Lebens- und Sozialberaterin Judith Gahleitner erklärt, warum man Trauer nicht als Störfaktor sehen sollte und welche Strategien helfen können, einen Verlust besser zu verarbeiten. Obwohl die Versuchung oft groß ist, den Schmerz zu verdrängen, ist es wichtig, Gefühle auszusprechen und zuzulassen.
Trauer kann uns in vielen Lebenslagen treffen. Im Todesfall, wenn Lebensmodelle gekippt werden, bei Trennungen, unerfülltem Kinderwunsch, Jobverlust, Flucht oder Umzug. „Oft mischen sich andere Gefühle dazu, wie Wut, Schuld, Ohnmacht, Hilflosigkeit“, erklärt Judith Gahleitner, Lebens- und Sozialberaterin mit Schwerpunkt Trauerbegleitung und Psychoonkologie. „In meiner Arbeit versuche ich den Trauernden eine Orientierung zu bieten und helfe ihnen, ihre Gefühle zu ordnen. Denn was wir verstehen, wird leichter.“
Nach Verlust den Alltag wieder neu gestalten
Bei einem Todesfall unterstützt sie dabei, eine neue Verbindung zum Verstorbenen aufzubauen. „Ihn komplett aus dem Leben zu verbannen, wäre schlecht. Denn er war Teil der Vergangenheit und gehört auch in das zukünftige Leben integriert. Die Verbindung ist jetzt nur eine andere“, so Frau Gahleitner. Förderlich sind hier Rituale und Symbole. Beispielsweise ein Fotobuch gestalten, einen Brief an den Verstorbenen schreiben, Jahrestage mit einer Kerze begehen etc.
Während Frauen öfter über ihren Schmerz reden, neigen Männer dazu, Gefühle zu verdrängen und sich in Beschäftigung oder die Arbeit zu flüchten. „In der Paarberatung kommt es dann zum Aufbrechen der Fronten. Ziel ist es, die Art des anderen zu akzeptieren.“
Die Trauer wird oft in fünf Phasen beschrieben. Es ist jedoch ein individueller Prozess, der nicht immer streng nacheinander, sondern mitunter anders abläuft und bei dem sich Phasen wiederholen können.
Frau Gahleitner appelliert, den Trauernden Raum und Zeit zu geben sowie ihren Schmerz ernst zu nehmen. „Auf keinen Fall Sätze verwenden wie ,Wirst sehen, das wird schon wieder‘ oder ,Du kannst doch wieder ein Kind bekommen‘.“ Auch die oft gehörte Frage nach dem „Positiven“ einer Verlustsituation lehnt sie strikt ab.
Trauer darf nicht an den Rand gedrängt werden. Sie ist nicht das Ende, sondern der Weg zurück ins Leben.

Judith Gahleitner, Lebens- und Sozialberaterin
Bild: Fotostudio<?ZE?>Staudigl
Trauer soll aber nicht als Störfaktor gesehen werden, den man möglichst schnell hinter sich bringen sollte. Sie ist der Schlüssel, um den Verlust zu verarbeiten. Man darf und wird ein Leben lang traurig sein. Auch Wut und Tränen gehören dazu. Aber mit der Zeit ist es notwendig, den Fokus auf andere Dinge zu richten und den Alltag neu zu gestalten. Die Trauerbegleiterin hilft dabei, veränderte Wege und Strukturen zu finden, aber auch zu erkennen, was man weiterhin noch beibehalten möchte.
Kindern ist die Wahrheit zumutbar
Wenn man Kindern Tod und Verlust altersgerecht erklärt, können sie in der Regel gut damit umgehen, wie die Lebens- und Sozialberaterin erklärt. Natürlich sollte man nicht brutal alle Einzelheiten beschreiben, aber man schützt die Sprösslinge nicht, indem man versucht, sie von Trauer fernzuhalten.
„Sie auszuschließen kann fatale Folgen haben. Gerade Kinder suchen die Schuld oft bei sich selbst. Dann kommen Gedanken wie ,Ich war nicht brav, darum ist der Papa nicht mehr da‘. „Ich empfehle auch, das Ereignis in verschiedenen Lebensphasen durchzusprechen und jeweilige Entwicklungsphasen zu berücksichtigen“, so Judith Gahleitner.
Außerdem betont sie, auf die richtige Wortwahl zu achten. „Vermeiden Sie zu sagen ,Der Opa ist eingeschlafen‘. Sonst hat das Kind mitunter Angst, wenn die Eltern schlafen gehen. Es ist besser, zu sagen, dass er gestorben ist.“ Judith Gahleitners Botschaft: „Trauer darf nicht an den Rand gedrängt werden. Sie ist nicht das Ende, sondern der Weg zurück ins Leben.“
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