Dieselfahrzeuge haben viele Jahrzehnte hinweg in großen Mengen gefährliche Stickoxide emittiert. Mit dem Prinzip der Harnstoffeinspritzung werden die toxischen Anteile der Dieselabgase deutlich verringert. Wie funktioniert das eigentlich?
Der Dieselantrieb im Pkw gilt als effizient, seine Abgase jedoch als problematisch. Vor allem die vom Selbstzünder emittierten Stickoxide werden von Medizinern und Umweltschützern seit Langem als in mehrfacher Hinsicht bedenklich eingestuft. Unter anderem wegen der toxischen Wirkung von NOx, so die chemische Kurzform von Stickoxid, hat der Gesetzgeber in der EU mit immer strengeren Abgasgrenzwerten die Automobilhersteller dazu veranlasst, den Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen durch zusätzliche technische Maßnahmen zu reduzieren.
Harnstoff als Heilsbringer
Die entscheidende Verbesserung brachte die selektive katalytische Reduktion, kurz SCR. Dahinter verbirgt sich die Einspritzung von Harnstoff in den Abgasstrang und dessen anschließende katalytische Umwandlung in chemisch unbedenkliche Stoffe. Das Prinzip ist auch unter dem Markennamen AdBlue bekannt. Die AdBlue-Technologie sorgte ab Anfang der Nullerjahre zunächst bei Lkws und ab 2007 auch bei immer mehr Pkws mit Dieselmotor für eine deutliche Reduzierung kritischer Schadstoffemissionen. Mittlerweile gehört die Harnstoffeinspritzung in neuen Dieselfahrzeugen zum Standard, um Euro 6d/6e zu erreichen.
Das Funktionsprinzip der Harnstoffeinspritzung ist einfach. AdBlue, das in einem Zusatztank im Fahrzeug mitgeführt werden muss, ist eine flüssige Lösung aus 32,5 Prozent Harnstoff und 67,5 Prozent entmineralisiertem Wasser. Diese Lösung wird im Fahrbetrieb in den Abgasstrom eingespritzt, der zuvor durch Oxidationskatalysator und Partikelfilter gereinigt wurde. Bei den hohen Abgastemperaturen zersetzt sich der Harnstoff zu Ammoniak und Kohlendioxid. Das freigesetzte Ammoniak reagiert anschließend in einem weiteren Katalysator, dem Reduktionskatalysator, mit den Stickoxiden zu unschädlichem Stickstoff und Wasserdampf.
Mit diesem chemischen Prozess lassen sich die Stickoxid-Emissionen eines Dieselmotors um mehr als 90 Prozent reduzieren, sodass die Einhaltung moderner Abgasnormen der Euro-6-Klasse überhaupt erst möglich werden.
Nachrüstung denkbar, aber aufwendig
Die Harnstoffeinspritzung gilt als wirksame Methode zur Emissionsminderung. Die Reinigungstechnologie kann in bestehende Fahrzeuge und deren Abgassysteme integriert werden. Auch die Nachrüstung von Gebrauchtfahrzeugen ist möglich. Zudem ist sie leicht skalierbar und ermöglicht es den Herstellern, auch leistungsstarke Diesel-Pkws mit gesetzeskonformem Emissionsverhalten anzubieten.
Allerdings ist der konstruktive und technische Aufwand für die Integration eines SCR-Systems in Fahrzeuge nicht unerheblich. Dies gilt auch für die Kosten, die im Pkw-Bereich in der Regel im niedrigen vierstelligen Bereich liegen. Unter anderem aufgrund der Mehrkosten haben viele Automobilhersteller kleinere Baureihen mit Dieselantrieb aus dem Programm genommen, da die SCR-Technologie die Herstellungskosten in diesen preissensiblen Marktsegmenten gegenüber dem Kunden in schwer vermittelbare Höhen treibt.
Kein Meter mit leerem AdBlue-Tank
Die SCR-Technik selbst gilt als wartungsfrei und sollte in der Regel ohne größere Reparaturen ein Fahrzeugleben lang halten. Für den Autofahrer bedeutet die SCR-Abgasreinigung allerdings einen zusätzlichen Wartungsaufwand, da er dafür sorgen muss, dass immer ausreichend AdBlue im Zusatztank vorhanden ist. Je nach Fahrleistung, Fahrweise und Größe des AdBlue-Tanks ist in der Regel alle 5000 bis 15.000 Kilometer ein Nachfüllen der Lösung erforderlich. Neigt sich der AdBlue-Vorrat dem Ende zu, wird der Fahrer in der Regel durch ein mehrstufiges Warnprozedere darauf aufmerksam gemacht. Diese Hinweise sollten keinesfalls ignoriert werden, denn ist der AdBlue-Vorrat endgültig aufgebraucht, schaltet die Bordelektronik den Motor ab.
AdBlue wird unter anderem an Tankstellen und häufig auch in Super- und Baumärkten in der Regel in Fünf-Liter-Behältern verkauft. Eingefüllt wird es meist über einen speziellen Tankstutzen, der sich bei vielen Fahrzeugen direkt neben der Einfüllöffnung des Dieseltanks befindet. Diesel-Pkws verbrauchen etwa zwei Liter AdBlue pro 1000 Kilometer. Dies ist jedoch nur ein grober Richtwert.
Die Preise für AdBlue liegen in der Regel zwischen 1 und 2 Euro pro Liter. Die Mehrkosten für AdBlue sind also vernachlässigbar, zumal die SCR-Abgasreinigung in den meisten Fällen den Dieselverbrauch leicht senkt.
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