Das zweite Comeback

Tagträumer-Sänger über Depressionen und Neustart

Die Tagträumer melden sich nach acht Jahren mit drittem Album „Tiger im Park“ am 13. Juni zurück. (Bild: Krone KREATIV/Tagträumer/Wohnzimmer Promotion & Records)

Nach acht Jahren Pause melden sich Tagträumer mit ihrem dritten Album „Tiger im Park“ zurück. Jeder Song darauf sei ein persönlicher Tagebucheintrag, erzählt Sänger Tom Schneider im „Krone“-Talk. Im Herbst geht’s auf Tour – auch mit Stopp in Wien. Außerdem sprachen wir mit ihm über das tatsächliche Comeback, mentale Gesundheit und was es mit „Tiger im Park“ auf sich hat ...

Im Jahr 2015 waren sie noch fünf Burschen mit Amadeus Award, heute sind es „nur“ noch drei Männer mit neuen Perspektiven: So präsentieren sich Tagträumer auf ihrem neuen Werk „Tiger im Park“ – inklusive Tourstopp am 10. Oktober in der Wiener Simm City. Die heimische Band, die mit dem Song „Sinn“ ihren Durchbruch feierte, legte 2020 eine Auszeit ein – wegen „Zickereien“ und Missverständnissen, aber auch aufgrund enormen Drucks und psychischer Belastung. „Laut Statistik halten die meisten Bands vier Jahre. Bei uns waren’s fast fünf. Dann haben wir gesagt: Wir machen eine Pause und schauen, wie es ist, wenn wir uns irgendwann wieder zusammensetzen. Und dann haben wir uns wirklich jahrelang nicht mehr gehört“, so Sänger Tom Schneider im Gespräch mit der „Krone“. 

Die überraschende Reunion kam dank eines ganz besonderen Plans ihres ehemaligen Tontechnikers zustande. „Er wollte seinen Geburtstag im Nightliner feiern – also saßen wir plötzlich bei einem Spritz Bianco in Lignano und haben geredet. Zwei Wochen später waren wir im Studio. Aus fünf wurden drei.“

Zurück zu dritt:  (v.l.) Tobi Schell, Tom Schneider, und Kevin Lehr – die Tagträumer aus dem Burgenland und der Steiermark feiern ihr Comeback und touren wieder. (Bild: Tagträumer/ Wohnzimmer Promotions & Records)

Der „Tiger im Park“
Auf die Frage, wie der Musiker denn seine Auszeit verbracht hat bzw. was er denn in dieser Rückzugsphase gelernt hat, antwortet er: „Ich habe zuerst mal ganz viel Tagträumer-Zeit verarbeitet und dann viel Freizeit genossen, ein Moped gekauft und war mit Freunden unterwegs. Alles, was vorher nicht möglich war.“ Einen zentralen Punkt nimmt seine mentale Gesundheit ein, über die er offen spricht: „Ich habe stundenlang an die Decke gestarrt und gedacht: Alles ist scheiße. Irgendwann kam ein Song – und dazu die Metapher. Der ,Tiger im Park‘ war diese Angst und die Bedrohung, die plötzlich in mein heiles und schönes Umfeld einbricht. Diese Zeile hat es auch ins neue Album geschafft – im Song „Alles wieder wie es war“ heißt es: „Es war nur ein Biest auf der Jagd. Hab ihn besiegt in ’nem Kampf. Hab vor ihm nie wieder Angst.“ 

Als wir uns den Track genauer anhören, wollen wir wissen, ob das nun das offizielle Comeback der Tagträumer ist – schließlich hatten sie es bereits 2023 mit der Single „Jugendpoesie“ versucht. „Ja, das ist jetzt unser Comeback. Damals hatten wir kein Album – wir wollten’s einfach mal mit einem Song probieren. Jetzt machen wir’s wie früher: erst das Album, dann die Tour. Wir schauen einfach, ob es funktioniert.“ Und es wirkt ganz so, als ob es das tut – mit neuen Songs, alter Energie und jeder Menge Offenheit.

Kurz & knackig: Five-Fun-Facts über Tagträumer Tom

• Lieblingsessen aus der Kindheit:
  Eiernockerl mit Spinat von der Kirchenwirtin aus dem Dorf
• Ich bin gerne ein Tagträumer, weil ...
  ... das Leben einfach schön ist, wenn man träumt
• Ein Spritzer am Donaukanal oder ein Glas Champagner am Opernball?
  Spritzer, besser wäre Hugo am Donaukanal
• Mit diesem österreichischen Künstler, würde ich gerne einen Song aufnehmen: 
  Josh. oder Wanda
• Glück riecht für mich nach ...
  Pfingstrosen

Rauchfrei seit mehr als einem Monat
Doch wie geht es eigentlich Tobi und Kevin? Wir fragen beim „Unendlich gleich“-Interpreten nach. „Tobi geht’s besser als früher. Er ist gereift, hat eine tolle Freundin – ich find’s schön, wie er sich entwickelt hat. Und Kevin geht’s natürlich auch gut. Er lebt inzwischen in Berlin, ist ebenfalls in einer Beziehung, hat viele seiner Laster abgelegt. Seine Depressionsphase ist vorbei, auch die Panikattacken sind viel weniger geworden. Die letzten Jahre haben uns alle geheilt.“ 

Seit mehr als einem Monat ist Tom rauchfrei – auch das war Teil seines persönlichen Neuanfangs. Nach unzähligen Zigaretten und sechs Red Bull pro Tag im Studio versprach er seiner Mutter, damit nach dem Album aufzuhören. Gesagt, getan. „Das gehört zu meiner Heilung und zu meiner neuen Achtsamkeit.“ Ein bestimmtes Ritual, um nicht wieder in alte Muster zu fallen, habe er nicht: „Ich arbeite einfach gerne – und ziemlich viel.“

Im „Krone“-Talk mit Nadi Adana spricht Tagträumer-Frontmann Tom Schneider offen über seine Depression – und warum der „Tiger im Park“ zum Sinnbild seiner Heilung wurde.(Bild: Jöchl Martin)

Bogenschießen und Computerspiele
Welchen Rat er jungen Künstlern geben würde, um nicht selbst in ein Burn-out oder eine Depression zu rutschen? „Ein stabiles Umfeld ist das Wichtigste – Freunde, Familie, ein gutes Management. Leute, die dir sagen: Schön, dass du erfolgreich bist, aber übertreib’s nicht. Man darf sich nicht überarbeiten. Man verliebt sich so schnell in dieses Hype-Gefühl und will immer mehr. Aber die Gesundheit ist der größte Preis, den man für den ganzen Scheiß zahlt.“ Und wie sieht der Ausgleich abseits der Musik aus? „Ich zocke gerne – und momentan finde ich sogar Bogenschießen ganz spannend.“

Worauf sich Tom Schneider besonders freut – trotz ein wenig Lampenfieber – ist die große Herbsttour, bei der auch ein Wien-Stopp am 10. Oktober in der Simm City ansteht. Man tourt auch sonst quer durch Österreich. Tickets gibt’s unter www.oeticket.com. „Ich bin viel nervöser als früher, ist ja auch schon länger her. Ich hoffe, dass sich das auf Tour legt, wenn man mehrere Konzerte hintereinander spielt.“ Mit im Gepäck ist ein besonderer Gast. „Tina Naderer ist als Support dabei – die kennt ihr vielleicht schon von ,Jugendpoesie‘.“

Was dürfen sich die Tagträumer-Fans von der kommenden Tour erwarten? „Die beste Version von Tagträumer – ganz einfach. Live hatten wir schon immer viel Spaß und jetzt ist da noch mehr Energie und Vibe. Die Setlist wird bunter, größer und schöner. Natürlich spielen wir auch die alten Songs.“

Und last, but not least: Was würde der Musiker seinem jüngeren Ich heute mit auf den Weg geben? „Hör früher mit dem Rauchen auf“, sagt er mit einem Schmunzeln – wird dann aber nachdenklich: „Vertrau nicht zu schnell. Viele reden viel und versprechen dir das Blaue vom Himmel. Ich hätte mir gewünscht, von Anfang an einen erfahrenen Mentor an unserer Seite zu haben. Dann wären uns als Band manche Umwege erspart geblieben.“