Tausende Opfer

Beben in Türkei: „Hab so viele Verwandte verloren“

Wien
09.02.2023 06:00

Seit seiner Kindheit lebt er in Wien. Aber Semsettin Sümbültepe war in der türkischen Heimatstadt seiner Familie, als das verheerende Erdbeben geschah ...

„Alles ist so fürchterlich, so unfassbar“, schluchzt Semsettin Sümbültepe ins Telefon. Der 63-jährige Pensionist, der seit seiner Kindheit in Wien lebt, befindet sich gerade in Iskenderun; einer Hafenstadt, die durch das Erdbeben beinahe völlig zerstört wurde.

Die Familie des einstigen Lebensmittelhändlers stammt von hier. Acht seiner Verwandten sind tot. Nach zehn wird gesucht, „etwa nach meinem ältesten Bruder, seiner Ehefrau, deren zwei Kindern. Jeden Tag buddle ich nach ihnen.“ In den Trümmern, die von ihrem Wohnblock übrig geblieben sind.

„Da hörte ich meine Mama um Hilfe schreien“
Sümbültepe kam bereits vor dem Beginn des Dramas in die Türkei, weil in der vergangenen Woche ein naher Angehöriger an einem Herzinfarkt gestorben war: „Ich wollte natürlich bei seinem Begräbnis dabei sein.“

Wie er das Erdbeben erlebt hat? „Ich bin bei meiner Mutter gewesen, in ihrem Einfamilienhaus, und wurde frühmorgens durch die Erschütterungen geweckt. Mein Bett knallte gegen eine Wand, ich dachte zunächst, ich hätte einen Albtraum. Aber dann hörte ich schon meine Mama aus ihrem Schlafzimmer um Hilfe schreien.“

Die Caritas bittet um Spenden:

Caritas Österreich Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560 BIC GIBAATWWXXX Kennwort: Erdbeben Syrien und Türkei www.caritas.at/ erdbeben-syrien-tuerkei

Eng aneinandergekauert seien die 84-Jährige - „sie ist gebrechlich und schaffte es nicht, nach draußen zu gehen“ - und er in der Folge in einer Ecke gesessen, „in der ständigen Angst, die Mauern um uns könnten einbrechen“.

Video: Soldaten des Bundesheeres bei ihrem Hilfseinsatz in der Türkei

Erst später „erkannten wir das wahre Ausmaß der Tragödie“. Als er in die Innenstadt fuhr, „und ich nur Schutt sah, in dem verzweifelte Menschen umherirrten“. Gleichzeitig kontaktierten ihn Verwandte, die Schlimmstes berichteten.

Etwa von dem Schicksal einer Nichte: „Ihr Mann wurde in Betonmassen getötet.“ Das „Wunder“: Die Frau und ihre beiden Kinder waren stundenlang in einem Hohlraum eingeschlossen gewesen und hatten es schließlich geschafft, sich daraus zu befreien.

Die Situation jetzt, in Iskenderun? „Ständig werden Leichen gefunden, Gräber ausgehoben, die meisten der Überlebenden schlafen bei Minustemperaturen in Zelten oder in Autos.“ In großen Teilen der Stadt gibt es kein Wasser, keinen Strom: „Familienmitglieder aus Adana haben uns Lebensmittel gebracht.“ Wann werden Semsettin und Ahmed Sümbültepe nach Wien - zu ihren Frauen und Kindern - heimkehren? „Wir haben keine Ahnung. Denn wir werden hier sicherlich noch länger gebraucht.“

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