Spionage-Ziele

Glasfaserkabel: Die Internet-Pulsadern am Meeresgrund

Web
26.06.2013 15:00
Sie heißen AC-1 oder TAT-14 und transportieren unvorstellbar große Datenmengen durch die Weltmeere: Die Seekabel, die Kontinente verbinden und das Internet dadurch erst zu dem globalen Datennetz machen, das wir heute kennen. Nun stehen sie im Mittelpunkt der Enthüllungen um die Spionageprogramme des britischen und US-amerikanischen Geheimdienstes. Sie sind sensible Pulsadern der globalen Kommunikation, sorgen mit immenser Kapazität für verzögerungsfreies Streaming und problemlosen E-Mail-Versand. Wir haben uns den Verlauf der Internetkabel am Grund der Ozeane genauer angesehen.

Betrieben wird das globale Netz von Telekommunikationsfirmen. Sie schließen sich üblicherweise in Konsortien zusammen, um sich die Kosten für die Glasfaserkabel zu teilen. Ein zentraler Knotenpunkt auf deutschem Boden ist etwa die von der Deutschen Telekom betriebene sogenannte Seekabelendstelle im ostfriesischen Norden. Dort landet das SEA-ME-WE3-Kabel, das Europa mit Asien verbindet und bis nach Australien reicht. Auch das Kabel TAT-14, das die USA mit Europa verbindet, hat dort eine seiner Verbindungen zu den Datennetzen auf dem Festland.

Briten zapfen deutsches Transatlantik-Kabel an
Genau dieses 15.000 Kilometer lange und 50 Millimeter dicke TAT-14-Kabel belastet jetzt die deutsch-britischen Beziehungen (siehe Infobox). Zumindest für dieses Kabel gilt als sicher, dass es vom britischen Geheimdienst GCHQ im Zuge des Überwachungsprogramms Tempora abgehört wird. Das geht aus Dokumenten hervor, die der US-Enthüller Edward Snowden an die Öffentlichkeit gebracht hat.

Die Kommunikation von Millionen deutschen Bürgern und Firmen, die über das Kabel läuft, dürfte im britischen Cornwall in einer Geheimdienstbasis abgefangen und ausgewertet werden. Man darf davon ausgehen, dass auch österreichische Daten, die über dieses Kabel den Atlantik überqueren, abgehört werden. Tatsächlich macht auch das SEA-ME-WE3-Kabel, das Europa mit Asien verbindet, in England Station. Dass auch dieses Kabel abgehört wird, ist denkbar, bislang gibt es aber keine stichhaltigen Hinweise dafür.

Lebensadern des WWW sind attraktives Anschlagsziel
Die Glasfaserkabel haben aufgrund ihrer immensen Kapazitäten in den vergangenen Jahrzehnten die Verbindung über Satelliten als das wichtigste Bindeglied für die globale Kommunikation abgelöst. TAT-14 überträgt in der Sekunde 1,87 Terabit. Das entspricht der Datenmenge von mehreren hundert DVDs pro Minute, die in dem Kabel den Atlantik überquert.

Ein weiterer großer Vorteil ist die wesentlich bessere Qualität der Übertragung in den Leitungen, in denen Lichtimpulse praktisch ungehindert fließen können. Alles, von diplomatischen Berichten über Internettelefonie bis hin zum Austausch von Börsendaten, erfolgt heute über solche Verbindungen. Das macht die Seekabel so wichtig – aber auch zu einem möglichen Anschlagsziel. Sicherheitsexperten stufen die Internetkabel deshalb längst als kritische Infrastruktur ein.

Karte zeigt: 244 Seekabel verbinden die Welt
Wie beeindruckend das weltumspannende Netz der Seekabel ist, zeigt die Weltkarte der Internet-Unterseekabel des Unternehmens TeleGeography (siehe Infobox). Alle bis Ende 2012 verlegten 244 Kabel sind darauf eingezeichnet, und auch die zwölf Kabel, die bis Ende 2014 in Dienst gestellt werden sollen, werden bereits berücksichtigt. Die Karte zeigt, dass die Verbindungskabel zwischen den Kontinenten in vielen Ländern Station machen und demnach grundsätzlich auch von vielen Ländern angezapft werden könnten.

Die Karte zeigt auch, zwischen welchen Regionen die meisten Daten fließen. Die größte Flut an ein- und ausgehenden Daten ist demnach in den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland zu beobachten. All diese Länder nutzen eine Bandbreite von mehr als 5.000 Gigabit pro Sekunde. Zum Vergleich: Das entspricht 640.000 voll ausgelasteten DSL-Anschlüssen mit einer Datenrate von jeweils acht Megabit pro Sekunde, wie sie heute in vielen österreichischen Haushalten genutzt werden.

Die meisten Länder Afrikas nutzen weniger als zehn Gigabit pro Sekunde – das entspricht selbst in einem Land wie Mosambik mit mehr als 20 Millionen Einwohnern gerade mal 1.280 österreichischen Haushalten, die ihre DSL-Leitung ausreizen. Die Karte veranschaulicht: Wo Wohlstand ist, da sind auch die Internet-Lebenslinien am Meeresgrund.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele