem Kinderzimmer direkt an das Unternehmen schickte und weil es auch relativ leicht gehackt werden konnte.

Was aber, wenn ein solcher Bär häusliche Gewalt, Depressionen oder Selbstmord-Tendenzen erkennen könnte, wurde aus dem Publikum eingeworfen, wäre dann ein kleines bisschen spionieren ok? Dem erteilten die Experten eine klare Absage. Das beste System, um familiäre Probleme zu lösen, sei nach wie vor die Familie bzw. Menschen, so Glassner: „Ein bisschen spionieren ist zu viel spionieren.“

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