Fiakerfahrer stach zu

Dreieinhalb Jahre Haft für Wiener „Weihnachtsmann“

Gericht
24.06.2025 16:53

Eine Streiterei vor der Wiener Votivkirche endete letzten Juli für einen Mann blutig. Bereits zum zweiten Mal steht nun ein 60-Jähriger wegen versuchten Mordes vor Gericht. Von seinen Mithäftlingen wurde er beinahe liebevoll „Weihnachtsmann“ getauft. Den Geschworenen erklärt er, dass die Messerstiche gezielt waren, um nicht zu töten. Gelernt hätte er das von seinen Fiaker-Kollegen. Jetzt muss er ins Gefängnis.

Mit wallendem weißen Bart und längeren Haaren sitzt der Angeklagte im Wiener Landesgericht. Dieses Mal trägt er ein rotes T-Shirt. Ein Detail, das ihn noch mehr aussehen lässt, wie sich wohl jedes Kind den Weihnachtsmann vorstellt. Mithäftlinge und die Medien haben ihm schon längst diesen Spitznamen gegeben. Doch statt Geschenken verteilte der 60-Jährige am 29. Juli letzten Jahres fünf Messerstiche im Sigmund-Freud-Park im 9. Bezirk. Das Opfer verletzte er dabei schwer.

„Müssen über Weihnachtsmann urteilen“
Deswegen saß der unbescholtene Wiener bereits im Februar vor Geschworenen, die ihn vom versuchten Mord aber freisprechen. Weil die Begründung den Berufsrichtern nicht ausreichte, wurde das Urteil damals ausgesetzt. Also: „Sie müssen heute erneut über den Weihnachtsmann urteilen“, wendet sich die Staatsanwältin an die neu besetzten Geschworenenreihen. Der Prozess wird nämlich wiederholt. 

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Ich bin nicht so fürs Weglaufen im Leben.

60-jähriger Angeklagte

Der Sachverhalt bleibt aber gleich: In dem Park vor der Votivkirche kam es kurz nach 23 Uhr zu einem Streit zwischen dem gelernten Fiakerfahrer und dem späteren Opfer. „Der hat meinen Freund attackiert“, sagt der 60-Jährige. „Ich hab‘ den dreimal niedergeschlagen. Der ist aber immer wieder aufgesprungen.“ Auch Verteidigerin Anita Schattner spricht von einem „extrem aggressiven und unberechenbaren Opfer“. Warum er nicht einfach geflüchtet ist, möchte die vorsitzende Richterin wissen – „Ich bin nicht so fürs Weglaufen im Leben.“

Fiaker-Fahrer hätten ihn Zustechen gelehrt
Deswegen und weil das Opfer immer noch nicht von ihm abgelassen habe, zückte er schließlich das Messer – das er eigentlich braucht, um seine Pferde im Notfall aus ihren Lederriemen zu schneiden. Fünfmal stach der Wiener auf den Mann ein. „Es war sicher übertrieben, aber es war prinzipiell Notwehr“, versucht er zu überzeugen. „Sie wissen aber, dass jemand durch Messerstiche sterben kann?“, fragt die vorsitzende Richterin. „Deswegen hab‘ ich bewusst seicht eingestochen“, erklärt der „Weihnachtsmann“. Das habe er von seinen Fiaker-Freunden gelernt – „Dort sind überdurchschnittlich viele Kriminelle!“ Bei einem Kaffee hätten sie ihm von Messerstechereien erzählt.

Die zweite Runde des Prozesses geht zumindest wesentlich schneller über die Bühne als die erste. Denn das Opfer erscheint nicht, ist für die Justiz nicht mehr greifbar. Der unmittelbare Zeuge – der Freund, den der 60-Jährige verteidigt hätte – tauchte bei der Sicherheitsschleuse im Landl so betrunken auf, dass die Mitarbeiter ihn wieder nach Hause schicken müssen.

Neuer Prozess, ähnlicher Ausgang
Am Nachmittag dann das neue Geschworenenurteil, das sich nicht viel vom ersten unterscheidet: Die Laienrichter nehmen keinen versuchten Mord an. Wegen absichtlich schwerer Körperverletzung muss er dreieinhalb Jahre ins Gefängnis – nicht rechtskräftig.

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