Lagerfelds Wohntraum

Eine Nacht bewohnt, nun wird seine Villa verkauft

Society International
30.06.2025 12:34

Die „Villa Louveciennes“ 20 Kilometer westlich von Paris, die jahrelang von Karl Lagerfeld renoviert und gestaltet wurde, wurde letztendlich kaum vom Modezar bewohnt. Am 1. Juli soll das Anwesen versteigert werden. Der Schätzwert liegt laut den, mit dem Verkauf betrauten Notaren, Maîtres Jérôme Cauro und Arno Felber, bei 4,635 Millionen Euro.

Dafür ersteht man in Louveciennes, wo einst Adelige des Versailler Hofs ihre Landsitze errichten ließen, rund 600 Quadratmeter Wohnfläche – ein ehemaliges Jagdschlösschen mit herrschaftlichem Entrée, eleganten Salons, einem Arbeitszimmer, mehreren Schlafzimmern, vier Bädern und einem Aufzug.

Der Park ist weitläufig, mit Pool, Poolhaus und Tennisplatz. Mehrere Nebengebäude gehören dazu – ebenso wie ein Hauch Biografie, der in jedem Raum spürbar bleibt. Nur die Möbel fehlen: Sie wurden längst versteigert.

Karl Lagerfeld erwarb das Anwesen 2014 und ließ es jahrelang umbauen. Der Designer verstarb im ...
Karl Lagerfeld erwarb das Anwesen 2014 und ließ es jahrelang umbauen. Der Designer verstarb im Februar 2019.(Bild: Viennareport)

Eine Nacht im Poolhaus
2014 erwarb Lagerfeld das Anwesen – und ließ es in den folgenden vier Jahren mit jener Detailversessenheit umgestalten, die untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Wie so oft vermischen sich bei ihm Mythos und Realität. Es heißt, er habe sie einzig deshalb gekauft, um eine seiner großen Leidenschaften auszuleben: die Inneneinrichtung.

Raum für Raum entstand ein Gesamtkunstwerk – vollendet bis zum verchromten Feuerlöscher, durchkomponiert wie eine Kollektion. Und doch: Am Ende soll er nur eine einzige Nacht dort verbracht haben.

Laut den Notaren soll der Maestro nicht im Hauptgebäude geschlafen haben, sondern im gläsernen Poolhaus – ein eleganter Kubus mit integrierter Küche, Schlafzimmer und Sauna. An das Poolhaus angrenzend: ein stilles, eigens umzäuntes Stück Rasen – einst Spielbereich von Choupette, Lagerfelds kleiner Burma-Katze.

Karl Lagerfeld soll nur eine Nacht in dem Poolhaus seiner Villa verbracht haben.
Karl Lagerfeld soll nur eine Nacht in dem Poolhaus seiner Villa verbracht haben.(Bild: AFP/KIRAN RIDLEY)

Fast klösterliche Klarheit
Im Haus bestimmen Symmetrie und raffinierte Schlichtheit die Atmosphäre. Nichts lenkt ab, alles ist durchdacht – ganz im Sinne von Lagerfeld, der dem Überflüssigen nie traute.

Nichts stört das Auge. Selbst die Haustechnik mit ihren Röhren, Leitungen und Anschlüssen wurde diskret in die Nebengebäude verlegt. Doch die Strenge bleibt nicht kalt: Mehrere lichtdurchflutete Salons öffnen sich zum Park und schaffen eine Balance zwischen kontrollierter Architektur und spielerischer Leichtigkeit – wie Lagerfeld selbst, der Disziplin und Esprit stets pragmatisch zu verbinden wusste.

Kindheit in Leoparden-Tapete
Karl Lagerfeld, der zwar nicht kochte und keine Kochgerüche ertrug, soll die Küche dreimal neu gestalten lassen haben, bevor das gewünschte Ergebnis erreicht war. Auffällig: Die Küche verfügt über fünf Spülbecken. Warum? Das bleibt ein weiteres Rätsel.

Ein besonders berührender – und kurioser – Ort ist ein Raum, der dem Zimmer seiner Kindheit auf dem Landgut der Familie in Bissenmoor bei Hamburg nachgebildet wurde: mit Leoparden-Tapete und einem originalen Louis-XVI-Bett.

Karl Lagerfeld ließ in seinem Schlafzimmer eine Leoparden-Tapete anbringen.
Karl Lagerfeld ließ in seinem Schlafzimmer eine Leoparden-Tapete anbringen.(Bild: APA/AFP/Kiran RIDLEY)

An der Wand hing demnach ein Gemälde, das seine lebenslange Faszination für das Zeitalter der Aufklärung und das Barock entfachte: Friedrich der Große empfängt Voltaire in Sanssouci. Ein Selbstbildnis? Vielleicht. Auch Lagerfeld trug später einen weiß gepuderten Zopf. „Prinz oder nichts“, wie er selbst formulierte.

Überbleibsel eines vergangenen Alltags
Im ersten Stock beginnt eine andere Welt: Atelier, Büro, Nebenräume. Die Wände tragen noch Spuren seiner Lesewut – überall Dübel, Reste von Regalen. Zwischen 250.000 und 300.000 Bücher soll Lagerfeld besessen haben. Über 20.000 davon zählte die Bibliothek, die er in einem der Nebengebäude einrichten ließ.

Zehn Bücher gleichzeitig, drei Sprachen parallel – Englisch, Französisch, Deutsch –, das sei für ihn ganz normal gewesen, sagte er einmal. Philosophen, Dichter, Historiker: Lagerfeld konnte sie abrufen wie andere Telefonnummern.

Zurückgezogen, durchkomponiert, detailversessen: In jedem Raum des Hauses liegt etwas von ihm – Strenge, Stille, Stil. Gefühle, Beziehungen, Vergangenheit – all das hielt er sich auf Abstand. „Privat ist bei mir nur mein Schlafzimmer“, sagte er einmal. Und so bleibt Louveciennes ein weiteres Fragment jenes Rätsels namens Karl Lagerfeld.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt